Daniel, Andreas, Gemeines Recht. Eine systematische Einordnung der Rechtsfigur und ihrerFunktion sowie die Bestimmung der inhaltlichen Probleme aus der Sicht des 18. Jahrhunderts (= Schriften zur Rechtsgeschichte 101), Duncker & Humblot, Berlin 2003. 322 S.

 

In jüngster Zeit sind zwei wichtige Werke erschienen, die zu einer starken Relativierung der herrschenden Rechtsquellen- und Rechtsanwendungslehre der Neuzeit[1] führen. Es handelt sich um das hier zu besprechende Buch von Andreas Daniel sowie um das kurz vorher erschienene grundlegende Werk von Peter Oestmann "Rechtsvielfalt vor Gericht. Rechtsanwendung und Partikularrecht im Alten Reich“[2].

 

Die beiden Untersuchungen gehen verschiedene Wege. Da sich die beiden Arbeiten in gewisser Weise ergänzen, dürfen zunächst die wesentlichen Ergebnisse von Oestmanns Werk kurz zusammengefasst werden. Oestmann untersucht die Rechts- und Prozesspraxis in Deutschland, insbesondere vor dem Reichskammergericht sowie vor den Gerichten in Lübeck und in Frankfurt am Main. Er kommt zum Ergebnis (S. 65f.), dass sich die Parteien auf für sie günstige Rechtsnormen beriefen, unabhängig davon, ob diese dem Gericht bereits bekannt waren oder nicht. Diese Normen gehörten unterschiedlichen Rechtsquellenarten an. Vorgetragen wurden sowohl römischrechtliche Normen, was an sich überflüssig, ja von manchen Gerichtsordnungen direkt untersagt war, da sie als gerichtsbekannt galten[3], vor allem aber geschriebene und ungeschriebene Normen des Partikularrechts. Partikularrechtliche Allegationen waren sowohl in der ersten Instanz als auch vor dem Appellationsgericht üblich (S. 673). Weiters kommt Oestmann zum Ergebnis (S. 675) dass der Begriff der fundata intentio in den ausgewerteten Schriftsätzen der Anwälte kaum eine Rolle spielte (S. 675), Auch vor dem Reichskammergericht war für geschriebene Partikularrechte keine Allegationsbedürftigkeit gegeben (S. 678). Die Aufwertung der deutschen Partikularrechte, die sich in der zeitgenössischen Literatur seit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts abzeichnet, fand ihre Entsprechung in der Rechtsanwendung durch das Reichskammergericht (S. 680f.). Oestmann (S. 681) nennt drei entscheidende Grundlagen, welche die frühneuzeitliche Rechtsanwendung kennzeichnen: „Erstens stand die Gerichtspraxis einer Vielzahl von Rechtsquellen gegenüber und mußte diesen Quellenpluralismus praktisch bewältigen. Zweitens führten die Anwälte ihre Prozesse unter strukturellen Unsicherheitsbedingungen, da sie die richterliche Rechtsanwendung kaum voraussehen konnten. Drittens besaßen die Gerichte ein hohes Maß an Unabhängigkeit und Freiheit in der Rechtsanwendung.“ Oestmann (S. 685ff.) betont vor allem diese richterliche Entscheidungsfreiheit und Begründungsvielfalt.

 

Andreas Daniel, ein Schüler Peter Krauses, geht in seiner Trierer Dissertation einen anderen Weg. Seine Arbeit ist begriffsgeschichtlicher Natur. Er untersucht die Rechtsfigur „Gemeines Recht“, insbesondere aus der Sicht des 18. Jahrhunderts. „Gemeines Recht“ (ius commune) ist ein wesentlicher Bestandteil der Rechtsquellentheorie und wird im Zusammenhang mit der Rezeptionsgeschichte des römischen Rechts in materieller und prozessualer Sicht ständig erwähnt. Der Verfasser (S. 27) versucht die Gründe aufzuzeigen, „warum sich Rechtswissenschaft und -praxis  des 18. Jahrhunderts mit einer näheren Bestimmung, und zwar nicht nur in inhaltlicher Hinsicht, schwer taten“.

