Die Urkunden des Stifts Walkenried wurden in zwei Bänden bereits 1852 und 1855 von Carl Ludwig Grotefend ediert. Diese Bearbeitung genügt aber modernen wissenschaftlichen Ansprüchen nicht mehr. Deswegen war schon seit langem eine verbesserte Ausgabe erwünscht.
Um sie hat sich unter Betreuung durch Hans Patze seit 1975 Walter Baumann (1941-1990) bemüht. Umfangreiche diplomatische Untersuchungen und die Entwicklung bzw. Geschichte des Klosterarchivs sollten Kernpunkte einer geplanten Dissertation bilden. Unter der Belastung eines Hauptamts als Pfarrer in Bad Gandersheim blieb sie leider unvollendet.
Die Neuherausgabe der Walkenrieder Urkunden sollte dabei ein Nebenprodukt bilden. Rund 180 Urkundennummern waren bereits für den Druck vorbereitet, als der Tod Walter Baumann die Feder aus der Hand riss. Umso erfreulicher ist die rasche Fertigstellung des schwierigen Unterfangens durch den Bearbeiter.
Nach einem einleitenden Vorwort schildert er als erstes die Geschichte des Klosterarchivs, das bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts im Kloster selbst aufbewahrt wurde und nach verschiedenen Wirren 1843 hauptsächlich nach Wolfenbüttel kam. Seine älteste und bis heute umfassendste Bearbeitung fand es bereits 1473 in einem Regestenwerk des Priors Heinrich Dringenberg. Bei der Edition des 19. Jahrhunderts verhinderten Spannungen unter den Beteiligten, dass ein abschließender dritter Band zustande kam.
Im Anschluss hieran legt der Bearbeiter die einleuchtenden Grundsätze der Textgestaltung offen. Berücksichtigt sind die vom Kloster empfangenen und in seinem Archiv verwahrten Urkunden sowie nach Möglichkeit alle Stücke, die einst ihren legitimen Platz im Klosterarchiv hatten. Der Urkundentext wird nach dem Original oder der ältesten Überlieferung wiedergegeben.
Das anschließende Verzeichnis der Quellen nennt insgesamt 27 unterschiedliche Bestände, darunter auch Dringenbergs Register von 1473. Ihm folgt ein übersichtliches Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur. In einer Konkordanz werden die einzelnen Stücke in Grotefends Edition und der neuen Publikation einander benutzerfreundlich gegenübergestellt.
Der Editionsteil beginnt mit der Bestätigung Bischof Hezilos von Hildesheim (1054-5. August 1079), dass er die von Sidag und Hazecha in Goslar gegründete Kirche (St. Cäcilie) geweiht und ihr das Tauf- und Begräbnisrecht für die Stifterfamilie gewährt hat. Dem folgen bis zum 3. August 1300 728 weitere (lateinische) Urkunden. Ziemlich genau 100 entstammen dabei allein dem letzten Jahrzehnt.
Im Anhang gibt der Bearbeiter einen sehr ausführlichen Index der Personen- und Ortsnamen. Etwas knapper wirkt der wertvolle Index ausgewählter Sachen und Wörter, der die bekannten Pfleghaften in der Nummer 83 nachweist. Den Siegelkundler wird besonders auch das alphabetisch geordnete Verzeichnis aller an den Urkunden erhaltenen 304 Siegel erfreuen.
Beiden Bearbeitern ist die deutsche Landesgeschichte zu großem Dank verpflichtet. Urkundenbücher erscheinen in der Gegenwart nicht mehr so häufig wie in den Aufbruchsphasen. Umso mehr ist Josef Dolle eine erfolgreiche Fortsetzung seiner wichtigen Leistung zu wünschen.
Innsbruck Gerhard Köbler