Benkert, Christopher, Die juristische Fakultät der Universität
Würzburg 1914 bis 1960 – Ausbildung und Wissenschaft im Zeichen der beiden
Weltkriege (= Würzburger rechtswissenschaftliche Schriften 62). Ergon Verlag,
Würzburg 2005. XVIII, 312 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Jürgen Weitzel betreute Dissertation des Verfassers. Sie gliedert sich in fünf Teile. Dabei wird hauptsächlich zwischen dem Studium und dem Lehrpersonal unterschieden.
Ziel der Arbeit ist, wie die Einleitung darlegt, im Anschluss an Andreas Röpke, Die Würzburger Juristenfakultät von 1815 bis 1914 (2001), die Geschichte der juristischen Fakultät der Universität Würzburg innerhalb der von 1878 bis 1968 bestehenden rechts- und staatswissenschaftlichen Fakultät für die Zeit von 1914 bis 1960 fortzusetzen. Als eine erhebliche Schwierigkeit seiner Arbeit bezeichnet er zu Recht den umfangreichen Verlust von Unterlagen durch Bombenangriffe am 16. März 1945. Dem Verständnis dient die ganz kurze Vorgeschichte bis 1914.
Im ersten der Einleitung folgenden Hauptteil Studium schildert der Verfasser zunächst die Studienbedingungen, zu denen vor allem die Eröffnung der neuen Universität am Sanderring am 28. 10. 1896 gehört. Er behandelt die Lebensverhältnisse der Studenten, die Vorlesungen und Studieninhalte an Hand der Vorlesungsverzeichnisse, wobei sich beispielsweise ergibt, dass zwischen 1914 und 1934 8,1 Prozent aller Lehrveranstaltungen der Rechtsgeschichte und 2,3 Prozent dem römischen Recht gewidmet waren, die Prüfungen und die Studenten der zwar sehr bekannten, aber auch sehr kleinen Universität (1914 317 Studenten der rechts- und staatswissenschaftlichen Fakultät). Dabei ermittelt er für 1920 einen Anteil der Rechtsanwälte jüdischen Glaubens an den Rechtsanwälten Würzburgs von mehr als einem Viertel und einen Anteil der jüdischen Studenten an der Gesamtstudentenschaft von 13,6 Prozent und benennt als einzelne prominente Absolventen Julius Ritter von Henle, Armin Knab, Magdalene Schoch, Lorenz Krapp, Hans Ehard und Thomas Dehler.
Im zweiten Hauptteil Lehrpersonal weist er zunächst auf den sehr guten fachlichen Ruf der Fakultät am Ende des 19. Jahrhunderts hin. Danach beschreibt er die Lehrstuhlentwicklung (6 Lehrstühle). Bei dem Weg zur Gleichschaltung gelangt er zu dem Ergebnis, dass die überwiegende Mehrheit der Würzburger Lehrer zwar durchaus völkisch und deutschnational eingestellt war, dem Nationalsozialismus aber wenig abgewinnen konnte. Danach behandelt er die einzelnen Personen (Hugo von Burckard, Julius Binder, Hugo Kreß, Erich Berneker, Ernst Mayer, Hermann Nottarp, Ernst Hoyer, Paul Josef Mikat, Carl Heinrich Lange, Albrecht Mendelssohn-Bartholdy, Heinrich Schanz, Arwed Blomeyer, Franz Laufke, Arnold Liebisch, Werner Lorenz, Robert Piloty, Wilhelm Laforet, Walter Henrich, Friedrich August Freiherr von der Heydte, Günther Küchenhoff, Christian Meuerer, Ernst Wolgast, Franz Tibor Hollós, Hermann Raschhofer, Friedrich Oetker, August Schoetensack, Ulrich Stock, Werner Maihofer, Walter Sax u. a.).
Auch nach dieser Detailuntersuchung sieht er sein Ergebnis bestätigt, dass die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei bei den Würzburger Professoren zunächst keinen Fuß fassen konnte. Auch Zeitzeugen hätten berichtet, dass es in Würzburg im Vorstadium zur Machtergreifung anders als bei den Studenten zwar national eingestellte Professoren, aber keine Nationalsozialisten gegeben habe. Der Grund für den späteren allgemeinen Beitritt zur Partei sei meistens darin zu suchen gewesen, dass man öffentlichem Druck habe zuvorkommen und sich die Basis für ein weiteres ungestörtes beruflichen Fortkommen habe sichern wollen.
Mehr als notwendig beteiligt hätten sich Küchenhoff, Raschhofer, Schiedermair oder mit Einschränkungen Wolgast. Bei von der Heydte dürfte die Erklärung einiger literarischer Ausrutscher vor allem in einer misslungenen Gratwanderung liegen. Allerdings seien nach dem Zusammenbruch des Nationalsozialismus bis auf den entlasteten überzeugten Katholiken Laforet zunächst alle Ordinarien der Fakultät entlassen worden und habe die Fakultät nach 1945 einen Zustrom von Dozenten erfahren, die mit dem Nationalsozialismus fachlich und ideologisch enger verbunden waren.
Im Anhang bietet der Verfasser zahlreiche kürzere Unterlagen, darunter auch ein Spottgedicht eines anonymen Studenten auf den Juristenstand, danach ein Literatur- und Quellenverzeichnis. Seine Leistung verbessert das allgemeine Wissen über die juristische Fakultät der Universität Würzburg im frühen 20. Jahrhundert deutlich. Leider haben sich einige Schreibfehler wohl nicht vermeiden lassen.
Innsbruck Gerhard Köbler