Einhundertfünfundzwanzig (125) Jahre Amtsgerichte im heutigen Rheinland-Pfalz. Vergangenheit – Gegenwart – Zukunft, hg. v. Roth, Andreas. Wolters Kluwer-Luchterhand, München 2004. XX, 355 S.

 

Am 1. Oktober 1879 wurden - als Folge der Neuordnung der Gerichtsverfassung durch das Gerichtsverfassungsgesetz des Deutschen Reiches von 1877 - durch Verordnungen Bayerns für die Pfalz, Hessen-Darmstadts für Rheinhessen und Preußens für die nördlichen Gebiete des nach dem zweiten Weltkrieg neu geschaffenen Landes Rheinland-Pfalz Amtsgerichte als Eingangsgerichte der ordentlichen Gerichtsbarkeit eröffnet. Seitdem sind (mehr als) 125 Jahre vergangen. Die rhetorische Frage, ob dies ein Grund zum Feiern sei, bejaht der Herausgeber in seiner einführenden Einleitung trotz kleinerer Einschränkungen durchaus.

 

Der aus dieser erfreulichen Ausgangslage entstandene Sammelband vereinigt nach vier wohlwollenden Grußworten den Blick zurück mit Blicken in die Gegenwart und Zukunft. Andreas Roth schildert die Entstehung, Etablierung und ersten Reformen und damit die Zeit zwischen 1879 und 1933, Michael Kißener die Zeit des Nationalsozialismus, Dieter Lang die Stunde null und Helmut Perne die Entwicklung von den Einmanngerichten zu modernen Gerichtszentren in der Nachkriegszeit sowie Erika Reichauer-Kirchner die Ausleihe rheinland-pfälzischer Gerichtsbarkeit nach Thüringen nach 1990. Für das moderne Amtsgericht von Gegenwart und Zukunft erörtert Stefanie Lejeune den Wandel der Komunikation zwischen Rechtsuchenden und Gericht, Hans-Gerd Ludemann die Praxis, Thomas Edinger mit Peter Jacob die aktuellen Herausforderungen, während sich in spezielleren Fragestellungen Norbert Westenberger und Matthias Weihrauch dem Verhältnis der Rechtsanwälte zum Amtsgericht, Richard Bork und Christopher Keim den Beziehungen zwischen Notaren und Amtsgericht, Bernd Mittelhausen und Hans-Eckard Gallo den Rechtspflegerinnen und Rechtspflegern sowie den Gerichtsvollziehern widmen und Heinz Georg Bamberger darüber hinaus andere Wege der Streitbewältigung verfolgt, Richard Patzke und Karl-Jürgen Wilbert das Amtsgericht aus Sicht der Wirtschaft sowie Walter Dury in Bezug auf Bürgernähe und Bürgerfreundlichkeit betrachten.

 

Für das Amtsgericht der Zukunft setz sich Herbert Mertin mit Europa und der Zukunftstechnologie auseinander. Rudolf Gerhardt stellt Kleists zerbrochenem Krug die Vorstellung gegenüber, wie sich ein Amtsgericht 2030 mit einem Fall befassen musste, in dem es um Sexual Correctness ging, und wie am Ende die Gerechtigkeit ihren Lauf nahm. Freilich zeigt alle menschliche Erfahrung, dass die Zukunft vielfach anders wird, als die Gegenwart sie sich vorstellt.

 

Den Beschluss bildet eine alphabetisch geordnete Übersicht über 46 Amtsgerichte in Rheinland-Pfalz von Altenkirchen bis Zweibrücken. Knapp und klar schildern die Direktorinnen und Direktoren die Geschichte ihrer Häuser, deren Gestalt sie durch Abbildungen veranschaulichen, deren Wandel etwa für das Amtsgericht Prüm sehr deutlich ist. Möge auf dieser stolzen Grundlage die erste Instanz der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Rheinland-Pfalz weiter zum Wohle der Allgemeinheit wirken.

 

Innsbruck                                                                                                       Gerhard Köbler