La diplomatica dei
documenti giudiziari (dai placiti agli acta – sec. XII-XV). Commission
Internationale de Diplomatique, X Congresso Internazionale, Bologna, 12-15
settembre 2001, a cura di Nicolaj, Giovanna (= Pubblicazioni degli
archivi di stato, Saggi 83). Dipartimento per i beni archivistici e librari –
Direzione generale per gli archivi, Rom 2004. XV, 555 S.
Die Tagungen der Commission International de Diplomatique sind stets einem bestimmten Problem der Diplomatik gewidmet, das möglichst umfassend und europaübergreifend abgehandelt wird; die Druckfassungen der Tagungsbeiträge entwickeln sich wegen dieser Ausrichtung zumeist zu grundlegenden Werken von nahezu handbuchartigem Charakter für das jeweilige Schwerpunktthema, so etwa in den letzten Jahren der schmale Band zu den europäischen Herrscherurkunden (Typologie der Königsurkunden, 1998), der gewichtigere zum Zusammenhang zwischen Papsturkunde und europäischem Urkundenwesen (Papsturkunde und europäisches Urkundenwesen, 1999) oder derjenige zum mittelalterlichen Urkundenwesen der Stadt (La diplomatique urbaine en Europe au moyen âge, 2000). Auch mit dem neuen Band, der die Beiträge des 10. Internationalen Kongresses enthält, legt die Commission wieder ein Werk vor, das Handbuchcharakter entwickeln wird. Es behandelt Gerichtsurkunden und im Zusammenhang mit Gerichtsverhandlungen entstandenes Schriftgut in der Zeit vom 12. bis zum 15. Jahrhundert; einzelne Beiträge greifen zeitlich auch darüber hinaus.
Von den 24 Aufsätzen beschäftigen sich nach dem vor allem terminologischen Fragen gewidmeten Grundsatzbeitrag der Herausgeberin Giovanna Nicolaj je einer mit der Papstkanzlei, mit England, den Niederlanden und dem Alpen-Adria-Raum, je zwei mit Frankreich und Deutschland, vier mit Italien, fünf mit der Iberischen Halbinsel, sechs mit Südost- und Osteuropa; ein Beitrag zu Rußland ist bedauerlicherweise entfallen (S. XIVf.), ebenso zwei zu Frankreich (S. XIIf.), während Skandinavien fehlt. Die Beiträge sind von durchaus unterschiedlichem Zuschnitt, der sich auch, aber nicht ausschließlich durch die stark unterschiedliche Quellenlage erklären lässt. So liefern die Autoren der italienischen und iberischen Halbinseln mit Ausnahme von Ascheri, der sich der Quellengattung der consilia widmet, lokal oder regional ausgerichtete Untersuchungen; die Beiträge zu Deutschland, Frankreich und den Niederlanden sind bestimmten Bereichen der Gerichtsbarkeit gewidmet oder liefern Fallstudien. Dagegen versuchen Sayers für England und Härtel für den Alpen-Adria-Raum umfassende Überblicke über die behandelten Bereiche zu erzielen. Im Falle von Ost- und Südosteuropa nimmt aufgrund der besonderen Quellenlage zuweilen die Darstellung der Entwicklung der Gerichtsbarkeit mehr Raum ein als das eigentliche Thema, die Diplomatik der entsprechenden Schriftstücke. - Die Titel der einzelnen Beiträge sprechen für sich: Giovanna Nicolaj, Gli acta giudiziarî (secc. XII-XIII): vecchie e nuove tipologie documentarie nello studio della diplomatica, S. 1-24. - Peter Herde, La giurisdizione delegata pontificia nel Medioevo e nell'Età Moderna e le lettere di giustizia della Cancelleria Apostolica, S. 25-47. - Olivier Guyotjeannin, Les registres des justices seigneuriales de la France septentrionale (XIIIe - début XVIe siècle), S. 49-82. - Serge Dauchy, La diplomatique, garantie du respect de la procédure civile. L'exemple des accords en Parlement au XVe siècle, S. 83-95. - Marie-Charlotte Le Bailly, Les registres du Conseil de Hollande, Zélande et Frise occidentale au quinzième siècle, S. 97-111. - María Josefa Sanz Fuentes, Miguel Calleja Puerta, La documentación judicial en el reino de Castilla. Baja Edad Media, S. 113-136. - María Milagros Cárcel Ortí, Documentación judicial de la administración episcopal valentina: procesos del Oficialato de Valencia y Xàtiva (siglos XIV-XV), S. 137-205. - María Luisa Pardo Rodríguez, Escribir la justicia en Sevilla (1248-1500), S. 207-241. - José Marques, Maria Cristina Almeida e Cunha, Conflit de juridictions et documents judiciaires. Le cas de Braga, S. 243-280, mit 8 Abb. - Maria Helena da Cruz Coelho, Armando Luís de Carvalho Homem, Les actes judiciaires de Pierre Ier du Portugal (1357-1366), S. 281-293. - Antonio Padoa Schioppa, Note sulla giustizia ecclesiastica a Milano alla fine del Duecento, S. 295-307. - Mario Ascheri, I consilia come acta processuali, S. 309-328, mit 5 Abb. - Francesco Magistrale, La documentazione giudiziaria di Terra di Bari in età normanno-sveva, S. 329-343. - Augusto Antoniella, Lauretta Carbone, Gli atti criminali dei giusdicenti fiorentini di Arezzo. I Libri maleficiorum dalle Capitolazioni del 1384 a quelle del 1530, S. 345-360. - Jane Sayers, The Diplomatic of the Judicial Records of the Ecclesiastical Courts in England in the twelfth and thirteenth centuries, S. 361-386, mit 18 Abb. - Knut Wolfgang Nörr, Über den Processus Iudicii des Johannes Urbach aus dem 15. Jahrhundert, S. 387-397. - Christine Magin, Das kaiserliche Kammergericht und seine Quellen in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, S. 399-424, mit 10 Abb. - Reinhard Härtel, Documenti giudiziari fra Danubio e Mare Adriatico, S. 425-443. - László Solymosi, Die Anfänge der weltlichen Gerichtsbarkeit und die Urkundenausfertigung in Ungarn, S. 445-462, mit 1 Abb. - Marie Bláhová, Die städtische Gerichtsbarkeit und ihr Schriftgut im böhmischen Spätmittelalter, S. 463-477. - Ivan Hlaváček, Die böhmischen Landtafeln als Produkt der höchsten Landesgerichtsbarkeit im Mittelalter (Ein Forschungsbericht), S. 479-497. - Zdenka Hledíková, Das schriftliche Vermächtnis der kirchlichen Gerichte in der mittelalterlichen Prager Diözese, S. 499-520. - Krzysztof Skupieński, Le document judiciaire ecclésiastique en Pologne médiévale, S. 521-532. - Antoni Gasiorowski, Tomasz Jurek, Die Urkunden der weltlichen Gerichte im mittelalterlichen Polen, S. 533-555.
Register wären angesichts des reichen Inhalts wünschenswert gewesen, sind aber angesichts der im Band vertretenen fünf verschiedenen Sprachen wohl nur unter außerordentlichen Schwierigkeiten zu realisieren. Alles in allem: ein grundlegender und nützlicher Band.
Marburg Irmgard Fees