Staudinger, Julius von, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen. Eckpfeiler des Zivilrechts, Bearbeitung 2005, Redaktor Martinek, Michael. Sellier-de Gruyter, Berlin 2005. XI, 1183 S.

 

Wie aus den kargen Sätzen des altrömischen Zwölftafelgesetzes in jahrhundertelanger Entwicklung die römische Jurisprudenz entstanden ist, so ist auf der Grundlage des viel umfangreicheren deutschen Bürgerlichen Gesetzbuches von 1900 Julius von Staudingers Kommentar erwachsen, der es – mit seinen anscheinend 84 Einzelbänden der 13. Auflage, für deren bloße Aufstellung neben den jeweiligen Neubearbeitungen der Verlag am Ende bereits eine bescheidene praktische Handreichung für erforderlich hält - vermutlich an Buchseiten mit der Überlieferung der gesamten römischen Jurisprudenz gut aufnehmen kann. So wertvoll dabei jedes Detail auch immer ist, so unabdingbar sind auch jeweils die tragenden Säulen eines großen Ganzen -, die für das römische Recht mit bleibendem Erfolg der sonst kaum bekannte Rechtskundige Gaius um 160 n. Chr. dargestellt hat -. Wohl aus diesem Grund hat Fritz Keidel bereits 1912 eine Handausgabe des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Grund von Julius von Staudingers Kommentar besorgt, die 1920 eine zweite und 1931 eine dritte Auflage gefunden hat.

 

Ohne formale Anknüpfung an diesen Befund, aber doch mit einem bewussten Hinweis im Vorwort des Redaktors und des Verlags liegen nun Staudinger BGB – Eckpfeiler des Zivilrechts (Das bürgerliche Recht – anschaulich und systematisch aufbereitet in einem Band) vor. Sie streben als Bestandteil und zugleich Ergänzung des Gesamtwerks eine eigenständige Bedeutung mit eigenständigen Beiträgen an. Wie ernsthaft dabei ein Erfolg versucht wird, zeigt der bewusst klein gehaltene Preis für das recht groß geratene Produkt.

 

Als Grund wird der Mangel an systematischer Geschlossenheit des deutschen Zivilrechts genannt. Er erschwere es Studenten und Referendaren in der Ausbildung, Richtern, Rechtsanwälten, Unternehmensjuristen und Verwaltungsjuristen in der Praxis sowie Lehrern und Forschern in der Wissenschaft, den Überblick über die tragenden Grundlagen und die vielfältigen Verbindungslinien des deutschen Zivilrechts zu gewinnen und zu bewahren. Deshalb sei ein Kompendium wohl Not, das zu den wichtigsten Rechtsgebieten das fundamentale Orientierungswissen und leitende Strukturverständnis aufbereite und einen hilfreichen Bezugsrahmen biete, um eine sinnvolle Verortung der Normen und Entscheidungen, der Rechtsfiguren und Rechtsinstitute zu begünstigen.

 

Zu diesem Zweck sind hinter einer noch von dem der Kommentierung des Bürgerlichen Gesetzbuchs durch Staudinger und Staudingers Nachfolger lange eng verbundenen großen Zivilisten und Romanisten Helmut Coing – vielleicht für die erste Jahrhundertfeier - begonnenen und von Heinrich Honsell zur Vollendung gebrachten Eingangspforte (Einleitung zum BGB) insgesamt 24 Pfeiler aufgerichtet. Sie tragen die bekannten und bedeutenden Namen Das Rechtsgeschäft (Gottfried Schiemann), Der Inhalt des Schuldverhältnisses (Peter Huber), Allgemeine Geschäftsbedingungen (Michael Coester), Die Begründung von Schuldverhältnissen (Jan Busche), Das Erlöschen der Schuldverhältnisse (Dirk Olzen), Gläubiger und Schuldner – Mehrheit und Wechsel (Martin Schmidt-Kessel), Leistungsstörungen (Dagmar Kaiser), Schadensersatzrecht (Klaus Vieweg), Recht der Kreditsicherung (Sibylle Kessal-Wulf), Verbraucherschutz (Beate Gsell), Vertragstypen (Jürgen Oechsler), Kauf (Roland Michael Beckmann), Miete (Volker Emmerich), Dienstvertrag (Reinhard Richardi), Werkvertrag (Frank Peters), Gesellschaft und Verein (Stefan Habermeier), Das Recht der ungerechtfertigten Bereicherung und der Geschäftsführung ohne Auftrag (Michael Martinek), Das Recht der unerlaubten Handlungen (Johannes Hager), Sachenrecht – Allgemeine Lehren (Hans Hermann Seiler), Das Eigentum (Elke Hermann), Der Besitz (Elke Hermann), Das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis (Elke Hermann), Familienrecht (Reinhard Voppel) und Erbrecht (Rudolf Meyer-Pritzel). Bis auf den (belanglosen) Menschen, die unbedeutenderen einzelnen Schuldverhältnisse und die beschränkten dinglichen Rechte erkennt man auch nach hundert Jahren den wohl doch systematisch gedachten stolzen Bau der Kodifikation wieder, nur geringfügig ergänzt durch einzelne kleine Querschnittsbeiträge.

 

Den dabei in das Licht gestellten reichen Schatz an dieser Stelle im Einzelnen näher zu betrachten, verbietet die übergroße Fülle von selbst. Deshalb muss es genügen, Mut und Tatkraft aller beteiligten Schatzgräber gebührend zu bewundern. Möge das Werk – wie die Institutionen des Gaius - viele Studenten und Referendare, Richter und Rechtsanwälte, Unternehmensjuristen und Verwaltungsjuristen sowie Lehrer und Forscher finden, die sich seiner – zumindest mit der Hilfe des fast achtzigseitigen Sachregisters – in allen Lebenslagen bis hin zum erhofften (deutsch-)europäischen Erbrecht (ohne Text von Gans und Musik von Spontini) bedienen.

 

Innsbruck                                                                                                       Gerhard Köbler