Scheltema, Arjan Hinrik, De goederenrechtelijke
werking van de ontbindende voorwarde (= proefschrift Leiden). Kluwer, Den Haag
2003. XX, 462 S.
I. Das Recht der
auflösenden Bedingung beschäftigt die Juristen schon zwei Jahrtausende. Es ist
daher wohl von vornherein ausgeschlossen, daß Scheltema mit seiner
Rechtsgeschichte und Rechtsvergleichung vereinigenden Untersuchung das letzte
Wort gesprochen hat. Zu verlockend erscheint die Aussicht, die
Konstruktion zu finden, mit deren Hilfe sich alle Rechtsfolgen des Eintritts
einer solchen Bedingung zwanglos erklären lassen.
Tritt die
auflösende Bedingung ein, so ist etwa zu entscheiden, wem die in der
Zwischenzeit seit Vertragsschluß gezogenen Nutzungen zustehen, ob
Zwischenverfügungen des Erwerbers wirksam sind und ob das Eigentum ohne
weiteres, d. h. ohne Rückübertragung und damit unter Abgehen vom
Traditionsprinzip, an den bedingt Berechtigten zurückfällt. Während die auflösende
Bedingung schwebt, erhebt sich die Frage, ob der Veräußerer über seine
Anwartschaft verfügen oder sie vererben kann. Die meisten dieser Fragen sind
schon von den römischen Juristen befriedigend beantwortet worden, ohne daß sie
sich allerdings um Konstruktionen bemüht hätten[1]. Scheltemas Hauptanliegen ist
dagegen die Konstruktion: In den ersten 300 Seiten ist sein Buch ein Plädoyer
für die Rückwirkung als Erklärungsmechanismus für die dingliche Wirkung des
Eintritts einer auflösenden Bedingung (vgl. etwa S. 173f.). Die ausdrückliche
Ablehnung der rückwirkenden Kraft des Bedingungseintritts in Art. 3:38 Abs. 2
des BW von 1992 kritisiert er daher scharf (s. etwa S. 296, 299ff.,
407), ohne freilich in der Sache zu anderen Ergebnissen zu kommen. Die Rückwirkung
sei das traditionelle Erklärungsmuster (S. 299), von dem abzuweichen gerade im
niederländischen, vom Trennungs- und Kausalitätsprinzip beherrschten
Sachenrecht kein Grund bestanden habe (S. 258, 301, 418). Die Idee der
Rückwirkung sei zudem die einfachere (S. 225) und elegantere Erklärung (S. 301,
421) und entspreche dem Parteiwillen (S. 173, 224f., 412). Im letzten Teil
seiner Untersuchung findet sich Scheltema jedoch mit der positivrechtlichen
Anordnung in Art. 3:38 Abs. 2 BW ab (S. 305) und erklärt die dingliche Wirkung
des Bedingungseintritts mit einer Anleihe beim deutschen Anwartschaftsrecht des
bedingt Berechtigten (S. 419)[2].
II. 1. Im
ersten, dem „romanistischen Teil“ (S. 1-144) behandelt Scheltema die römischen
Quellen und die Geschichte ihrer Rezeption im Mittelalter. Die
Sekundärliteratur ist umfassend eingearbeitet[3];
eigenständige Exegesen dürfen jedoch nicht erwartet werden. Etwas eigenartig
mutet an, daß die Quellen im Text nur in niederländischer Übersetzung und erst
in den Fußnoten im lateinischen Original abgedruckt werden. Mit einer vor allem
auf Kaser zurückgehenden
Lehre bejaht Scheltema die Möglichkeit einer auflösenden Bedingung im heutigen
Sinne[4];
nicht auszuschließen ist aber, daß der Resolutiveffekt mit einer aufschiebend
bedingten Nebenabrede erreicht wurde, die das Hauptgeschäft bei
Bedingungseintritt auflöste[5].
Das Ergebnis ist freilich das gleiche wie bei Annahme einer auflösenden
Bedingung, weshalb dieser Frage kein allzu großes Gewicht beizumessen ist.
Scheltema
erkennt richtig, daß die römischen Juristen kein systematisches Verständnis der
auflösenden Bedingung, etwa mit Hilfe des Rückwirkungsdogmas, entwickelt haben
(S. 407). In zwei Ausnahmefällen habe man indes Rückwirkung angenommen, nämlich
bei den beiden kaufvertraglichen Nebenabreden der lex commissoria und
der in diem addictio (S. 87, 116). Hier sei mit Eintritt der Bedingung
die causa rückwirkend fortgefallen und damit – wenn die Übereignung
mittels Tradition erfolgt ist – ex tunc das Eigentum des Erwerbers (S.
