Vogt,
Ralf-M., Die urheberrechtliche Reformdiskussion in Deutschland während der
Weimarer Republik und im Nationalsozialismus (= Europäische Hochschulschriften
2, 3856). Lang, Frankfurt am Main 2004. XVI, 337 S.
Maracke, Catharina, Die Entstehung des Urheberrechtsgesetzes von 1965 (= Schriften zur Rechtsgeschichte 99). Duncker & Humblot, Berlin 2003. IV, 770 S.
Die neuere Geschichte des Urheberrechts in Deutschland ist in den letzten Jahrzehnten stärker als zuvor zum Gegenstand eingehenderer Studien geworden. Die beiden von Werner Schubert angeregten Kieler Dissertationen beschäftigen sich mit dem ebenso langwierigen wie vielschichtigen Reformprozess, der nach dem Ersten Weltkrieg eingesetzt hat und der erst lange nach dem Zweiten Weltkrieg durch den Erlass des Urhebergesetzes von 1965 abgeschlossen werden konnte. Während die Arbeit von Vogt Debatten, Vorschläge und Entwürfe bis 1945 darstellt, sieht Maracke den Schwerpunkt ihrer Arbeit in der eigentlichen Vorgeschichte des Gesetzes von 1965. Da die Diskussion in der Bundesrepublik ohne die älteren Überlegungen nicht zu verstehen sind, greift freilich auch Maracke auf die Entwicklung der 30er Jahre zurück; so ergibt sich zwangsläufig eine gewisse zeitliche Überschneidung beider Dissertationen. Auch die Gliederung beider Arbeiten folgt letztlich demselben 3-Teile-Schema: Ein erster Teil schildert Entstehung und Geschichte der Vorschläge, Diskussionen und Entwürfe, ein zweiter, systematisch orientierter Teil nimmt Stellung zu inhaltlichen Fragen, ein dritter Teil schließlich bietet „Zusammenfassung“ bzw. „Ausblicke“. Sieht man solchen Gemeinsamkeiten, die nicht zuletzt durch den Gegenstand selbst bedingt sind, einmal ab, so stellen beide Arbeiten doch ohne Zweifel eigenständige Leistungen dar.
Vogt legt, nachdem die beiden „Wellen“ der Gesetzgebung 1870/76 und 1901/07/10 erwähnt sind, den Akzent eindeutig auf die Entwürfe der Zwanziger- und Dreißigerjahre; die Gründe für die Reformdebatte sieht er in der Fortentwicklung der Berner Übereinkunft und in den technischen Novitäten (Schallplatte/Rundfunk/Tonfilm). Ausführlich (223 S.) wird der Verlauf des Diskurses bis 1945 geschildert, wobei die durch den Nationalsozialismus bedingten Besonderheiten nach 1933 eigens berücksichtigt sind. Das an Sachkomplexen orientierte dritte Kapitel bietet auf lediglich 56 Seiten quersummenartige Darstellungen („Einzelaspekte“) zum Urheberpersönlichkeitsrecht, zur Schutzfrist, zu Rundfunksendung/Schallplatte/Lautsprecher; zum Tonfilm und zum Schutz ausübender Künstler. Sieht man von einigen Unebenheiten (so fehlt etwa S. 98 die Untergliederung „Allgemeine Bestimmungen“ zur Abgrenzung vom Abschnitt „Inhalt des Urheberrechts“, der erst S. 103 beginnt; so wird die Abkürzung „UPR“, obgleich zuvor vielfach – z.B. S. 155, 181, 241 – verwendet erst im „Sachverzeichnis“ erklärt) ab, so werden die Abläufe der Diskussionen durchweg, wenn auch nicht immer, mit der wünschenswerten Übersichtlichkeit, erkennbar. Dies gilt nicht zuletzt für das frühe Bemühen, das in der älteren Gesetzgebung angelegte Nebeneinander des Schutzes von literarischen und musikalischen Werken einerseits und Werken der bildenden Kunst und der Fotografie andererseits, zu überwinden; entsprechende Hervorhebung verdienen die gelegentlichen Debatten um Folgerecht „Nachfolgevergütung“ und „Geräteabgabe“ sowie die nationalsozialistische Einbettung des Urheberschutzes in staatlich kontrollierte „Standesorganisationen“, insbesondere in die „Reichskulturkammer“. Begrüßenswert ist das ausführliche Verzeichnis der ungedruckten Quellen, namentlich der Archivalien und Entwürfe; bedauerlich ist nur, dass die ungedruckten und deshalb schwer zugänglichen Entwürfe nicht im Wortlaut wiedergegeben worden sind.
Die Arbeit Marackes vermeidet derartige Unebenheiten; sie traktiert die Vorgeschichte des Gesetzes von 1965 in einer Weise, die kaum Wünsche offen lässt. Es werden nicht nur die Debatten, vor allem jene der Zeit nach 1945, ausführlich (gelegentlich zu ausführlich) dargestellt, sondern auch zentrale Fragen des Urheberrechts umfassend in einem Gesamtzusammenhang erörtert. Dabei wird deutlich, dass viele Themen, die heute so aktuell erscheinen, damals bereits erörtert worden sind. Angesichts der angestrebten Gründlichkeit ist es verständlich, dass die Autorin bei ihrem Blick auf die Schwerpunkte den Bereich der „verwandten Schutzrechte“ ausgeklammert hat. Da die „Leistungsschutzrechte“ und ihr Verhältnis zum „eigentlichen“ Urheberrecht in den letzten Jahrzehnten eines der wichtigsten Problemfelder geworden sind, wäre man dankbar, wenn auch die einschlägige Debatte zwischen 1945 und 1965 in ebenso gründlicher Weise wie bei Maracke aufbereitet werden würde.
Insgesamt kann man festhalten, dass beide Arbeiten für die zukünftige urheberrechtliche Diskussion wichtiges Grundlagenwissen bereithalten. Das Material ist jeweils durch „Sachregister“ gut zu erschließen. Der Rechtshistoriker freilich hätte sich gefreut, wären in beide Bücher auch „Personenregister“ aufgenommen worden; denn gerade im Urheberrecht wird deutlich, wie sehr ein Rechtsgebiet von einzelnen schöpferischen Kennern der Materie vorangebracht worden ist.
Saarbrücken Elmar
Wadle