 

Längst bekannt ist, dass der Ausdruck „Gemeines Recht“ verschiedene Bedeutungen haben kann[4]. Neben dem römischen bzw. römisch-kanonischen Recht, das im Mittelalter und in der Neuzeit als ius commune, als gemeines Recht, verstanden wird, findet sich unter anderen ein gemeines Sachsenrecht, seit dem frühen 18. Jahrhundert ein gemeines deutsches Privatrecht[5], ein gemeines (langobardisches) Lehnsrecht, ein gemeines Prozessrecht.

 

Generell bedeutet ius commune den Gegensatz zum partikularen Recht. Bei der Geltungsvermutung (fundata intentio) geht es nicht um das ius commune schlechthin, sondern um das jeweilige ius commune und dessen Verhältnis zum ius particulare (ius speciale)[6]. Die Vermutung gilt für jedes in dem jeweiligen Gerichtsbezirk allgemein anzuwendende Recht. Statutum est ius commune in loco[7].

 

Nach der Einführung (S. 17-28) befasst sich das 1. Kapitel (S. 29-36) mit der „Unsicherheit über den Begriff des gemeinen Rechts im 18. Jahrhundert“. Nicht nur der preußische Großkanzler Samuel von Cocceji klagt über die Unsicherheit der Rechtslage, sondern auch der Verfasser des Codex Maximilianeus Bavaricus Civilis von 1756 W. X. A. von Kreittmayr[8]: „I. Was unter dem gemeinen Recht eigentlich verstanden seye, darüber seynd die Rechtsgelehrten selbst noch nicht einmal einig.“ (vgl. Verf. S. 32f.). Codex Max. Bav. Civ. I. Theil, II. Kap. §12 bestimmt: „Alle obige §pho 4. 8. 9. 10. et 11. benannte Rechten sind unter dem Namen des gemeinen Rechts (Juris Communis) begriffen, der Sachsen- und Schwabenspiegel aber wird in hiesigen Churlanden so wenig, als andere dergleichen veraltete teutsche Gesetze darunter verstanden.“ Unter den Begriff des gemeinen Rechts fallen demnach das natürliche Recht (Jus naturae, § 4), das geistliche Recht (§ 8), das römische Recht (§9), das langobardische Lehnsrecht (§ 10) sowie gemeine Satzungen und Ordnungen des Heiligen Römischen Reichs (§ 12). Dem gemeinen Recht werden Statuta (§ 13), Gewohnheitsrecht oder Herkommen (Jus Consuetudinarium, § 15) und Privilegia (§ 16) gegenübergestellt. Der Codex Max. Bav. Civ. (I 2 § 13) setzt die fortdauernde Geltung abweichender Partikularrechte und Statuten voraus. Dem gemeinen Recht kommt weiterhin subsidiäre Geltung zu (§ 17). Das kanonische Recht gilt aber nur mehr vor kirchlichen Gerichten (§ 8)[9].

 

