Hirsch, Mirco Peter, Von der Erbbescheinigung des preußischen Rechts zum
Erbschein des Bürgerlichen Gesetzbuchs (= Rechtshistorische Reihe 288). Lang,
Frankfurt am Main 2004. 241 S.
Die
von Werner Schubert im Rahmen seiner umfassenden Beschäftigung mit der neueren
Rechtsgeschichte betreute Arbeit gliedert ihren Stoff in vier chronologisch
geordnete Kapitel. Sie beginnt dabei im Rahmen der historischen Entwicklung bis
zum preußischen Gesetz vom 12. März 1869 bei römischem und germanischem Recht,
von denen sie aber, weil nur der über die Einweisung in den Besitz ausgestellte
Gerichtsbrief/Schöffenbrief im germanischen (!) Recht als eine Art Erbausweis
angesehen werden kann, sehr rasch in das 18. Jahrhundert gelangt. Der einfache
Grund dafür ist, dass sich gerichtliche Bescheinigungen über die erbrechtlichen
Verhältnisse im Wesentlichen erst seit dem Ende des 18. Jahrhunderts entwickelt
haben.
Soweit
im Geltungsbereich der naturrechtlichen Kodifikationen überhaupt gerichtliche
Zeugnisse über erbrechtliche Verhältnisse ausgestellt werden konnten, ergab
sich dies aus anderen Gesetzen bzw. aus der gerichtlichen Praxis. Anlass
hierfür war die Einführung öffentlicher Bücher, die vor der Eintragung einer Rechtsänderung
einen zuverlässigen Nachweis als sinnvoll erscheinen ließen. Von den hierfür
entwickelten Einrichtungen waren die Erbzeugnisse in den mecklenburgischen
Staaten (Gesetze von 1829/1830, 1857) besonders geeignet, die nicht auf die
gesetzliche Erbfolge beschränkt waren und Dritten Schutz boten.
Demgegenüber
diente das Erbeslegitimationsattest Preußens eigentlich nur der Legitimation
des gesetzlichen Erben vor den öffentlichen Büchern. Da dies unbefriedigend
erschien, kam es 1854 zu einem ersten Versuch der Verbesserung. Mit dem vor
allem durch das Interesse der öffentlichen Kassen an Rechtssicherheit bei
Zahlung an eine als Erbe auftretende Person ausgelösten Gesetz betreffend die
Ausstellung gesetzlicher Erbbescheinigung vom 12. März 1869 wurde dann eine
gesetzliche Grundlage für die Ausstellung eines Zeugnisses über die
erbrechtlichen Verhältnisse (bei gesetzlicher Erbfolge) geschaffen, die mehrere
andere deutsche Staaten zum Vorbild nahmen.
Dem
folgte der Gesetzgeber des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Grund der Arbeiten
Gottfried von Schmitts. Er dehnte seit seinem Vorentwurf von 1879 das
Antragsrecht auf die gewillkürte Erbfolge aus. Dies steigerte den praktischen
Nutzen der jetzt Erbschein genannten Einrichtung erheblich.
Im
vierten Kapitel verfolgt der Verfasser die Ausgestaltung des Erbscheins in der
Rechtsprechung des Reichsgerichts sowie des Bundesgerichtshofs. In sorgfältiger
Erörterung der einzelnen Entscheidungen ermittelt er das Bemühen des
Reichsgerichts um einen Ausgleich der Interessen der Betroffenen. Die dabei
gefunden Lösungen setzten sich regelmäßig durch.
Insgesamt
gelangt der sorgfältig arbeitende und verständlich formulierende Verfasser zu
dem Ergebnis, dass sich der Erbschein trotz seiner kurzen Geschichte bewährt
hat. Im Anhang stützt er seine gelungene Arbeit durch den Abdruck wichtiger
Quellen ab. Damit fördert er die neuere Privatrechtsgeschichte in vorteilhafter
Weise.
Innsbruck Gerhard
Köbler