Stadt und Pilger. Soziale
Gemeinschaften und Heiligenkult, hg. v. Herbers, Klaus (=
Jakobus-Studien 10). Narr, Tübingen 1999. XIII, 248 S.
Im vorliegenden Band vereint Klaus
Herbers 10 Studien, die den Pilger in Bezug zu den im Mittelalter entstehenden
Städten setzen sowie die Rolle von Pilgerhospizen und Jakobus- bzw.
Jakobsbruderschaften (Laienbruderschaften) herausstellen. Dank diverser
Bestimmungen des Gottesfriedens und der Treuga Dei war das Reisen in vielen
Gegenden, die zur Kampfesruhe an bestimmten Tagen der Woche aufriefen, sicherer
als zuvor. Die Infrastruktur in vielen Städten richtete sich ferner im 11. und
12. Jahrhundert vielfach an den Bedürfnissen der Pilger aus.
Von besonderem rechtshistorischen
Interesse ist der Beitrag von Werner Göttler, „Die Beherbergung von
Pilgern und anderen sozialen Gruppen in Luzern (16./17. Jahrhundert)“, der die
Bedingungen für die Beherbergung von Pilgern mit denen anderer sozialer Gruppen
vergleicht und dabei große Unterschiede konstatiert. Die Beherbergung der
Pilger war in Luzern bis ins kleinste Detail geregelt. Die Anforderungen,
welche an sie gestellt wurden, waren sehr hoch und das Aufnahmeverfahren
aufwendig. Den Santiagopilgern begegneten die Stadtbewohner nicht nur mit
Achtung, sondern gleichfalls mit Misstrauen. Im Gegensatz zu den Jakobuspilgern
wurden die anderen Fremden ohne weitläufige Bestimmungen in einem einfachen
Verfahren beherbergt. Aus den „Ordnungen“ von Luzern geht deutlich hervor, dass
man die Werke der christlichen Barmherzigkeit für die ehrlichen Pilger zwar
ausüben wollte, aber nicht bereit war, sich von denjenigen, die nur auf Kosten
anderer lebten, ausnutzen zu lassen. So trachtete die Stadt danach, sich die
arbeitsfähigen Bettler und falschen Santiagopilger vom Halse zu halten und den
Ansturm auf das städtische Hauptspital und das Jakobusspital zu verringern.
Warum man die Bedingungen für die Pilger so hochgeschraubt hat, lässt sich
nicht leicht erklären, denn die Aufwendungen für diese wurden letztlich aus dem
Fond des Jakobusspitals bezahlt, der mit der städtischen Kasse direkt nichts zu
tun hatte. Göttler liefert hierzu jedoch eine plausible Erklärung, indem er
eine indirekte Beziehung zwischen Fond des Jakobusspitals und Stadtkasse herstellt:
Der größte Teil des Vermögensertrages des Jakobusspitals wurde nämlich nicht
für die Pilger verwendet, sondern gelangte als allgemeines Almosen in die
städtische Armenkasse. Damit dieser Fond aber weiter für diese Kasse sprudeln
konnte, erschwerte man die Aufnahmebedingungen für Pilger und reduzierte so die
Ausgaben für diese aus dem Fond. Da im Verhältnis zur Bevölkerungszahl sehr
viele Pilger durch Luzern zogen, führte dieser Umstand höchstwahrscheinlich zu
einer strengeren Reglementierung der Aufnahmekriterien. Fraglich ist freilich,
ob die aufgestellten „Ordnungen“ auch wirklich eingehalten wurden, denn Regeln
wurden damals wie heute gerne umgangen. Göttler arbeitet zusätzlich heraus,
dass Verstöße gegen die Vorschriften verhältnismäßig milde beurteilt wurden.
Saarbrücken Thomas
Gergen