84f., 87f., 116). Der bedingte Veräußerer wird also unmittelbar mit
Bedingungseintritt Eigentümer. Diese namentlich auf eine Untersuchung Wesels
gestützte Lehre hat einige Überzeugungskraft[6], letztlich ist sie aber mit dem in
fr. vat. 283 zum Ausdruck kommenden (Lehr-)Satz: ad tempus proprietas
transferri nequiverit nicht in Einklang zu bringen. Entweder trifft, wie Peters ausgeführt hat, der Satz
in dieser Überlieferung nicht das Richtige[7],
was Scheltema indes ablehnt (S. 83 in Fn. 147, 88f.), oder aber man ist darauf
verwiesen, in den Kaufabreden eine Ausnahme zu sehen. Erst im Schrifttum nach
1500 setzte sich der Rückwirkungsgedanken als Erklärung für die dingliche
Wirkung einer auflösenden Bedingung allgemein durch (S. 116, 143 f., 410).
Ein dinglich
wirkendes vertragliches Veräußerungsverbot – etwa in dem Sinne, daß die
auflösende Bedingung mit der verbotswidrigen Verfügung an den Dritten eintritt
und das Eigentum an den ersten Veräußerer zurückfällt – war im römischen Recht
nicht allgemein anerkannt (S. 48), zutreffend hält Scheltema die in Marcian D.
20, 5, 7, 2 genannte pactio mit dem Verpfänder für eine Ausnahme (S.
24). Mit Hilfe einer lex dicta konnte ein Veräußerer die verkaufte Sache
gleichfalls einer dinglichen Bindung unterwerfen[8].
Nach der Rezeption des römischen Rechts war man mit wechselnden Konstruktionen
bestrebt, den vertraglichen Veräußerungsverboten dingliche Wirkung zu verleihen
(S. 409), so etwa mit einer aufschiebenden Bedingung: Noch vor Vollendung der
beabsichtigten verbotswidrigen Verfügung tritt die Bedingung ein; die sogleich
bei der Übereignung mittels antizipiertem Besitzkonstitut vereinbarte
Rückübereignung wird wirksam (S. 42, 48, 409). Daneben traten manche auch für
ein dinglich wirkendes Veräußerungsverbot mittels auflösend bedingter
Übereignung ein, in der Pandektistik etwa Vangerow und Dernburg
(S. 410). Richtig stellt Scheltema heraus (S. 224, 410), daß in ihrem Gefolge
die noch heute herrschende deutsche Doktrin es den Parteien erlaubt, eine
Übereignung unter die auflösende Bedingung einer verbotswidrigen weiteren
Verfügung zu stellen und so entgegen § 137 S. 1 BGB ein
rechtsgeschäftliches Verfügungsverbot mit dinglicher Wirkung zu versehen[9].
2. Im zweiten,
rechtshistorisch-rechtsvergleichenden Teil der Untersuchung (S. 145-296)
betrachtet Scheltema aufgrund des großen Einflusses des Code civil auf die Entstehung des alten Burgerlijk Wetboek von
1838 zunächst das französische Bedingungsrecht mit seiner Rückwirkungslehre in
Art. 1179 und erst anschließend das niederländische Recht des 19. und
frühen 20. Jahrhunderts. Sodann bespricht er - wegen dessen erheblichen
Einflusses auf die niederländische Doktrin im 20. Jahrhundert - das deutsche
Recht, die Ablehnung des Rückwirkungsgedankens in § 159 BGB im Gefolge
einiger berühmter Rechtslehrer wie v.
Ihering, Windscheid oder Vangerow (S. 223) sowie die Lehre vom Anwartschaftsrecht zur
Beschreibung der Rechtsposition des bedingt Berechtigten. Die Darstellung der
Entwicklung der niederländischen Lehre im 20. Jahrhundert beschließt diesen
Teil.
Während im
französischen Recht, welches das Eigentum gemäß dem Einheitsprinzip mit der
wirksamen Verpflichtung übergehen läßt, der Eintritt der auflösenden Bedingung
rückwirkend die Verpflichtung und damit die Übereignung unwirksam macht (S.