Das 2. Kapitel (S. 37-85) behandelt den „Begriff ,gemeines Recht’ und seine systematische und funktionelle Einordnung“. Untersucht wird der Begriff in der Antike, im Mittelalter und in der späten Neuzeit (18. und 19. Jahrhundert). Bei Gaius bildet das ius commune omnium hominum (Dig. 1, 1, 9) den Gegensatz zum ius proprium civium Romanorum (Dig. 1, 6, 3). Wie Hermann Krause[10] gezeigt hat, verstand man im Mittelalter unter Kaiserrecht noch nicht das justinianische Recht; erst im 15. Jahrhundert, als die praktische Rezeption bereits im vollen Gange war, hat es diese Bedeutung erlangt[11]. Aber auch noch für das 16. Jahrhundert bezweifelt der Verfasser (S. 54) die „uneingeschränkte Identität der gemeinen beschriebenen Rechte mit dem römischen Recht“. Als Beleg für seine Auffassung bringt er (S. 54f.) die Regelung einer erbrechtlichen Einzelfrage in der brandenburgischen Constitutio Joachimica aus dem Jahre 1527[12]. Kap. 9 regelt die Rechtsfrage „Wie des Verstorben Bruder- oder Schwesterkynder von voller Geburt ungleicher Zale, so sie unter sich selbst allein und nicht mit des Verstorben Bruder oder Schwester zum Erbe treten, Erbe nehmen sollen“. Die Constitutio Joachimica entscheidet sich in diesem Falle für Teilung in stirpes („nach dem Stammen an Stat yhrer Eltern und nicht yn die Häupter“). Die Entscheidung war notwendig, da die „beschryben Keyserrecht“ diesen Fall nicht eindeutig regeln (Kap. 9). Der Verfasser (S. 55) geht nun fälschlich davon aus, dass sich die Joachimica „für die bis heute gültige römisch-rechtliche Lösung“ entschieden habe und beruft sich dafür auf Institutionen 3, 1, 16. Die zitierte Stelle handelt aber von der Erbfolge von Deszendenten, wo die Teilung in stirpes von alters her unbestritten war. Maßgeblich für den Fall war vielmehr die Regelung der justinianischen Novelle 118 (a. 543), ergänzt durch Novelle 127, 1 (a. 548). Danach erbten in der zweiten Erbenklasse neben Aszendenten des Erblassers die Geschwister mit Eintrittsrecht der Geschwisterkinder (Nov. 118, 3 pr.)[13]. Erbten also neben Geschwistern die Geschwisterkinder vorverstorbener Geschwister in stirpes, so war doch in der mittelalterlichen Jurisprudenz die Frage, wie Geschwisterkinder ohne Konkurrenz mit Geschwistern erben sollten, umstritten. Accursius und Bartolus traten für Teilung in stirpes ein, Azo für Teilung in capita. Dessen Meinung schloss sich dann Ulrich Zasius an[14]. Mit dem Ausdruck „beschryben Keyserrrecht“ in der Constitutio Joachimica (Kap. 9) ist also sehr wohl das römisch-gemeine Recht gemeint; in dieser erbrechtlichen Frage war eine Kontroverse gegeben. Die Konstitution Joachims I. von Brandenburg brachte somit die Entscheidung einer gemeinrechtlichen Streitfrage[15]. Unrichtig ist die Feststellung des Verfassers (S. 55), dass die von Kaiser Karl V. im Jahre 1529 erlassene Konstitution über die Erbfolge der Geschwisterkinder (entspricht inhaltlich dem § 31 des gleichzeitigen Reichsabschiedes von Speyer) die Lösung der Joachimica wiederholt und „damit zur kaiserlichen Satzung“, zum Reichsrecht, erhoben“ habe. Die kaiserliche Konstitution von 1529 entscheidet sich vielmehr für Teilung in capita und folgt damit der Lehre Azos und des Ulrich Zasius[16]. Die Kopfteilung findet sich auch in der von Zasius redigierten endgültigen Fassung des Freiburger Stadtrechts.

Die Rechtswissenschaft unterschied jedenfalls seit dem zweiten Drittel des 18. Jahrhunderts in enger Anlehnung an das Corpus iuris civilis allgemeine und besondere Rechtsquellen: in örtlicher Hinsicht mit den Begriffen ius commune (auch ius universale/ius generale) und ius particulare (= ius municipale, proprium), in gegenständlicher Hinsicht mit ius commune und ius singulare oder privilegium und in logischer Hinsicht mit ius commune (oder auch generale) und ius speciale (so Verf. S. 84). Eine tiefer gehende systematische Durchdringung des Begriffs „gemeines Recht“ fand wohl erst um die Mitte des 19. Jahrhunderts statt. Der Verfasser (S. 63ff.) untersucht eingehend die Auffassungen einer Reihe maßgeblicher Juristen, so von Carl Friedrich von Gerber[17], Carl Georg Bruns, August Ludwig Reyscher, Carl Georg von Wächter, Heinrich Thöl und Christian Ludwig Runde. Bruns hat gezeigt, dass eine Rechtsquelle in Bezug auf einen örtlich begrenzten Bereich gemeines, hinsichtlich des umfassenden größeren Rechtskreises gleichzeitig partikulares Recht sein kann. Auf diese Relativität des gemeinen Rechts hat auch Thöl hingewiesen (Verf. S. 68f.)[18].

