Die Salzstadt. Alteuropäische Strukturen und
frühmoderne Innovation, hg. v. Freitag, Werner (= Studien zur
Regionalgeschichte 19). Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2004. 251 S. Besprochen
von Rolf Sprandel.
Der Sammelband geht auf
eine Sektion des Haller Historiker-Tages von 2002 zurück. Deren 5 Referate
wurden durch 4 weitere ergänzt, die später hinzu geworben wurden, um ein
möglichst breites Spektrum von Salzstädten zu erreichen. Freitag spricht
in der Einleitung von 3 Typen von Salzstädten, bzw. Salzgewinnung: erstens aus
grund- und landesherrlicher Wurzel, zweitens von der Stadt (z. B. Schwäbisch
Hall) als Inhaberin der Salzquellen, drittens von Salzquellen außerhalb einer
jeweiligen Stadt (z. B. Hall in Tirol), die als landesherrlicher Regiebetriebe
ausgebeutet werden. Der zweite Typ ist vom ersten nicht so unterschieden wie
Freitag meint, wenn man dem hier abgedruckten Artikel von Andreas Deutsch
über Schwäbisch Hall folgt. Am Anfang waren in Schwäbisch Hall Siederechte
genauso zersplittert wie z. B. in Lüneburg. Die Stadt Schwäbisch Hall konnte
jedoch besonders um 1500 einen großen Teil dieser Rechte bei sich vereinen.
Ein Aufsatz Heiner Lücks
widmet sich am Beispiel von Halle den Salinen als gesondertem Rechtsbezirk
innerhalb der Stadt. Thematisch reiht sich daran die Arbeit Michael Hechts
über den Salzadel, die Gruppe der Siedeberechtigten, die den Rechtsbezirk auf
sich aufteilten. Sicherlich hatten sie auch in der darum liegenden Stadt viel
Einfluß, waren aber mit dem Stadtrat nicht identisch. Sie tendierten eher
dahin, sich dem Landadel anzugleichen.
Wie verständlich zieht
Halle die größte Aufmerksam auf sich. Es steht nicht nur bei Freitag und
Lück, sonder auch in dem Aufsatz Manfred
Straubes im Mittelpunkt, der die Kenntnis von Halle interessanter Weise
durch einen tabellarischen Anhang mit einer prosopographischen Übersicht über
die Pfänner 1479-1509 erweitert (S. 130-137). In diesen Jahren der Unruhen und
der Eingliederung der Stadt Halle in die Landesherrschaft konnten die Pfänner
nach kurzer Unterbrechung ihre alte Machtstellung wieder gewinnen.
Der Aufsatz Michael
Rockmanns über einen Pfarrer des 16. Jahrhunderts fällt etwas aus dem
Rahmen. Dieser Pfarrer versuchte in Groß Salze gegen den Widerstand der
Pfännerschaft und damit der stärksten weltlichen Kraft des Ortes das
öffentliche Sündenbekenntnis durchzusetzen. Immerhin beleuchtet der Aufsatz die
Pfännerschaft einer Salzstadt aus einem bestimmten Winkel heraus. Mit Lüneburg
beschäftigt sich monographisch nur Axel Janowitz in einer Abhandlung
über das 18. Jahrhundert, in dem bereits
die herkömmliche Salzproduktion zu Ende geht. Dieses Ende hängt mit den
aufkommenden Landesstaaten zusammen, was für dass Städtewesen generell gilt und
gut bekannt ist.
Auch die beiden letzten
Aufsätze sind der Spät- und Umbruchsphase gewidmet. Sie bringen zugleich
Beispiele für den oben erwähnten dritten Typ der Salzgewinnung. Eine
Salzgewinnung, die schon bisher von landesherrlichen Regiebetrieben getragen
wurde, ermöglichte es besonders leicht, dass die dazugehörige Stadt „von einer
Salzstadt zu einer modernen Industriestadt“ gewandelt wurde (so Thomas
Hellmuth S. 247 über Hallein). Erhellend ist die Gegenüberstellung der
alten Pfännerschaft mit den „Beamten des Salzwesens um 1800“ durch Jakob
Vogel am Beispiel von preußischen und österreichischen Beamten, die er als
„Visionäre des Fortschritts“ bezeichnet (S. 195/197) und somit einen
Mentalitätswandel konstatiert.
Reichenberg Rolf
Sprandel