Biancalana, Joseph, The Fee Tail and the Common Recovery in Medieval England 1176-1502 (= Cambridge Studies in English Legal History). Cambridge University Press, Cambridge 2001. XIX, 498 S.
Die ,Common Recovery’ galt
lange Zeit als ein obskures Verfahren, dessen Geschichte ebenso unbekannt war,
wie die ihr zugrundeliegenden Rechtsprinzipien. In dieser fundierten Arbeit, in
der langfristige Entwicklungen detailliert verfolgt werden, erscheint die
,Common Recovery’ als verfahrensrechtlicher Endpunkt eines bedeutenden Aspekts
des Common Law Landrechts, der Vergabung von Land außerhalb der traditionellen
lehensrechtlichen Strukturen. Ausgehend von der 1176 unter König Heinrich II.
entwickelten Assize Mort d’Ancestor, einer die Erbfolge von Lehen sichernden
Prozeßform, untersucht der Verfasser zunächst Methoden, diese nun im Common Law
festgelegte Besitzfolge zu umgehen. Dabei stehen zwei Alternativen im Zentrum:
die Mitgift (maritagium) sowie die
Landübertragung mit festgelegter Erbfolge, z. B. an einen jüngeren Sohn und
dessen Erben (entail). Derartige
Landübertragungen wurden gewöhnlich mit der Auflage vorgenommen, das Land beim
Ausbleiben der erwarteten Erben an den Schenker oder dessen Erben zurückgehen
zu lassen (reversion). Auch war es möglich, den Besitz in diesem Fall an eine
dritte Partei, vielleicht einen weiteren jüngeren Sohn oder dessen Erben fallen
zu lassen (remainder). Der Ursprung beider Alternativen wird im
Gewohnheitsrecht vermutet, in der vom königlichen Recht geprägten
Weiterentwicklung wird Maritagium
immer mehr dem Entail angeglichen.
Kernstück dieser Entwicklung ist das Statut De
donis conditionalibus, ein Teil der Gesetzgebung von 1285. Der Zweck dieses
Statuts war die Wahrung der an die Übertragung oder Schenkung geknüpften
Bedingungen, wobei der Verfasser darauf hinweist, daß die dafür vorgesehenen
Rechtsmittel, die Writs Formedon, die den Rückfall an den Schenker (reverter),
an den Erben des ursprünglich Begünstigten (descender) oder an eine genannte
dritte Person oder deren Erben (remainder) sichern sollten, bereits vor 1285
üblich waren. Allerdings gab es Schwierigkeiten bei der Interpretation des
Statuts von 1285; war der Verkauf des Entail durch den Begünstigen vor 1285 gestattet?
Wurde er erst durch das Statut verboten? Aus diesen Überlegungen leitete sich
die grundsätzliche Frage nach der Dauer des Entail
ab. Der Verfasser kann zeigen daß in den ersten Jahren nach 1285 die
Möglichkeit einer dauernden Veräußerung nur für den Erstbegünstigten
eingeschränkt wurde. Später wurde auch dem zweiten Erben die Möglichkeit einer
Klage mit dem Writ Formedon (descender) gegeben, bis in der Periode zwischen
1330 und 1420 schließlich jede nachfolgende Generation einen Anspruch auf einen
Entail anmelden konnte, eine
Veränderung, die die Kanzlei durch die Ausgabe der entsprechenden Writs
ermöglichte, ein wichtiges Beispiel für das Eingreifen von Kanzleibeamten in
die Rechtsentwicklung. Problematisch bei der Erforschung der zeitlich unbegrenzten
Entails sind die zwar zahlreich
vorhandenen doch oft wenig präzisen Quellen, aus denen das
Verwandtschaftsverhältnis zwischen Kläger und dem ursprünglich Begünstigten nur
selten hervorgeht. Dennoch wird ausführlich auf den sozialen Kontext der
Rechtsformen des Entail sowie des Maritagium eingegangen, durch die
Familien im Fall von Heiratsverbindungen sowohl ihren Besitz bündeln wie auch
die Versorgung des überlebenden Erben sicherstellen konnten. Allerdings konnten
die mit dem Besitz verbundenen Rechtstitel bei späteren Transaktionen
unübersichtlich oder unwillkommen sein, so daß es gute Gründe für die
Beendigung eines Entail geben konnte.