 

Im umfangreichen 3. Kapitel (S. 86-200, „Die inhaltliche Krise des gemeinen Rechts im 18. Jh.“) geht der Verfasser zunächst auf die Inhalte des gemeinen Rechts ein. Im 18. Jahrhundert wurden unter dem Begriff des gemeinen Rechts verschiedene Rechtsquellen zusammengefasst, neben dem römischen Recht in der Form des Usus modernus pandectarum in bestimmten Teilbereichen das kanonische Recht und das langobardische Lehnsrecht sowie das einheimische Recht, das ius germanicum, dessen Inhalt von der Wissenschaft allerdings erst präzisiert werden musste[19] (Verf. S. 92ff., 98).

 

Eingehend widmet sich der Verfasser (S. 98ff.) dem Geltungsgrund und Geltungsumfang des römischen Rechts. Er geht aus (S. 101ff.) von einer fehlenden gesetzlichen oder gesetzesähnlichen Geltung. Die Vorstellung der translatio imperii spielte im 16. und 17. Jahrhundert nur mehr eine untergeordnete Rolle und die Einführung des römischen Rechts durch Gesetzgebungsakt Kaiser Lothars III. war von Hermann Conring als „Legende“ aufgedeckt worden. Conring lehrte, das römische Recht gelte in Deutschland nur Satz für Satz kraft tatsächlicher Anwendung (usu sensim receptum). Die Praxis hielt aber auch nach Conring an einer praktischen Rezeption in Bausch und Bogen (lege latum in complexu) fest[20]. Von großer Bedeutung wurde Johann Schilters Theorie von der Existenz zweier gemeiner Rechte in Deutschland, des einheimischen deutschen und des fremden römischen. Diese Lehre ist von Heinrich Christian Senckenberg (1704-1768)[21] dahingehend weitergeführt worden, dass beide gemeinen Rechte die fundata intentio für sich hätten, wobei im Zweifel sogar gegen das nur subsidiär geltende römische Recht zu entscheiden sei[22]. Noch weiter als Schilter und Senckenberg ging schon Johann Georg von Kulpis (1652-1698)[23] in seiner im Jahre 1682 erschienenen „De germanicarum legum veterum, ac romani iuris in republica nostra origine, autoritate praesenti, Dissertatio epistolica“. Kulpis folgerte aus der Fortgeltung der einheimischen Statuten und Gewohnheiten, dass die Annahme einer fundata intentio zugunsten des römischen Rechts sowohl im ius publicum als auch im ius civile verfehlt sei (Verf. S. 111). Der Verfasser (S. 123) kommt zum Ergebnis, dass „an der Gemeinrechtlichkeit des römischen Rechts für ganz Deutschland“ spätestens gegen Ende des 18. Jahrhunderts durchaus berechtigte Zweifel bestanden.

 

Im Folgenden werden „Lösungsansätze im Bereich des positiven Rechts“ geprüft (S. 123ff.). Die herrschende Rechtswissenschaft und Rechtspraxis des ausgehenden 18. und des 19. Jahrhunderts führten die positive Geltung des römischen Rechts auf eine pauschal erfolgte Rezeption desselben zurück (S. 125f.). Zu den führenden Vertretern dieser Ansicht zählen Johann Stephan Pütter, Anton Friedrich Justus Thibaut, der Germanist Carl Friedrich von Gerber (S. 129)[24] und Bernhard Windscheid. Der Verfasser (S. 133) nimmt an, dass der Begriff (richtiger wohl Ausdruck) der „Rezeption in complexu“ erst eine Wortschöpfung des späten 18. oder sogar erst des frühen 19. Jahrhunderts sei.

