The Dearest Birth Right of the People of England. The Jury in the History of the Common Law, hg. v. Cairns, John W./Mc Leod, Grant. Hart, Oxford 2002. XXI, 242 S.

 

Dieser Sammelband, für den 11 von 38 auf der 14. British Legal History Conference im Juli 1999 über „Parliaments, Juries, and the Law“ gehaltene Vorträge ausgewählt wurden, beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit der englischen Jury und handelt die schottische, walisische und amerikanische Jury in jeweils einem Aufsatz ab. Der zeitliche Rahmen der Beiträge reicht vom 13. bis ins 20. Jahrhundert. Bei zwei der vier Aufsätze zum Mittelalter stehen Geschworene allerdings nicht im Mittelpunkt: Dafydd Jenkins (Towards the Jury in Medieval Wales, S. 17-46) erläutert zunächst anhand der rechtstheoretischen Literatur, dass das mittelalterliche walisische Recht weder Ordal noch Duell kannte, sondern sich allein des Eides bediente, und nennt dann die verschiedenen Formen der möglichen Eidesleistungen. Einer dieser Eide, das juramentum in patria (rhaith gwlad), ähnelte der englischen Urteilsjury, bei der der Beschuldigte sein Schicksal in die Hand der patria legte. Aus dem Begriff rhaith gwlad leitet sich der moderne Name für einen Geschworenen (rheithiwr) ab. Roger D. Groot (Petit Larceny, Jury Lenity and Parliament, S. 47-61) argumentiert, dass bereits seit den 1220er Jahren - und nicht erst seit dem Statute of Westminster I (1275) - zwischen kleinem und großem Diebstahl differenziert wurde und dass das Unterscheidungsmerkmal schon vor 1275 der Wert des Diebesgutes war - unter 12d im ersten, 12d oder mehr im zweiten Fall. Die Geschworenen nutzten dieses Wertkriterium, um einige Diebe vor der Hinrichtung zu bewahren. Ein Statute aus dem Jahr 1278/9 (7 Edward I), das nur in einer Quelle (JUST 1/786 m 31d) beiläufig erwähnt wird, verbot nach Groot lokalen Gerichten, die Todesstrafe für Diebstahl zu verhängen, wenn das Diebesgut weniger als 12d wert war. Allerdings gibt es in den Statutes of the Realm kein Statut für dieses Jahr, das sich mit Diebstahl beschäftigt, weshalb ich einen Schreibfehler in der Quelle für wahrscheinlicher halte (3 Edward I. statt 7 Edward I.). Maureen Mulholland untersucht The Jury in English Manorial Courts (S. 63-73), die im 13. Jahrhundert dort vornehmlich als Urteilsjury, im 15. Jahrhundert dagegen als Rügejury zu finden ist. David J. Seipp (Jurors, Evidences and the Tempest of 1499, S. 75-92) geht auf die Frage ein, wer Geschworener werden konnte, wie man die Geschworenen in den Gerichtssaal bekam, wie sie ihre Informationen erhielten, welche Folgen ein falsches Urteil hatte, welche Verhaltensregeln von den Geschworenen nach der Vereidigung einzuhalten waren und wie Einstimmigkeit herbeigeführt wurde. Die folgenden Aufsätze behandeln neuzeitliche Themen: Mit den Entwicklungen, die zur Einführung des Geschworenengerichts in Zivilsachen in Schottland im Jahre 1816 führten, beschäftigt sich John W. Cairns (The Dearest Birth Right of the People of England. The Civil Jury in Modern Scottish Legal History, S. 1-15). Richard D. Friedman verneint einen Einfluss der Jury auf den Ausschluss von Informationen, die auf Hörensagen basierten (No Link: The Jury and the Origins of the Confrontation Right and the Hearsay Rule, S. 93-100). Für J. R. Pole (A Quest of Thoughts: Representation and Moral Agency in the Early Anglo-American Jury, S. 101-130) besitzt die Jury ein repräsentatives Element (trial by peers, gemischte Jury bei Ausländern oder Farbigen), das die Unparteilichkeit und Fairness garantiert, sowie ein moralisches Element, da sich in ihrem Urteil die Moralvorstellungen der Bevölkerung widerspiegeln. James Oldham (Jury Research in the English Reports in CD-ROM, S. 131-153) lobt die auf CD-ROM gespeicherten Reports als sehr gute Findhilfe, warnt jedoch davor, auf eine Konsultation der gedruckten Reports zu verzichten, da die CD-ROM Version durch das Einscannen noch viele Fehler aufweist. Philip Handler (The Limits of Discretion: Forgery and the Jury at the Old Bailey, 1818-21, S. 155-172) beschäftigt sich mit dem Fälschen von Banknoten am Anfang des 19. Jahrhunderts und zeigt auf, das die Mitglieder der Jury, die aus dem Kreis der von diesem Delikt unmittelbar Betroffenen kamen, sich bei ihren Urteilen von einem tiefen Misstrauen gegenüber der Bank leiten und sich nicht von Weisungen der Richter beeinflussen ließen. Die zahlreichen Freisprüche durch die Jury hatten großen Anteil an der Entscheidung von 1819, zum Münzgeld zurückzukehren. Michael Lobban (The Strange Life of the English Civil Jury, 1837-1914, S. 173-215) betont, dass die Jury in Zivilrechtssachen während des 19. Jahrhunderts und sogar bis ins 20 Jahrhundert hinein von Bedeutung blieb, im Gegensatz u. a. zu Joshua Getzler (The Fate of the Civil Jury in Late Victorian England: Malicious Prosecution as a Test Case, S. 217-237), der die These vertritt, dass „the courts all but eliminated the jury from civil trials“ (S. 217). Dieser Aufsatz, der den Band abschließt, wurde bereits im Jahr 2000 in der Festschrift für Brian Simpson (Human Rights and Legal History: Essays in Honour of Brian Simpson, hg. v. K. O´Donovan und G. R. Rubin, Oxford 2000) veröffentlicht und für den Wiederabdruck nur leicht überarbeitet. Der Sammelband wird durch einen Index (Namens-, Sach- und Ortsindex) erschlossen.

 

Fürth                                                                                                                         Susanne Jenks