Tschaikner, Manfred, Hexenverfolgungen in Hohenems einschließlich des Reichshofs Lustenau sowie der österreichischen Herrschaften Feldkirch und Neuburg unter hohenemsischen Pfandherren und Vögten (= Forschungen zur Geschichte Vorarlbergs 5). UVK Verlagsgesellschaft GmbH, Konstanz 2004. 333 S.

 

Manfred Tschaikner ist ohne Zweifel einer der fleißigsten Hexenforscher unserer Zeit. Als Experte für die Region östlich des Bodensees an der Grenze zwischen Österreich und der Schweiz ist er in den letzten fünfzehn Jahren immer wieder mit Publikationen zum Hexenwesen in Erscheinung getreten, zuletzt vor zwei Jahren über die Stadt St. Gallen.[1] Auch das in der vorliegenden Publikation gewählte Gebiet, die Grafschaft Hohenems einschließlich der benachbarten österreichischen Herrschaften Feldkirch und Neuburg, bot eine ausgezeichnete Quellenlage. Mit einem Wechsel von Prozessschilderungen, Quellenauszügen und zusammenfassenden Beobachtungen liefert Tschaikner auch hier wieder ein lebendiges Bild zum Ablauf der Hexenverfolgung, ihren Hintergründen und ihren Auswirkungen in der untersuchten Region.

 

Als Resümee der Untersuchung lässt sich festhalten, dass die Hohenemser Grafen im Vergleich zu Vorarlberg und Liechtenstein Hexenprozesse nur mit äußerster Zurückhaltung geführt haben und die Hexenverfolgung mehr vom traditionellen Hexenbild als von der theologischen Hexenlehre geprägt war. Während die Prozesse durchaus auch gegen Männer – in zwei Fällen gegen eine ganze Familie – eingeleitet wurden, waren die hingerichteten Opfer mit einer Ausnahme alles Frauen. Ausgangspunkt für die drei größeren gerichtlichen Verfolgungen waren Schadenzauber (1630/31) oder andere Delikte wie Sodomie[2] (1649) oder Vergiftung (1677). Im Fortlauf der Prozesse kam durchaus auch der Vorwurf des Teufelsbundes zum Tragen, doch führte dies nicht zu den für den kollektiven Hexenbegriff typischen Prozessketten. Interessant ist auch die Feststellung, dass die Prozesse von der Obrigkeit zwar nicht aus politischen oder wirtschaftlichen Motiven heraus geführt wurden, aber der Verdacht, dass auch die gräflichen Pferdebestände betroffen seien, in einigen Fällen eine Rolle spielte.

 

Die Prozesse in Hohenems wurden zwar punktual, aber doch hart geführt. Tschaikner führt dies insbesondere auf die fehlenden hierarchischen Strukturen zurück, die beispielsweise in den österreichischen Herrschaften eine stärkere Kontrolle der Verfolgungen bewirkten. Verschärfend wirkte sich auch die Beteiligung juristischer Sachverständiger aus, die in jedem Stadium der Prozesse von den gräflichen Behörden um Rat gebeten wurden und dabei meist ihrer an der theologischen Hexenlehre orientierten Vorstellung Ausdruck verliehen. Ab 1649 wirkte sich auch die Anstellung eines eigenen Scharfrichters in Hohenems auf die Prozesse aus; dieser wollte sich offenbar durch besonders hartes Vorgehen bewähren, was dazu führte, dass einige Inquisiten unter der Folter starben. Die Obrigkeit steuerte dem harten Kurs letztlich entgegen und kündigte im Hexenmandat von 1650 ein hartes Vorgehen gegen falsche Anschuldigungen an, was seine Wirkung nicht verfehlte.

 

Die zwischen den drei größeren Prozessen geschilderten zahlreichen kleinen Vorfälle von Verdächtigungen belegen, dass Hexereibezichtigungen im Leben der Hohenemser Bevölkerung zur alltäglichen sozialen Auseinandersetzung gehörten und weniger mit dem Ziel geäußert wurden, damit einen Prozess einzuleiten. Im Vordergrund der Volksauffassung stand aber der Schadenzauber und nicht der Teufelspakt.

 

Basel                                                                                                             Harald Maihold



[1] Tschaikner, Die frühneuzeitlichen Hexenverfolgungen in den österreichischen Herrschaften vor dem Arlberg – Versuch einer Dokumentation und sozialgeschichtlichen Analyse, Diss. phil. Innsbruck 1991; „Damit das Böse ausgerottet werde“ – Hexenverfolgungen in Vorarlberg im 16. und 17. Jahrhundert, Bregenz 1992; Magie und Hexerei im südlichen Vorarlberg zu Beginn der Neuzeit, Konstanz 1997; „Der Teufel und die Hexen müssen aus dem Land...“ Frühneuzeitliche Hexenverfolgungen in Liechtenstein, Vaduz 1998; Die Zauberei- und Hexenprozesse der Stadt St. Gallen, Universitätsverlag Konstanz, Konstanz 2003.

[2] Dieser Fall belegt eindrücklich die in neueren Publikationen verstärkt hervorgehobene Verbindung zwischen dem Sodomie- und Hexereidelikt, vgl. Dietegen Guggenbühl, Mit Tieren und Teufeln. Sodomiten und Hexen unter Basler Jurisdiktion in Stadt und Land 1399 bis 1799, Liestal 2002; Tschaikner, Die Zauberei- und Hexenprozesse der Stadt St. Gallen, Universitätsverlag Konstanz, Konstanz 2003, S. 31ff.