Lokin, Jan H. A./Brandsma, Frits/Jansen, Corjo, Roman-Frisian Law of the 17th and 18th Century (= Schriften zur europäischen Rechts- und Verfassungsgeschichte 45). Duncker & Humblot, Berlin 2003. 291 S.

 

Anlässlich eines Jubiläums, das man kurz als „500 Jahre Hof van Friesland“ bezeichnet hat, erschien 1999 unter dem Titel „Het Rooms-Friese recht. De civiele rechtspraktijk van het Hof van Friesland in de 17e en 18e eeuw“ die niederländische Originalfassung des Werkes, das jetzt in englischer Übersetzung vorliegt. Für Einzelheiten zur Entstehung des auf Material im Archiv der Provinz Friesland beruhenden Werkes, über die in 14 Kapiteln behandelten Themen und über die Arbeitsweise der Verfasser darf ich auf meine Besprechung in ZRG Germ. 119, S. 738-740 verweisen. Nur einige Bemerkungen über die englische Übersetzung wird man an dieser Stelle von mir erwarten.

 

Die Präsentation des Buches ist in verschiedenen Hinsichten merkwürdig. Wer es ohne Vorwissen zur Hand nimmt, erfährt auf keinerlei Weise, dass es sich um die Übersetzung eines schon früher auf Niederländisch erschienenen Werkes handelt: weder aus der Titelseite noch aus dem Vorwort (oder aus irgendeiner Andeutung auf der Rückseite des Titels, auf dem Umschlag oder sonstwo) geht das hervor. Die mit 1. April 2003 datierte „Preface“ ist eine wörtliche Übersetzung der „Verantwoording“ in der niederländischen Originalfassung vom 1. April 1999; sogar die Folge der Verfassernamen ist hier beibehalten, obgleich sie auf der Titelseite geändert worden ist. Der Name des Übersetzers wird nirgendwo erwähnt. Dem nicht-niederländischen Leser wird in keiner Weise entgegengekommen; so hätte man z. B. beim Zitieren von Stellen aus der Entscheidungssammlung von Johannes van den Sande auf das lateinische Original (Decisiones Frisicae, 1635 und 15 weitere Ausgaben bis 1721) statt auf die zitierte niederländische Übersetzung von 1638-1639 (weitere Editionen 1652 und 1670) verweisen können (vgl. schon meine Rezension, S. 739 Fn. 2).

 

Es hätte andererseits auf der Hand gelegen, bei der Übersetzung von Stellen aus dem niederländisch geschriebenen Lehrbuch von Ulrik Huber (Heedensdaegse rechtsgeleertheyt soo elders als in Friesland gebruikelijk) die moderne englische Übersetzung von Percival Gane (The Jurisprudence of my time, Durban 1939) zu benutzen. Das hätte wenigstens an einigen Stellen den Übersetzer vor Fehlern bewahren können. So wird z. B. auf S. 45 „Maar by ons wordt het namptissement door de exceptie [scil. : non numeratae pecuniae] belet ende gestut“ übersetzt mit „In our system, however, the provision of a charge is precluded by and founded on the exception“: stattdessen hätte es heißen müssen: „the provisional sentence [„namptissement“][1] is met and barred by the exception“ (Niederl. gestut“ = „gestuit“). Auf S. 52 steht ein Satz, in dem der Übersetzer nicht nur Wörter sondern auch den ganzen Satzbau nicht richtig verstanden hat (Huber, I, 15, 35; siehe Gane zu dieser Stelle). Auf S. 20 findet man die sehr ungewöhnliche Übersetzung von „als sy nae Keyserlijke Rechten beschreeven wordt“ mit „as portrayed in imperial laws“ (Gane: „as laid down in Imperial Law“); der Übersetzer hat offenbar wenig Ahnung von der Rezeption des römischen Rechts.

 

Bei Stichproben an Stellen, an denen nicht Huber sondern der Text der Autoren des vorliegenden Werkes übersetzt wird, habe ich bis jetzt nur wenige Fehler gefunden. Übrigens haben die Verfasser wohl gelegentlich die Originalfassung stillschweigend verbessert.

 

Man kann sich grundsätzlich darüber freuen, dass dieses Werk jetzt auch nicht niederländisch-sprachigen Lesern zugänglich ist. Es bleibt jedoch die Frage nach der Zielleserschaft. Bei der Wahl der Themen haben die Verfasser sich von deren Bedeutung für das jetzt in den Niederlanden geltende Privatrecht leiten lassen; sie haben für ein niederländisches juristisches Publikum geschrieben, an erster Stelle wohl für Studenten. Für Ausländer wird der Text, auch in englischer Übersetzung, ohne Kenntnis des niederländischen Rechts (und der niederländischen Rechtsgeschichte) schwierig bleiben. Für Deutsche vielleicht am wenigsten; wäre ihnen nicht besser mit einer deutschen Übersetzung gedient? Jedenfalls wäre es für sie bequemer gewesen, wenn ihnen die alten Rechtsquellen immer auch in der niederländischen Urfassung geboten worden wären; vielleicht gilt das ebenfalls für niederländische Studenten nachdem nun die Originalfassung vergriffen zu sein scheint.

 

Leiden                                                                                                              Robert Feenstra



[1] Für „namptissement“ siehe den vorhergehenden Absatz bei Huber: der Schuldner muss „forthwith provide … and pay down the money in court, at the same time receiving security for the return of the money in case he should be released from the principal claim“ (Gane); der Übersetzer stand hier wohl unter dem Eindruck des niederländischen Textes von Lokin c. s. (S. 41), der „namptissement“ ohne weiteres mit Faustpfand gleichstellt.