Höhle, Michael, Universität und Reformation. Die Universität Frankfurt (Oder) von 1506 bis 1550 (= Bonner Beiträge zur Kirchengeschichte 25). Böhlau, Köln 2002. 686 S.

 

Die Arbeit ist die von Gabriel Adriányi betreute, im Sommersemester 2001 von der katholisch-theologischen Fakultät der Universität Bonn angenommene Habilitationsschrift des Verfassers. Sie will unter Auswertung der Reste des Universitätsarchivs der von 1811 bis 1991 geschlossenen Universität und weiterer Quellen zunächst einen Überblick über den Gründungsvorgang und über die Verfassung der Universität und die Arbeit der vier Fakultäten bis 1540 geben. Danach fragt sie nach der Stellungnahme und nach dem Beitrag Frankfurts in der theologischen Auseinandersetzung mit der reformatorischen Bewegung während der Regierungszeit Kurfürst Joachims I. Anschließend wendet sie sich der Reorganisation der Universität unter Joachim II. im zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit der Einführung der neuen Kirchenordnung von 1540 zu. Abschließend versucht sie eine Beantwortung der Frage nach der Wirksamkeit der getroffenen Maßnahmen.

 

Im ersten Teil schildert der Verfasser die Voraussetzungen für die letzte Universitätsgründung im deutschen Reich vor der Reformation. In diesem Zusammenhang erläutert er Verfassung und wirtschaftliche Ausstattung. Auf Grund erfolgreicher Werbung kann der Rektor im Gründungsjahr 933 Namen in die Matrikel einschreiben, doch kann dieser überragende Erfolg auf Dauer nicht gewahrt werden.

 

Von hier aus geht der Verfasser zum Lehrkörper und Lehrangebot über. Bei allen vier Fakultäten behandelt er jeweils Verfassung und Arbeitsweise. Danach untersucht er Professoren und Promotionen.

 

Bei den Juristen ist der erste Ordinarius der in Berlin geborene, in Leipzig lehrende (vierundzwanzigjährige) Johannes Blankenfeld, dessen Ruf der Verfasser als ausgezeichnet einstuft. Die ersten Statuten vom 29. September 1506 sind im Wesentlichen verloren. Eine Ankündigung von 1512 sieht vier ordentliche Vorlesungen im kirchlichen Recht, drei zeitlich davon verschiedene ordentliche Vorlesungen im weltlichen Recht , drei außerordentliche Vorlesungen im kirchlichen Recht an Tagen, an denen sonst nicht gelesen wird, und eine entsprechende außerordentliche Vorlesung im weltlichen Recht vor.

 

Im Anschluss hieran bietet der Verfasser die ihm bekannten Nachrichten über die Professoren und Promotionen. Professoren oder Doktoren sind bei insgesamt fünf juristischen Ordinariaten (zwei Dekretalisten, drei Legisten) außer Blankenfeld (1514 Bischof von Reval, 1524 Erzbischof von Riga, † 1527 in Torquemada auf dem Weg zu Karl V.), Matthäus Molner († 1518), Johannes Eberhard († 1539), Siegfried Utzberg († 1516), Nikolaus am Steig († 1545), Gregor Günther († 1519), Laurentius Schreck († 1541), Johannes Lindholz († 1535), Levin von Emden († 1552), Johannes Wendland, Georg von Breitenbach († 1541?), Eberhard Ferber, Fabian Funck, Johannes Hundertmarck, Paul Bredekow († 1516), Wolfgang Redorffer († 1559), Albertus Hesse, Hermann Trebelius († um 1518), Valentin Kiefer, Georg von Blumenthal († 1550), Fabian Kurschick, Paul Lemberg, Johannes Funck, Johannes Lucas Naxcevius, Johannes Oldendorp (1520), Wiprecht Schwab († 1560), Stephan Gercken (†1546), Albrecht Malsau († 1541), Christoph Hegendorff, Gregor Tilisch, Adolph (Gruben) von Bentheim († 1558), Albinus Fabri, Ambrosius Lacher, Heinrich Schwarz († 1539), Johann Schlegel († 1564), Heinrich Barschampe, Caspar Marsilius († 1559), Melchior Wins, Caspar Schulz, Martin Beneckendorff und Hieronymus Seckel. Wer jeweils die erforderlichen Vorlesungen abgehalten hat, lässt sich bei der Dürftigkeit der Quellen nicht vollständig und sicher ermitteln.

 

Im zweiten Teil befasst sich der Verfasser ausführlich mit der reformatorischen Bewegung. Nach der Neuordnung von 1540 greift er die Geschichte der vier Fakultäten wieder auf. Auch hier unterteilt er erneut jeweils in mindestens zwei Abschnitte.

 

Bei den Juristen sind jetzt vier Professuren festgelegt, deren Inhaber an allen vier Vorlesungstagen zu lesen hatten. Neben dem allein für die Dekretalen zuständigen Ordinarius, vertreten drei Professoren Codex, Digesten und Institutionen. Ab 1564 soll ein fünfter Professor die elementa iuris civilis continue behandeln.

 

Bereits zu dieser Zeit ist der Prozess der Konfessionalisierung abgeschlossen. Frankfurt an der Oder ist jetzt eindeutig eine lutherische Universität. Erfreulich, dass im Zusammenhang mit dem im Mittelpunkt des Interesses des Verfassers stehenden kirchenrechtsgeschichtlichen bzw. religionswissenschaftlichen Ergebnis auch die Geschichte der juristischen Fakultät im ersten halben Jahrhundert ihres Bestehens, so gut wie die Quellen dies zu gestatten scheinen, mitbeleuchtet und in das den Inhalt aufschließende Personenverzeichnis aufgenommen worden ist.

 

Innsbruck                                                                                                                              Gerhard Köbler