Neben anderen Möglichkeiten enstand als wichtigstes Rechtsinstrument seit etwa 1440
die Common Recovery, ein auf vorheriger Absprache zwischen zwei Parteien
basierendes Verfahren, durch das alle Ansprüche Dritter beendet werden konnten.
Dabei verklagte der Käufer des eigentlich nicht veräußerbaren Entail den Verkäufer im Gericht der
Common Pleas, der sich gleich auf einen Gewährsmann berief. Dieser trat
daraufhin an die Stelle des Verkäufers, ließ jedoch den folgenden
Sitzungstermin verstreichen und erwirkte damit ein Urteil für den Käufer,
dessen Rechtstitel nun nicht mehr eingeschränkt waren. Dem Verfasser ist es
gelungen sowohl den Zeitpunkt der ersten Common Recoveries festzustellen, deren
Erfindung im Südwesten Englands beheimateten Juristen zugeschrieben wird, wie
auch die zugrundeliegenden Rechtsprinzipien herzuleiten. Von Bedeutung in der
Common Recovery waren die Transaktionen zwischen dem Gewährsmann, dem Verkäufer
und dem Käufer. Während das ursprünglich mit alten Rechtstiteln behaftete Land
zwischen den beiden Letztgenannten übertragen wurde, wurde der Verkäufer von
seinem Gewährsmann mit Land entschädigt, ein Problem für den Erben unter dem Entail, denn in der Regel existierten
weder der Gewährsmann noch die als Ersatz gegebene Liegenschaft. Rechtlich war
das möglich, da der Verkäufer des Entail
das gegen den Gewährsmann ergangene Urteil vollstrecken mußte, was aber unter
den Umständen gar nicht möglich war. Eine Untersuchung der verschiedenen
Anwendungen der Common Recovery, etwa zum Zusammenhalt des Familienbesitzes
oder zum Ausschluß von – oft weiblichen – Erben, schließt sich an. Die
Ergebnisse der Arbeit basieren auf intensivem und weitreichendem Quellenstudium;
die Häufigkeit der Entails in den als
Finalis concordia abgefaßten
Verträgen zwischen 1301 und 1480 wurde für sieben Grafschaften ausgewertet, die
Zunahme der Common Recovery in den umfangreichen Rechtsakten der Common Pleas
wurde detailliert für die Jahre 1435 bis 1454 verfolgt. Für die Jahrzehnte bis
zum Anfang des 16. Jahrhunderts wurden jeweils die Akten von zwei Jahren
ausgewertet, eine Methode, mit der die zunehmende Gebräuchlichkeit des Verfahrens
– von wenigen Fällen pro Jahr in der Mitte des 15. Jahrhunderts bis zu 240
Fällen 1502 – deutliche vor Augen geführt wird. Im Anhang an den Text wurden
mehr als 330 dieser Verfahren mit Hinblick auf den Status der Parteien, ihre
Absichten und Prozeßstrategien genauer untersucht. An manchen Stellen des
Textes wäre es hilfreich gewesen, die z. T. nuancierten Veränderungen z. B. des
Maritagium durch Beispiele zu
illustrieren. Marginale Flüchtigkeiten, z. B. das Fehlen der Nummer einer
Handschriftensignatur (S.181, Anm.152), fallen angesichts der immensen Leistung
und der großen Bedeutung des Werkes für die Erschließung des
spätmittelalterlichen englischen Rechts kaum ins Gewicht.
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