Mieth, Stefan, Die Entwicklung des Denkmalrechts in Preußen 1701-1947 (= Rechtshistorische Reihe 309). Lang, Frankfurt am Main 2005. XXIV, 343 S.

 

Obwohl der preußischen Denkmalpflege in Preußen im 19. Jahrhundert und Anfang des 20. Jahrhunderts in Deutschland eine führende Rolle zukam und ihr Aufbau und ihre Arbeitsprinzipien weitgehend denen der heutigen Denkmalpflege in Nord- und Nordwestdeutschland entsprechen, fehlte bis jetzt für die Entwicklung des preußischen Denkmalrechts eine umfassende Darstellung, die nunmehr mit dem Werk Stefan Mieths vorliegt. Die Untersuchungen Mieths setzen ein mit dem Denkmalschutz im Absolutismus und in der Aufklärung. Von großer Bedeutung für die Ausgestaltung des Denkmalschutzes im 19. Jahrhundert waren zunächst die Baugestaltungs- und Verunstaltungsvorschriften des Allgemeinen Landrechts (I 8 §§ 33ff.). Die Grundlagen der modernen Denkmalpflege gehen zurück auf die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts unter dem Einfluss der Romantik. 1835 wurden die Zuständigkeiten vereinheitlicht, 1843 die Grundlage für die Ernennung eines Konservators der Kunstdenkmäler geschaffen; 1852 folgte die Einsetzung der Kommission zur Erforschung und Erhaltung der Kunstdenkmale. Hatte zunächst die Baudenkmalpflege Vorrang, so war gegen Ende des 19. Jahrhunderts die Notwendigkeit auch des Schutzes von Bodendenkmälern erkannt worden. Dies führte zum Ausgrabungsgesetz von 1914 (S. 108ff.), das vor allem Genehmigungspflichten für Ausgrabungen und Gelegenheitsfunde auf öffentlichem Grund und Boden regelte; der Zugriff auf privates Eigentum blieb jedoch versagt. Zwischen 1884 und 1887 arbeitete das Kultusministerium Entwürfe zu einem Denkmalschutzgesetz aus (S. 73ff.). Hiernach unterlagen dem Denkmalschutz lediglich die im öffentlichen Eigentum stehenden Denkmäler; für Denkmäler von Privateigentümern sollte dies nur gelten, wenn diese freiwillig dem Schutz zustimmten. Die Initiative des Kultusministers scheiterte vor allem daran, dass die Einigung über die finanziellen Verantwortlichkeiten der Denkmaleigentümer (insbesondere der Kirchen) nicht zustande kam. Ebenfalls in der Entwurfsphase scheiterte 1904 eine weitere Initiative des Kultusministers zu einem Denkmalschutzgesetz vornehmlich am Widerstand der Kirchen und wegen der möglichen finanziellen Lasten (u. a. übermäßige Entschädigungsansprüche von Privateigentümern). Nachdem das Oberverwaltungsgericht die Anwendbarkeit der ALR-Schutzbestimmungen erheblich eingeschränkt hatte, ließ das Verunstaltungsgesetz von 1902 (1907 novelliert) einen beschränkten Denkmalschutz zu. Weitere Gesetzentwürfe aus der Weimarer Zeit zu einem Denkmalschutzgesetz (1922-1925/27; letztere Entwürfe gingen an das Parlament; S. 132ff.) scheiterten vor allem an der rigorosen, entschädigungsfreundlichen Eigentumsrechtsprechung des Reichsgerichts (hierzu das Galgenberg-Urteil von 1927 in RGZ 116, 268). Die Bemühungen um ein Denkmalschutzgesetz im Jahre 1933 führte das Reichswissenschaftsministerium zwischen 1935 und 1939 ohne Erfolg (Widerstand des Propagandaministeriums) weiter (S. 161ff.). Dagegen war durch das Reichsnaturschutzgesetz, das auf preußischen Vorarbeiten beruhte (S. 118ff., 149ff., 163ff., 217ff.), ein Schutz von Naturdenkmälern möglich, und zwar auch ohne Zustimmung des Eigentümers. Im Ausblick behandelt Mieth das Schicksal der preußischen Denkmalschutzbestimmungen nach dem Untergang Preußens (S. 167ff.).

 

Die Darstellung beruht auf den einschlägigen Materialien des Geheimen Staatsarchivs Berlin-Dahlem und bringt in einem breiten Quellenanhang (S. 195-339) die wichtigsten Gesetzentwürfe aus den Jahren 1887 bis 1933 und eine Sammlung von landesherrlichen Ordres, Gesetzen, Ministerialverordnungen und Runderlassen staatlicher Behörden zum Denkmalschutz (in den Überschriften leider ohne Kennzeichnung des Inhalts), die teilweise schwer zugänglich waren. Das Werk ist erfreulich knapp geschrieben; allerdings hätte es an Anschaulichkeit gewonnen, wenn Mieth einige konkrete Auseinandersetzungen über den Schutz bestimmter Denkmäler geschildert hätte. Bei der überragenden Bedeutung der französischen Entwicklung des Denkmalschutzes (hierzu das Gesetz von 1887) vermisst der Leser eine detailliertere Schilderung des Gesetzesinhalts (vgl. S. 75) bzw. die Wiedergabe des Gesetzestextes von 1887. Mit der umfassenden Darstellung des preußischen Denkmalrechts (einschließlich der Gesetzentwürfe) liegt ein historisches Grundlagenwerk für ein heute sehr wichtiges Gebiet des besonderen Verwaltungsrechts vor, auf dem weitere Untersuchungen aufbauen können.

 

Kiel

Werner Schubert