 

Weiters untersucht der Verfasser „Lösungsansätze im Bereich des überpositiven Rechts“ (S. 134ff.). Überraschenderweise werden erst hier die Gründe für die Aufnahme des römischen Rechts näher behandelt (S. 137ff.). Im Abschnitt „Meinungsstand seit dem 19. Jh.“ (S. 140ff.) werden neben Savigny vor allem Otto Stobbe (1831-1887)[25], Carl Adolf Schmidt (1815-1903), Adolf Friedrich Stölzel (1831-1919) und Otto von Gierke (1841-1921) als Repräsentanten gewürdigt.

 

Der Verfasser (S. 160) stellt weiters die Frage, „ob möglicherweise die (Teil-) Identität des römischen Rechts mit dem Naturrecht seine subsidiarische umfassende Geltung begründen konnte“. Um diese Frage beantworten zu können, prüft er zunächst den Geltungsgrund des Naturrechts in der Antike, im Spätmittelalter und in der späten Neuzeit (S. 160ff.). Ansätze für die Begründung des subsidiären Geltungsanspruches des ius naturale finden sich im frühen 18. Jahrhundert bei Christian Thomasius (S. 174). Der Verfasser (S. 180ff.) kommt zum Ergebnis, dass die wohl gegebene Teilidentität zwischen dem römischen Recht und dem Naturrecht nicht als Geltungsgrund für das römische Recht herangezogen werden konnte. Die ratio naturalis galt „nach allgemeiner Ansicht im späten 18. Jahrhundert, wenn überhaupt, als selbständige Rechtsquelle neben dem positiven Gesetz und dem Corpus iuris civilis als beider überpositiver Hilfsrechtsquelle“ (S. 184). Die Rechtswissenschaft nahm „erstmals bewußt eine theoretische Rezeption ,in complexu’ an, ohne den abschließenden Beweis für die Richtigkeit dieser Tatsache gefunden zu haben“ (S. 185).

 

Im Abschnitt „Rechtsanwendungsverhältnisse“ (S. 185ff.) wird auf die Regel ius commune habet fundatam intentionem eingegangen. Da sich im 18. Jahrhundert die Erkenntnis durchgesetzt hatte, dass das gemeine Recht inhaltlich aus verschiedenen Rechtsquellen besteht, war nicht nur zwischen gemeinem und partikularem Recht, sondern auch zwischen den gemeinrechtlichen Quellen untereinander die Festsetzung einer Rangordnung erforderlich. Das Rechtsanwendungsproblem wurde von der herrschenden Meinung im 18. Jahrhundert über das Prioritätsprinzip der Statutentheorie gelöst; dem älteren eingebürgerten Recht sollte der Vorrang gebühren, so dem gemeinen Sachsenrecht vor dem gemeinen römischen Recht (S. 194ff.).

 

Das 4. Kap. (S. 201-216) hat „die Klarstellung des gemeinen Rechts durch das Gesetz“ zum Gegenstand, insbesondere durch das Allgemeine Gesetzbuch bzw. Allgemeine Landrecht für die Preußischen Staaten von 1792 bzw. 1794 und das Bürgerliche Gesetzbuch von 1896 (S. 213ff.).

 

Das 5. Kapitel (S. 217-222) versucht das „Gesamtergebnis“ zusammenzufassen.

 

Als Anhang finden sich Materialien (S. 223-254), insbesondere zur Entstehungsgeschichte des Allgemeinen Gesetzbuches und des Allgemeinen Landrechts für Preußen, ein umfassendes Literaturverzeichnis einschließlich gedruckter und ungedruckter Quellen (S. 255-274), ein Personenregister (S. 275-280) und ein höchst eingehendes Sach- und Ortsregister (S. 281-322).