174), ging das alte BW vom kausalen Trennungsprinzip aus. Mit dem Wegfall der causa
wurde auch die Übereignung ex tunc unwirksam (S. 188). Erst die
Bestrebungen der niederländischen Lehre im 20. Jahrhundert, das deutsche
Abstraktionsprinzip zu übernehmen, hätten dazu geführt, auch von dieser
einfachen und eleganten Erklärung des dinglichen Effekts der Resolutivbedingung
abzurücken (S. 189). Nachdem der Hoge Raad 1950 aber unter Beifall der Lehre
das Kausalitätsprinzip anerkannt habe, sei die Ablehnung des Rückwirkungsgedankens
nicht mehr systemgerecht (S. 257f.). Es sei bedauerlich, daß man sie gleichwohl
im neuen BW von 1992 festgeschrieben habe (S. 417f.).
3. Im
geltendrechtlichen Teil (S. 297-388) legt Scheltema nochmals die aus seiner
Sicht bestehenden Vorteile des Rückwirkungsdogmas dar, um sodann die
Gesetzgebungsmaterialien zu den neuen Artt. 3:38 Abs. 2 und 3:84 Abs. 4 BW zu
erörtern. Die Abschaffung der Rückwirkung in Art. 3:38 Abs. 2 war nur
technischer Art, eine materielle Rechtsänderung wurde nicht beabsichtigt (S.
304), sie sollte lediglich die „Fiktion“ der Rückwirkung als Erklärung
vermeiden (S. 311). Die Schaffung eines bedingten Rechts in Art. 3:84 Abs. 4
ist demgegenüber ein Novum, der auflösend bedingt Verfügende erhält (ebenso wie
der aufschiebend bedingte Erwerber) ein unter derselben Bedingung stehendes
Recht (S. 313, 328). Dieses bedingte Recht erklärt Scheltema schließlich in
Entsprechung zum deutschen Anwartschaftsrecht als beschränktes dingliches Recht
(S. 352); die Annahme geteilten Eigentums oder einer obligatorischen Befugnis
„mit einigen dinglichen Zügen“ lehnt er ab (S. 301, 346, 414, 419).
III. Der
Rezensent teilt zwar Scheltemas Sympathie für die historische Kontinuität,
jedoch nicht die Auffassung, die Rückwirkungslehre sei vorzugswürdig. Die von
Scheltema dafür mit Verve vorgebrachten Argumente mögen, soweit sie sich nicht
auf Specifica des niederländischen Rechts stützen (dazu S. 302ff.), hier
nochmals überprüft werden: Simplex sigillum veri, das Einfache ist auch
elegant. So einfach die Rückwirkungslehre aber auch auf den ersten Blick
anmutet, wird sie in ihrer reinen Form den Interessen der Parteien nicht
gerecht. Das mag an zwei Beispielen verdeutlicht werden. Mit gutem Recht
erklärt § 161 Abs. 2 BGB vorbehaltlich eines gutgläubigen Erwerbs nach
Abs. 3 nur diejenigen Zwischenverfügungen für unwirksam, die das bedingte Recht
des Verfügenden, seine Anwartschaft, beeinträchtigen. Begünstigende
Zwischenverfügungen sind keineswegs unwirksam. Jede Rückwirkungslehre wird also
in dieser Hinsicht eine erhebliche Einschränkung machen müssen, will sie nicht
evident gegen die Parteiinteressen verstoßen. Dies wird in Scheltemas
Untersuchung nicht klar. Im Gesetzgebungsverfahren des BGB war es gerade die
überschießende Tendenz der Rückwirkungslehre, welche den Ausschlag für ihre
Ablehnung gab[10]. Ist
zudem ein Dauerschuldverhältnis auflösend bedingt, so bleiben die in der
Vergangenheit begründeten, aber noch unerfüllten Leistungspflichten bestehen[11],
eine vollständige Rückabwicklung kommt hier nicht in Betracht[12].
Das „einfache“ Erklärungsmodell zeitigt unrichtige Ergebnisse. In beiden Fällen
wollen die Parteien also entgegen Scheltema (S. 225) keineswegs einfach den
Rechtszustand wiederhergestellt sehen, der bei Eingehung des bedingten Vertrags
bestand.
