Die Protokolle des bayerischen Ministerrats 1945-1954, hg. v. d. historischen Kommission bei der bayerischen Akademie der Wissenschaften durch Morsey, Rudolf und von der Generaldirektion der staatlichen Archive Bayerns durch Rumschöttel, Hermann. Das Kabinett Ehard II, 20. September 1947 bis 28. Dezember 1950, Band 2 5. 1. 1949-29. 12. 1949, bearb. v. Gelberg, Karl-Ulrich. Oldenbourg, München 2005. CXIV, 501 S. Besprochen von Dietmar Grypa.
Nach den Protokollen der Kabinette Fritz Schäffer (1945), Wilhelm Hoegner I (1945-1946) und Ehard I (1946-1947) liegt nun der zweite Band für das Kabinett Ehard II im Druck vor. In erstaunlich kurzer Zeit ist es dem Bearbeiter Karl-Ulrich Gelberg damit gelungen, bereits den sechsten Teilband der Reihe der Ministerratsprotokolle abzuschließen.
Nachdem das erste Kabinett Ehard, eine Koalitionsregierung aus CSU, SPD und WAV, durch das Ausscheiden der SPD zerbrochen war, kam es im Herbst 1947 zur Bildung einer reinen CSU-Regierung unter der Führung Ehards, dem es gelang, die führenden Repräsentanten der beiden widerstrebenden Parteiflügel der CSU, Josef Müller und Alois Hundhammer, in die Regierung einzubinden. Müller übernahm das Justizressort, Hundhammer das Kultusministerium. Trotzdem sind parteipolitische Erwägungen in den Protokollen bis auf wenige Ausnahmen nicht dokumentiert. Dieser Themenkreis wurde wohl in den in ähnlicher personeller Zusammensetzung parallel tagenden Vorstandsgremien und der Landtagsfraktion der CSU beraten.
Da es sich bei dem anzuzeigenden Buch um den zweiten Band der Protokollserie des Kabinetts Ehard II handelt, muss zur Information über die Bildung dieser Regierung auf den ersten Band zurückgegriffen. Die Einleitung des vorliegenden Buches beschränkt sich bewusst darauf, nur die personellen und strukturellen Veränderungen des Kabinetts im Jahr 1949 zu schildern. Im Mittelpunkt der Ausführungen des Bearbeiters stehen hingegen die Regierungstätigkeit Ehards im Jahr 1949, die vor allem von den Beratungen des Parlamentrischen Rates über das Grundgesetz und von der Konstitution der obersten Bundesorgane bestimmt wurde. Nachdem mit dem Inkrafttreten des Besatzungsstatuts am 21. September 1949 der Einfluss der amerikanischen Militärregierung auf die bayerische Politik im wesentlichen endete, veränderte sich ab dem Herbst 1949 mit den Stellungnahmen des Ministerpräsidenten zu Bundesangelegenheiten der Charakter der Ministerratssitzungen signifikant. Karl-Ulrich Gelberg, der 1990 in Würzburg bei Walter Ziegler über die föderalistische Politik des bayerischen Ministerpräsidenten Ehard promovierte, schildert anschaulich, wie es Ehard gelang, erfolgreich auf die Ausgestaltung der Verfassungsorgane der Bundesrepublik – besonders des Bundesrates – Einfluss zu nehmen; sei es über die bayerische Vertretung in Bonn, deren Ausbau von Ehard gezielt vorangetrieben wurde, sei es durch seine persönliche Teilnahme an den Beratungen in Bonn.
Insgesamt sind für das Kabinett Ehard II (20. September 1947 bis zum 18. Dezember 1950) 137 Ministerratssitzungen belegt. In dem vorliegenden Band werden die 38 Sitzungen des Jahres 1949 dokumentiert, wobei aber der Verlauf von drei Sitzungen Anfang Mai 1949 ausnahmsweise bewusst nicht im Protokoll dokumentiert wurde. Die Protokolle - von Gelberg vorzüglich erschlossen und mustergültig kommentiert - zeigen die Festigung der Position Ehards, der sich bereits 1947 durch die Vorlage von Richtlinien für die Behandlung von Gesetzen und Verordnungen durch den Ministerrat darum bemüht hatte, eine straffe und ergebnisorientierte Arbeitsweise des Kabinetts durchzusetzen. Die Minister sollten nur zu Vorlagen aus den Ressorts beraten, die bereits beschlussfähig waren, sowie Angelegenheiten, die auch tatsächlich einen Kabinettsbeschluss erforderten. Die Klärung von strittigen Fragen betrachtete Ehard als Aufgabe für die Referentenebene. Materien, die keine Probleme aufwarfen, gehörten für ihn aber ebenfalls nicht auf die Tagesordnung des Ministerrats. Durch diese Vorgaben, die zwar nicht immer eingehalten wurden, spiegeln die Protokolle in konzentrierter Form alle zentralen Probleme der Nachkriegszeit: Bei den edierten Texten der obersten Ebene der bayerischen Staatlichkeit handelt es sich - abgesehen von den genannten wenigen Ausnahmen - um Verlaufsprotokolle. Sie machen die Diskussionen innerhalb des Kabinetts nachvollziehbar und auf diese Weise auch den Anteil der Minister an den verschiedenen Maßnahmen greifbar. So wird etwa deutlich, dass nicht Josef Müller oder Alois Hundhammer unter den Ministern die Arbeit im Kabinett dominierten, sondern bereits zu diesem frühen Zeitpunkt Hanns Seidel, der 1949 als Wirtschaftsminister dem zweiten Kabinett Ehards angehörte und der nach dem Ende der Vierer-Koalition 1957 selbst das Amt des Ministerpräsidenten übernehmen sollte.
Eichstätt Dietmar
Grypa