Iwanami, Atsuko, Memoria et oblivio. Die Entwicklung des Begriffs memoria in Bischofs- und Herrscherurkunden des Hochmittelalters (= Berliner historische Studien 36). Duncker & Humblot, Berlin 2004. 196 S.

 

Die Arbeit ist die auf eine Anregung Joachim Ehlers’ im Wintersemester 1991/1992 zurückgehende, zu Beginn des Jahres 2002 am Fachbereich Geschichts- und Kulturwissenschaften der Freien Universität Berlin angenommene und anschließend überarbeitete Dissertation der seit 1996 an der Keio Universität (Tokio) tätigen Verfasserin. Ihr Ausgangspunkt ist eine Betrachtung über die Verbreitung und den auffälligen Anstieg der Verwendung des Begriffs memoria und seines Gegenbegriffs oblivio in bischöflichen Urkunden im Laufe des Mittelalters. Zu diesem Zweck werden vor allem die Arengen untersucht.

 

Im Einzelnen beginnt die Verfasserin mit den in vier Untergruppen zusammengefassten bischöflichen Urkunden von Mainz, Magdeburg, Halberstadt, Würzburg, Trier, Metz, Verdun, Toul, Arras; Laon, Tournai, Amiens, Angers, St. Aubin und Ronceray. Hieran schließt sie monastische Schriftzeugnisse aus Moslesme, Lérins und Le Mans. Den Beschluss bildet die Reichskanzlei (einschließlich Wibalds von Stablo und Corvey) unter Vergleich mit dem französischen Königtum.

 

Im Ergebnis erkennt die Verfasserin im Hochmittelalter eine auffällige Bedeutungserweiterung. Immer häufiger tritt neben das auf bestimmte Personen bezogene Gedenken das Gedächtnis im Zusammenhang des Bewahrens von vollzogenen Rechtsgeschäften, dem überzeitliche Dauer durch schriftliche Festlegung zu verleihen ist, wobei jedenfalls für die Untersuchungsräume die Überlieferung für eine Verbreitung von Westen (11. Jahrhundert) nach Osten (12. Jahrhundert) spricht. Man wird der Verfasserin darin beipflichten können, dass damit ein Ansatzpunkt dafür gewonnen sein dürfte, um Wechselwirkungen festzustellen zwischen dem wachsenden Bedürfnis nach schriftlicher Festlegung, der hierfür notwendigen Begründung und der Art und Weise, wie dies von den Zeitgenossen  verstanden und zum Ausdruck gebracht wurde.

 

Innsbruck                                                                                                       Gerhard Köbler