Regesten Kaiser Friedrichs III. (1440–1493) nach Archiven und Bibliotheken geordnet, hg. v. Koller, Heinrich/Heinig, Paul Joachim/Niederstätter, Alois (= Böhmer, J. F., Regesta Imperii, Unterreihe). Heft 20 Die Urkunden und Briefe aus den Archiven und Bibliotheken der Bundesländer Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern sowie des Archiwum Państwowe w Szczecinie/Staatsarchivs Stettin für die historische Provinz Pommern, bearb. v. Eibl, Elfie-Maria. Böhlau, Wien 2004. 253 S.
Böhmer, Johann Friedrich, Regesta Imperii XIV. Ausgewählte Regesten des Kaiserreiches unter Maximilian I. 1493-1519. Bd. 4, Teil 2 Österreich, Reich und Europa 1502-1504, bearb. v. Wiesflecker, Hermann/Wiesflecker-Friedhuber, Ingeborg/Hollegger, Manfred unter Mitarbeit v. Beer, Christa. Böhlau, Wien 2005. XXXII, 639- 1109 S.
Angesichts dessen, dass mehr und mehr historische bzw. rechtshistorische Lexika, Nachschlagewerke, Regesten- und Urkundenpublikationen in digitaler Fassung angeboten werden, kann berechtigterweise die Frage aufgeworfen werden, ob es denn Sinn macht, die auf der Basis der alten, von Johann Friedrich Böhmer begründeten „Regesta Imperii“ konzipierten Kaiserregesten überhaupt noch in analoger Form zu publizieren. Denn immerhin können die gleichen Nachschlagewerke inzwischen in elektronischer Form billiger und vor allem platzsparender produziert werden. Auch der Einwand, dass damit nur eine begrenzte Haltbarkeit verbunden sei, ist inzwischen nicht mehr stichhaltig genug, da in Archiven und Bibliotheken längst erfolgreiche Konzepte der Langzeitarchivierung digitaler Medien diskutiert und erprobt werden.
Dennoch hat es seinen guten Grund, dass die hier anzuzeigenden Bände der Regesta Imperii der Kaiser Friedrich III. und Maximilian I. weiterhin in konventioneller Form dargeboten werden, zumal dadurch eine spätere Zusammenfassung und Indexierung der Gesamtreihen in elektronischer Form nicht ausgeschlossen wird. Um nicht die bereits erschienenen Bände (siehe die letzte Rezension dazu in dieser Zeitschrift Bd. 121, 2004, S. 646-648, zu den Heften 13 und 17 der Friedrich-Regesten) zum Fragment zu machen, sollten sie zu Ende geführt werden, zumal es immer noch genügend Leser gibt (zu denen sich auch der Rezensent zählt), die lieber und schneller ins Buchregal greifen, um sich über die historischen Daten zu informieren.
Beide hier vorzustellenden Regestenbände halten sich jeweils an die Konzeption der bereits erschienenen Ausgaben. Die Friedrich-Regesten (Heft 20), diesmal eine königsferne Landschaft des römisch-deutschen Reiches erfassend, können mit immerhin weit über 300 Urkunden (einschließlich der Deperdita sowie der abschriftlich überlieferten Stücke; insgesamt weit mehr als das Dreifache dessen, was Joseph Chmel in seinem Regestenwerk bekannt war) nachweisen, dass die königliche Präsenz im Norden und Nordosten des Reichs, im Herrschaftsgebiet der Kurfürsten von Brandenburg, der Herzöge von Mecklenburg und Pommern, keineswegs gänzlich fehlte. Erfasst wurden namentlich die Bestände des Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz in Berlin, der Staatsbibliothek daselbst, des Landeshauptarchivs Schwerin, des Staatsarchivs Stettin sowie weiterer kleinerer oder abgelegenerer Archive. Kriegsverluste, besonders des brandenburg-preußischen Hausarchivs, konnten teilweise durch Nachweise in älteren Findkarteien ausgeglichen werden. Der ermittelte Bestand von 84 Originalurkunden ist recht beachtlich. Unter den vielen Nachweisen zur Regierungstätigkeit Friedrichs in der erfassten Region sind auch zahlreiche rechtshistorisch interessante Stücke – allein 44 Urkunden im Geheimen Staatsarchiv in Berlin zum Stettiner Erbfolge- und Lehnsstreit vor dem Königlichen Kammergericht. Auf diesen Streit geht die Bearbeiterin dankenswerterweise in ihrer Einleitung sehr ausführlich ein, so dass trotz des fehlenden Sachregisters (Sachbegriffe sind lediglich als Unterstichworte den Personen- und Ortsnamen zugeordnet) Streitgegenstand und Verfahren sehr leicht ermittelt werden können: Die Verweise auf die wiederum sehr ausführlich gehaltenen Regesten zu diesem Prozess ermöglichen es dem rechtshistorisch Interessierten auch ohne Einsichtnahme in die Vorlagen der Archive, sich ein gutes Bild über diesen Prozess zu machen.
Ganz anders ist der Maximilian-Regestenband aufgebaut. Angesichts der zunehmenden Urkunden- und Aktenflut der kaiserlichen Kanzlei konnten die Bearbeiter, wie schon in den vorhergehenden Bänden, natürlich keine vollständige Erfassung aller Kanzleiproduktionen der Maximilianzeit mehr erstreben. Dies gilt um so mehr, als sich die Bearbeiter für eine chronologische Darbietung des gesamten ermittelten Quellenmaterial, soweit es von seiner Bedeutung her sinnvoll erschien, entschieden, also im Gegensatz zu den Bearbeitern der Friedrich-Bände nicht fondsweise vorgingen. Weit mehr als der 2002 erschienene erste Teil des Bandes IV. der Maximilianregesten kann der vorliegende, drei Jahre umfassende Band die europäischen Dimensionen der Reichs- und Kaiserpolitik ansprechen. Die Absender der Briefe und Berichte, die die Urkunden Maximilians ergänzen, verteilen sich über ganz Europa und umfassen namentlich Rom, Venedig, Neapel, Spanien, Frankreich, die burgundischen Länder und England, aber auch Polen, Livland, Russland und die Türkei. Erfasst wurden nur solche Schriftstücke, die nicht in der Umgebung des Königs entstanden. Wichtig sind vor allem Briefe der Päpste und Berichte von der Römischen Kurie, Schreiben auswärtiger Könige, Fürsten und Staatskanzleien.
Wertvolles Quellenmaterial – das inhaltlich kaum auf einige aufzählbare Gegenstände konzentriert werden kann – findet sich etwa zur Einrichtung des vormodernen Staates und der Administration, zur wirtschaftlichen Angelegenheiten, etwa der Handelsgesellschaften, zur Entwicklung der allgemeinen Lebensverhältnisse, der Lohn- und Preisentwicklung, aber auch zur Gerichtsbarkeit und zu zwischenstaatlichen Krisen und Streitigkeiten. Gesammelt wurden insgesamt 2.334 Regesten, von denen nahezu zwei Drittel neues und bisher nicht publiziertes Quellenmaterial enthalten. Mit den bisher nahezu 22.000 erfassten Urkunden und Aktenstücken ist nach Einschätzung der Bearbeiter etwa die Hälfte des zur Publikation anstehenden Quellenbestands veröffentlicht. Wirklich benutzbar wird es indes erst, wenn die Register – an denen zur Zeit intensiv gearbeitet wird – vorliegen.
Darmstadt J. Friedrich Battenberg