Azevedo Alexandrino Fernandes, João Manuel, Die Theorie der Interpretation des Gesetzes
bei Francisco Suárez (= Rechtshistorische Reihe303). Lang, Frankfurt am Main
2005. 172 S.
Die
von Jan Schröder betreute Arbeit gliedert sich in eine Einleitung und drei
Teile. In der Einleitung schildert der Verfasser, Universitätsdozent in Porto,
Zweck und Aufbau der Arbeit sowie Quellen und Übersetzungen. In einem eigenen
Gliederungspunkt behandelt er den Abschluss der Einleitung.
Der
erste Teil befasst sich mit Leben und Zeit des Francisco Suárez. Dabei zeigt
der Verfasser, wie der aus hohem Adel stammende, in Granada am 5. Januar 1548
geborene Suárez das mit 13 Jahren begonnene Studium des kanonischen Rechts in Salamanca
nach fünf Semestern abbricht, um in den Orden der Jesuiten einzutreten, dem er
bis zu seinem Tod am 25. September 1617 dient. Als Professor der Theologie
schafft er in Segovia, Valladolid, Rom Alcalá, Salamanca und Coimbra ein
riesiges theologisches und philosophisches Werk (Opera omnia in 26 Bänden) mit
beachtlicher Ausstrahlung auf die Jurisprudenz.
Angeregt
durch Jan Schröder interessiert sich der Verfasser besonders für die
Interpretationslehre des Suárez im Rahmen der Geschichte der juristischen
Methodenlehre. Als notwendige Voraussetzung dafür sieht er überzeugend den
Begriff des Gesetzes an. Von der Art des Gesetzes (z. B. menschliches Gesetz im
Gegensatz zu Vorschriften des Naturrechts) abhängig ist die Art der
Interpretation.
Bei
dem Begriff des Gesetzes geht der Verfasser vom Voluntarismus bei Suárez aus
und gelangt zur Vermutung des gerechten Willens des Gesetzgebers. Vernünftiger
Inhalt des Gesetzes sind Gerechtigkeit und Gemeinwohl. Dabei ist der Wille des
menschlichen Gesetzgebers durch das Vorbild Gottes begrenzt und hat das
Gemeinwohl Vorrang vor dem Willen des Gesetzgebers.
Bei
der Interpretation sind authentische Interpretation, doktrinale Interpretation
(ausdehnende Interpretation und einschränkende Interpretation) und usuale Interpretatiozu
unterscheiden. Besondere Probleme bietet die Interpretation des Naturgesetzes.
Insgesamt
zeigt der Verfasser dabei, dass die unter vergangenen Voraussetzungen
entstandene Interpretationslehre des Suárez der Gegenwart in gewissen Punkten
verständlich ist, in anderen aber entfernt wirkt. Sie steht für ein frühes
Stadium europäischer Wissenschaft, das versunken und doch wider Erwarten noch
nahe ist. Die Berufung auf Gott als Gesetzgeber und den persönlichen Glauben
ermöglicht eine grundlegende und letzte Einheit der Vorstellungen des großen
Theologen.
Innsbruck Gerhard
Köbler