 

Während uns Peter Oestmann mit seiner Untersuchung „Rechtsvielfalt vor Gericht“[26] die Buntheit und Vielgestaltigkeit der Rechtspraxis vor Augen führt, hat Andreas Daniel mit seiner Arbeit gezeigt, das auch die Rechtsquellen- und Rechtsanwendungslehre des 18. Jahrhunderts, die Auffassungen über den Begriff „gemeines Recht“, über das Verhältnis von gemeinem und partikularem Recht, über das Verhältnis von verschiedenen gemeinrechtlichen Quellen zueinander, differenzierter und vielfältiger waren, als man bisher angenommen hat. Daniels gedankenreiche Untersuchung ist nicht leicht lesbar. Hilfreich sind die Zusammenfassungen und Zwischenergebnisse am Ende der einzelnen Abschnitte bzw. Kapitel. Es handelt sich um eine begriffsgeschichtliche, weitgehend literarhistorische Arbeit, die eine Fülle von Aspekten aufzeigt, welche bisher wohl zu wenig beachtet worden sind.

 

Graz                                                                                                               Gunter Wesener



[1] Vgl. etwa W. Wiegand, Zur Herkunft und Ausbreitung der Formel „habere fundatam intentionem“. Eine Vorstudie zur Rechtsquellen- und Rechtsanwendungslehre der Rezeptionszeit und des usus modernus, in: FS für H. Krause (1975) 126ff.; ders., Studien zur Rechtsanwendungslehre der Rezeptionszeit (Ebelsbach 1977); dazu E. Holthöfer, ZRG Rom. Abt. 96 (1979) 435ff.; W. Trusen, ZRG Germ. Abt. 98 (1981) 410ff.; G. Wesener, TRG 47 (1979) 368ff.; H. Coing, Europäisches Privatrecht I. Älteres Gemeines Recht (1500 bis 1800), München 1985, 131ff.

[2] Rechtsprechung. Materialien und Studien. Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Europäische Rechtsgeschichte Frankfurt am Main Bd. 18, Frankfurt am Main 2002.

[3] Vgl. W. Trusen, Römisches und partikuläres Recht in der Rezeptionszeit, in: FS für Heinrich Lange (1970) 105.

[4] H. Thieme, Art. Gemeines Recht, in: HRG I (1971) Sp. 1506f.

[5] Vgl. K. Luig, Die Anfänge der Wissenschaft vom deutschen Privatrecht, Ius commune 1 (1967) 195ff. (nun in: Luig, Römisches Recht, Naturrecht, nationales Recht, Goldbach 1998) 395*ff.); K. Kroeschell, Zielsetzung und Arbeitsweise der Wissenschaft vom gemeinen deutschen Privatrecht, in: Wissenschaft und Kodifikation des Privatrechts im 19. Jahrhundert, I (1974) 249ff. - Vgl. auch J. Unger, Ueber die wissenschaftliche Behandlung des österreichischen gemeinen Privatrechts. Eine Antrittsrede gehalten an der Prager Hochschule den 8. October 1853 (Wien 1853).

[6] W. Wiegand, Studien zur Rechtsanwendungslehre (o. Anm. 1) 151ff.; ders., Die privatrechtlichen Rechtsquellen des Usus modernus, in: Akten des 26. Deutschen Rechtshistorikertages Frankfurt am Main 1986 (= Ius Commune, Sonderhefte 30, 1987) 237ff., bes. 250.

[7] Dazu Wiegand, Studien zur Rechtsanwendungslehre (o. Anm 1) 79f., 151f.; J. Schröder, Recht als Wissenschaft. Geschichte der juristischen Methode vom Humanismus bis zur historischen Schule (1500-1850), München 2001, 21; vgl. Oestmann, Rechtsvielfalt vor Gericht (o. Anm. 2) 15f., 96, 121f.

