Kittner, Michael, Arbeitskampf. Geschichte – Recht – Gegenwart. Beck, München 2005. XXIV, 783 S. Besprochen von Georg Annuß.
Im Gegensatz zu einigen neueren Darstellungen des Arbeitskampfrechts geht es Michael Kittner in erster Linie um eine Einordnung des Arbeitskampfes als soziales Phänomen in den historischen und den jeweiligen gesellschaftlichen Zusammenhang. Ihm ist ein Werk gelungen, das auf der Grundlage zahlreicher Vorarbeiten verschiedener Autoren virtuos ein Gesamtbild entwickelt, welches die Kontinuität einzelner Sequenzen des Arbeitskampfgeschehens verdeutlicht und zugleich plausible Erklärungen für regionale oder nationale Unterschiede sowie die Verschiebung von Schwerpunkten des Arbeitskampfgeschehens im Laufe der Zeit anbietet.
Mit der zu Beginn des Buches stehenden Beschreibung des Arbeitskampfgeschehens bis zur Reichszunftordnung von 1731 weckt Kittner nicht nur Erinnerungen an die immer noch grundlegende Dissertation Wolfgang Ritschers aus dem Jahr 1917. Er lässt darüber hinaus ein lebendiges Bild der jeweiligen gesellschaftlichen Verhältnisse als Hintergrund der einzelnen Arbeitskämpfe entstehen, auch wenn man bisweilen unsicher bleibt, ob die angebotenen Erklärungen – namentlich im Hinblick auf die von Kittner identifizierten religiösen Zusammenhänge – in jeder Hinsicht überzeugen.
Eine wahre Goldgrube ist die Darstellung der Arbeitskampfentwicklung nach dem zweiten Weltkrieg. In einzigartiger Weise gelingt Kittner hier eine Verknüpfung der Detailkenntnis des als langjähriger Justitiar der IG Metall mit zahlreichen Arbeitskämpfen unmittelbar befassten und an pragmatischen Lösungen orientierten Praktikers mit dem distanzierten Blick des Wissenschaftlers, der um die kontextuelle Justierung und Relativierung des Geschehens bemüht ist.
Insgesamt ein Buch von bleibendem Wert, das die politische Rolle des Arbeitsrechts eindrucksvoll in Erinnerung ruft.
München Georg
Annuß