Deutsch, Andreas, Der Klagspiegel und sein Autor Conrad Heyden. Ein Rechtsbuch des 15. Jahrhunderts als Wegbereiter der Rezeption (= Forschungen zur deutschen Rechtsgeschichte 23). Böhlau, Köln 2004. XIV, 672 S.
Deutsch
hat sich die schwierige Aufgabe gestellt, einen umfassenden Beitrag zur
Erforschung des Klagspiegels, eines für die Rezeption des römischen Rechts in
Deutschland sehr wichtigen Rechtsbuches des 15. Jahrhunderts, zu leisten,
dessen wissenschaftliche Qualität seit dem späteren 18. Jahrhundert mit Unrecht
sehr umstritten war. Das Ergebnis ist eine sehr umfangreiche, beachtenswerte
Monographie, die im Wintersemester 2002/03 von der juristischen Fakultät der
Universität Heidelberg als Dissertation angenommen worden ist. Sie besteht aus
zwei Teilen. In ihrem ersten Teil wird nach einer kurzen Übersicht über den
Forschungsstand eingehend der Entstehungs- und Verbreitungsgeschichte dieses
Rechtsbuches (Ausgaben des Klagspiegels, Entstehungszeit und Entstehungsort,
Verfasser) nachgegangen. Interessant sind dabei die Ausführungen über die Rolle
Sebastian Brants, der noch in modernen Publikationen unter Hinweis auf den
Druck von 1516 als Verfasser des Klagspiegels angesehen wird. Brant, der sich
selber nicht als Autor bezeichnet hat,
brachte allerdings dieses Werk unter dem zugkräftigeren Titel „Der Richterlich
Clagspiegel“ neu heraus, und der Name des berühmten Humanisten, Juristen und
Poeten hat nicht zuletzt dazu beigetragen, daß dieses Rechtsbuch eine neue
Blüte und weitere 19, insgesamt also beachtliche 24 Auflagen zwischen 1470 und
1612 erlebte. Die Suche nach dem Autor des Klagspiegels mußte somit
weitergehen. Nach gründlichen Untersuchungen kommt Deutsch zu dem
einleuchtenden Ergebnis, daß dieses Werk zwischen 1436 und 1442 in Schwäbisch
Hall entstanden sei, und als Autor nur der Stadtschreiber Conrad Heyden (um
1385-um1442) in Betracht käme.
Im
zweiten Teil der Arbeit beschäftigt sich Deutsch mit Inhalt und Bedeutung des Klagspiegels
für die Rechtgeschichte, wobei er die Einteilung dieses Werkes in das
zivilrechtliche „Erste Traktat“ und den strafrechtlichen „Andern Teil“ seinen
Ausführungen zu Grunde legt und in beiden Teilen auch eine bisher fehlende
Nummerierung der einzelnen Titel vornimmt. Die eingehende Beschreibung der in
sechs Abschnitten zusammengefaßten 178 Titel des Ersten Traktats weist diesen
Teil als erstes umfassendes, auf mehreren älteren Schriften aufbauendes
Kompendium des römischen Zivil- und Zivilprozeßrechtes in deutscher Sprache
aus. Hervorzuheben sind ferner die Darstellung der im deutschsprachigen Recht
erstmals aufgeführten zivilrechtlichen Rechtsfiguren sowie der Überblick über
den Einfluß des Klagspiegels auf die zivilrechtlichen Bestimmungen nachfolgender
Kodifikationen und juristischer Schriften.
Der
„Ander Teil“ des Klagspiegels enthält das Straf- und Strafprozeßrecht,
untergliedert in „Prozeßrecht“, „einzelne Tatbestände“ und „Allgemeiner Teil“.
In Letzterem werden Vorsatz, Fahrlässigkeit und Versuch beschrieben, besonders
wegweisend aber auch Notwehr und Schuldfähigkeit dargestellt. Wie beim Ersten
Traktat folgt ein Überblick über den Einfluß dieser strafrechtlichen
Bestimmungen auf spätere Kodifikationen wie die Wormser Reformation und die Constitutio
Criminalis Bambergensis sowie auf
Tenglers Laienspiegel und andere
Rechtsbücher.
Ein
umfangreiches Quellen- und Literaturverzeichnis sowie ein Orts-, Personen- und
Stichwortverzeichnis runden ein wissenschaftliches Werk ab, das einem
deutschsprachigem Rechtsbuch des 15. Jahrhunderts endlich die verdiente
Anerkennung zu Teil werden läßt und seine Autorschaft klären hilft. Dafür ist
dem Verfasser dieser Monographie sehr zu danken.
Halle
an der Saale Rolf
Lieberwirth