[8] Anmerkungen über den Codicem Maximilianeum Bavaricum Civilem. Erster Theil (München 1758) II. Kap. § 12. Vgl. Kreittmayr, Compendium Codicis Bavarici Civilis, Judiciarii, Criminalis et Annotationum  (München 1768, Reprint München 1990) Codex Civilis I. Theil, Cap. II. § 12. 13: Jus commune, oder gemeines Recht begreift nicht nur das göttliche und natürliche, sondern auch Jus canonicum, romanum, longobardicum & germanicum in sich ...; dazu Verf. 97.

[9] Vgl. G. Wesener, Kreittmayrs Zivilrechtskodex in dogmengeschichtlicher Sicht, in: Freiherr von Kreittmayr. Ein Leben für Recht, Staat und Politik. FS zum 200. Todestag (München 1991) 77ff., bes. 78f. mit weiterer Lit.

[10] Kaiserrecht und Rezeption (Heidelberg 1952) 116ff.

[11] Verf. 54 unter Berufung auf F. Wieacker, Privatrechtsgeschichte der Neuzeit2 (1967) 140.

[12] In: Quellen zur Neueren Privatrechtsgeschichte Deutschlands I/2, bearbeitet von W. Kunkel (Weimar 1938) 69ff., bes. 76f. Vgl. L. E. Heydemann, Die Elemente der Joachimischen Constitution vom Jahre 1527 (Berlin 1841, Nachdruck Graz 1972) 41 u. 398f.

[13] Dazu M. Kaser, Das römische Privatrecht II2 (1975) 511.

[14] Vgl. O. Stobbe, Handbuch des deutschen Privatrechts V (1885) § 291 VII, 115f.; G. Wesenberg, Die Privatrechtsgesetzgebung des Heiligen römischen Reiches von den Authentica bis zum Jüngsten Reichsabschied und das römische Recht, in: Studi in memoria di P. Koschaker I (Milano 1954) 207f.; G. Wesener, Geschichte des Erbrechtes in Österreich seit der Rezeption (1957) 73ff.; O. Kühn, Die kaiserliche Konstitution von 1529 über die Erbfolge der Geschwisterkinder und Ulrich Zasius, ZRG Germ. Abt. 78 (1961) 310ff.

[15] Vgl. W. Kunkel, in: Quellen zur neueren Privatrechtsgeschichte Deutschlands I/2 (1938) 337 Anm. Joa 10.

[16] Vgl. Literatur wie o. Anm. 14.

[17]Zu diesem nun S. Schmidt-Radefeldt, Carl Friedrich von Gerber (1823-1891) und die Wissenschaft des deutschen Privatrechts (Berlin 2003); dazu A. Laufs, in diesem Band.

[18] Zum ius commune in loco oben bei Anm. 7.

[19] Grundlegend K. Luig, Die Anfänge der Wissenschaft vom deutschen Privatrecht (wie o. Anm. 5).

[20] F. Wieacker, Privatrechtsgeschichte der Neuzeit2 (1967) 208.

[21] Verf. S. 94f.

[22] Vgl. K. Luig, Institutionenlehrbücher des nationalen Rechts im 17. und 18. Jahrhundert, Ius Commune 3 (1970) 64ff., bes. 79; ders, Conring, das deutsche Recht und die Rechtsgeschichte, in: Hermann Conring (1606-1681). Beiträge zu Leben und Werk, hrsg. von M. Stolleis (Berlin 1983) 355ff., bes. 382ff. (nun in: Luig, Römisches Recht, Naturrecht, nationales Recht, Goldbach 1998, 319*ff., bes. 346*ff.).

[23] Verf. S. 93f.

[24] Vgl. oben Anm. 17.

[25] Zu diesem nun B. Scholze, Otto Stobbe (1831-1887). Ein Leben für die Rechtsgermanistik (Berlin 2002); dazu F. Ebel, ZRG Germ. Abt. 120 (2003) 755f.

[26] Oben bei Anm. 2.