KöblerFinkenauer20031220 Nr. 10308 ZRG GA 122 (2005) 59

 

 

Finkenauer, Thomas, Eigentum und Zeitablauf – das dominium sine re im Grundstücksrecht, zugleich ein Beitrag zur Entstehungsgeschichte des BGB (= Schriften zum Bürgerlichen Recht 238). Duncker & Humblot, Berlin 2000. 263 S.

 

Die von Hans Wieling betreute, bereits im Wintersemester 1999/2000 in Trier angenommene und ausgezeichnete Dissertation widmet sich dem Einfluss des Zeitablaufs auf das Grundeigentum und spürt dem Zusammenspiel von Verjährung der Rechtsverwirklichungsansprüche (Grundbuchberichtigungsanspruch, Eigentumsanspruch),  Verwirkung der Rechtsverwirklichungsansprüche, Tabularersitzung und Kontratabularersitzung nach. Im Mittelpunkt steht die Möglichkeit des Eigentums ohne die aus dem Eigentum fließenden Ansprüche. Dieses dominium sine re ergibt sich daraus, dass Ansprüche des nicht in das Grundbuch eingetragenen Eigentümers verjähren, ohne dass der Eigentümer auch das Eigentum verliert.

 

Gegliedert ist die Arbeit in einen geschichtlichen Teil und einen dogmatischen Teil. Vorangeht eine kurze Einführung in die Problematik. Am Ende werden die dogmatischen Ergebnisse zusammengefasst.

 

Im ersten Teil schildert der Verfasser die Entstehung der Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über Grundeigentum und Zeitablauf und beginnt deshalb mit der lex Miquel-Lasker von 1873, die dem Reich erst die Gesetzgebungszuständigkeit verschaffte. Danach legt er die Entwürfe Johows und Gebhards zum Sachenrecht und zum Allgemeinen Teil, die Arbeit der ersten Kommission, die Kritik am ersten Entwurf und die Arbeit der zweiten Kommission sorgfältig dar. Dabei ergibt sich, dass Johow und Gebhard der Reinheit des ihren Teilentwürfen zugrunde gelegten Systems (Eintragsprinzip für das Grundbuch im Sachenrecht, Verjährbarkeit aller Ansprüche im allgemeinen Teil) alle anderen Überlegungen in doktrinärer Weise unterordneten und dass die zweite Kommission in der Frage des dominium sine re durchaus regelungsfreudiger war und systematischer dachte als die erste Kommission.

 

Im dogmatischen Teil trennt der Verfasser das dominium sine re auf Grund Verjährung des Herausgabeanspruchs und Grundbuchberichtigungsanspruchs vom dominium sine re auf Grund der außerhalb des Bürgerlichen Gesetzbuches von der Rechtsprechung zur Vermeidung unbilliger Ergebnisse entwickelten Verwirkung. Nach gründlicher Erörterung gelangt er zu den Ergebnissen, dass der Herausgabeanspruch des im Grundbuch nicht eingetragenen Eigentümers in dreißig Jahren verjährt und der Berichtigungsanspruch in korrigierender Auslegung des Gesetzestexts ihm darin folgt, dass aber Eigentumserhausgabeanspruch und Grundbuchberichtigungsanspruch nicht verwirkt werden können. Insgesamt erkennt er das dominium sine re an Grundstücken als wertlos an, so dass er dem Eigenbesitzer ein Aneignungsrecht gewährt und sich de lege ferenda für eine Klarstellung ausspricht.

 

Insgesamt bietet der Verfasser in seiner gut lesbaren Studie an Hand einer interessanten Einzelfrage ein ansprechendes Beispiel moderner Privatrechtsdogmengeschichte. Sie vereint Geschichte mit Dogmatik in gelungener Weise. Dass auf sie nur mit nicht zu vertretender Verspätung aufmerksam gemacht werden kann, ist sehr bedauerlich.

 

Innsbruck                                                                                          Gerhard Köbler