Strauch, Dieter/Arntz, Hans-Joachim/Schmidt-Troje, Jürgen, Der Appellhof zu Köln. Ein Monument deutscher Rechtsentwicklung. Bouvier, Bonn 2002. VIII, 136 S.

 

Das schmale, aber inhaltsreiche Buch, dem der Verlag eine solide, recht ansprechende Ausstattung gegeben hat, dokumentiert den Festakt, mit dem in Köln der 175. Wiederkehr der Einweihung des Gebäudes gedacht wurde, in dem der 1819 errichtete Appellationsgerichtshof ein angemessenes Domizil erhielt. Abgedruckt sind die Ansprachen, die bei der Feier gehalten wurden, mithin die Grußworte der Präsidenten des Verwaltungs- und des Finanzgerichts, die heute das Gebäude am Appellhofplatz nutzen, des nordrhein-westfälischen Justizministers, des Kölner Oberbürgermeisters, des Oberlandesgerichtspräsidenten, des Generalstaatsanwalts und des Präsidenten des Deutschen Anwaltvereins. Im Mittelpunkt steht, da der Appellhof die Hochburg des rheinisch-französischen Rechts gewesen ist, der dem französischen Recht im Rheinland und der Entwicklung der rheinischen Institutionen gewidmete Festvortrag von Dieter Strauch. Der Kampf um die Erhaltung dieser Institutionen (Schwurgericht, Öffentlichkeit des Strafverfahrens, Staatsanwaltschaft), deren Ausdehnung auf ganz Deutschland den Sieg des liberal-rechtsstaatlichen Gedankens bedeutete, wird aufgezeigt und gewürdigt - dies mit beispielhafter Akribie, die keine Wünsche offen läßt.

 

Des weiteren enthält der Band eine Sammlung der Daten und Fakten über den Appellhof, die Joachim Arntz, der Präsident des Kölner Verwaltungsgerichts, zusammengestellt hat, und einen ausführlichen, von Dieter Strauch bearbeiteten Quellenanhang, der mit der grotesken Absicht der Stadtväter schließt, den Appellhofplatz in Heinrich-Böll-Platz umzubenennen. Der traditionsreiche Name wurde von der politischen Öffentlichkeit mit militärischen Appellen in Verbindung gebracht, während vergessen war, daß sich der Name von dem einstmals dort domizilierenden Appellationsgerichtshof herleitete. Die Lektüre der abgedruckten Zeitungsberichte und der zahlreichen Protestschreiben, die schließlich die Umbenennung verhinderten, ist beklemmend, weil ersichtlich ist, wie sich in dieser Affäre Justizfremdheit und Geschichtsvergessenheit die Hand reichten. Mit der Abhaltung von „Tagen der offenen Tür“ im Rahmen einer „Kölner Woche der Justiz“ hat die Justiz eine Konsequenz aus dieser Erkenntnis gezogen. Anschauliche Bildtafeln, die über die baulichen Veränderungen des Justizkomplexes am Appellhofplatz Aufschluß geben, runden das Buch ab.

 

Wie die Rathäuser, so prägen auch die Gerichtsgebäude das Gesicht einer Stadt. Die gehaltvolle Publikation über ein Monument deutscher Rechtsgeschichte stemmt sich dankenswerterweise dem Verfall des geschichtlichen Bewußtseins entgegen, der trotz mancher Anstrengungen noch nicht überwunden ist. Paradoxerweise versperrt gerade der an sich begrüßenswerte Eifer, mit dem heute nach jahrzehntelanger Verdrängung das Geschehen der NS-Zeit erforscht wird, vielen den Blick auf andere wichtige Traditionsstränge der Justiz, die es verdienen, vor dem Vergessen bewahrt zu werden.

 

Goslar                                                                                                            Rudolf Wassermann