Auch das
historische Argument verfängt weniger, als Scheltema glaubt. Richtig bemerkt er
selbst, daß das römische Recht weit davon entfernt war, eine allgemeine
Rückwirkungslehre zu entwickeln; auch im Mittelalter und der frühen Neuzeit war
sie nicht allgemein anerkannt. Wenn gewichtige Stimmen in der Pandektistik sich
von ihr abwenden, so wäre auch dies ein Ansatzpunkt für das
Kontinuitätsargument. Die meisten modernen Kodifikationen entscheiden sich
daher wie § 159 BGB gegen die Rückwirkungslehre, so neben Art. 3:38 Abs. 2
BW Artt. 151 Abs. 2, 154 Abs. 2 des Schweizer Obligationenrechts, Artt. 201-203
des griechischen ZGB sowie die österreichische Lehre. Auf dieser Linie liegt
es, wenn Art. 16:103 Abs. 2 EP eine Rückwirkung nicht vorsieht. Auch das von
Scheltema bevorzugte französische Rückwirkungsdogma wird nicht streng
durchgeführt, weshalb die Kommission zur Reform des Code civil 1946/47 sogar seine Aufgabe forderte[13].
Gerade der Befund zum österreichischen Recht zeigt überdies, daß es keineswegs
denknotwendig ist, daß eine vom Kausalitätsprinzip geprägte Rechtsordnung den
Rückwirkungsgedanken bemühen muß. Aber auch in der Sache überzeugt die Annahme
eines Anwartschaftsrechts: Die Verdinglichung der Rechtsposition des bedingt
Berechtigten erklärt zwanglos und anschaulich deren Vererblichkeit und
Veräußerlichkeit[14].
IV. Scheltema
hat ein in seiner Ausführlichkeit – freilich bis an die Grenze der Redundanz –
kaum zu überbietendes Buch geschrieben, welches das Schrifttum umfassend
auswertet, die verschiedenen Konstruktionsmöglichkeiten der auflösenden
Bedingung aufzeigt und gut über verschiedene Register, Zwischenergebnisse und
zwei Zusammenfassungen auf niederländisch (S. 389-405) und deutsch (S. 407-421)
erschlossen ist. Wer sich kompetent über das Recht der auflösenden Bedingung in
der europäischen Rechtsgeschichte informieren will, sollte den genannten
Einwänden zum Trotz zu der Schrift greifen.
Trier Thomas
Finkenauer
[1] Finkenauer, in: Historisch-kritischer Kommentar zum BGB,
Band I: Allgemeiner Teil, 2003, §§ 158-163, Rn. 6ff.
[2] Allerdings ist Scheltema bis zum
Ende seiner Untersuchung unschlüssig: So fordert er abschließend (S. 421), Art.
3:38 Abs. 2 BW als lex non scripta zu behandeln, freilich im Konjunktiv!
[3] Die Untersuchung Antonio Masis, Studi sulla condizione nel diritto romano, Mailand
1966, hätte gerade im Hinblick auf das Thema der Rückwirkung nicht übergangen
werden sollen.
[4] Max Kaser,
Römisches Privatrecht, Bd. 1, 2. Aufl., 1971, S. 257.
[5] Werner Flume, Rechtsakt und Rechtsverhältnis, 1990, S. 123.
[6] Vgl. Wesel, Zur dinglichen Wirkung der Rücktrittsvorbehalte des
römischen Kaufs, Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Rom.
Abt. 85 (1968), 94 ff.
[7] Frank Peters,
Die Rücktrittsvorbehalte des römischen Kaufrechts, 1973, S. 175 f., liest mit
dem Manuskript der fragmenta
Vaticana statt ad tempus nur ad te und nimmt der Stelle so
ihre allgemeingültige Aussage. Nur für den Spezialfall der Schenkung wäre eine
auflösend bedingte Übereignung unmöglich gewesen.
[8] Vgl. vor allem Kaser, Rechtsgeschäftliche
Verfügungsbeschränkungen im römischen Recht, in: Fritz Baur u.a. (Hg.),
Beiträge zur europäischen Rechtsgeschichte und zum geltenden Zivilrecht,
Festgabe Johannes Sontis, 1977, S. 11 ff.
[9] Dazu auch Dorn, in: Historisch-kritischer
Kommentar zum BGB, Band I: Allgemeiner Teil, 2003, §§ 134-137, Rn. 50; Finkenauer (Fn. 1), Rn. 44.
[10] Dazu Finkenauer (Fn. 1), Rn. 15.
[11] Karl Larenz/Manfred Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts,
9. Aufl. (2004), § 50, Rn. 38.
[12] Das leugnet auch Scheltema nicht (S. 418).
[13] Vgl. die Nachweise bei Finkenauer (Fn. 1), Rn. 18 in Fn. 98.
[14] Dazu ausführlich bei
Finkenauer (Fn. 1), Rn. 21 ff.