Der hier anzuzeigende Sammelband geht aus einem historischen
Forschungsprojekt der Philosophischen Fakultät der Universität Rom hervor. In
einer ganzen Reihe von Beiträgen wird die Geschichte und das Wirken des
römischen „Studium“ bis zum Ende des vergangenen Jahrhunderts kurz präsentiert.
Die zwei Herausgeberinnen sind Historikerinnen der Neuzeit an der
Philosophischen Fakultät der Universität Rom. Der Band wird von einem Vorwort
des derzeitigen Dekans eingeleitet. Die Universität Rom in der eigentlichen
derzeitigen Struktur beginnt formell mit der piemontesischen Besetzung von Rom
im Jahre 1870. Bis dahin kannte Rom ein pontifizisches Studium mit einer Unzahl
von Fakultäten. Eine Universität im eigentlichen historischen Sinne als
Korporation nämlich und Universitas war das römische „Studium“ in den
Jahrhunderten davor jedoch nicht. Die Nähe des Papstes und die Sonderstellung
der Stadt Rom hat also dem römischen „Studium“ eine besondere Eigenart
verliehen. Der Band betrifft ausschließlich die Philosophische Fakultät und das
Studium der artes liberales. Erste Anfänge eines „Studiums“ in Rom datieren aus
dem 13. Jahrhundert. Den ersten Jahrhunderten ist der erste Abschnitt des
Bandes mit einigen Beiträgen etwa zu den frühen Anfängen (Lidia Capo, I primi
due secoli dello Studium Urbis, S.3ff. oder von Ivana Ait, Il finanziamento
dello Studium Urbis nel XV secolo: iniziative pontificie e interventi
dell’élite municipale, S.35ff.) gewidmet. Besonders interessant sind die
Beiträge von Maria Accame Lanzillotta, L’insegnamento di Pomponio Leto nello
Studium Urbis, S. 71ff. und von Maurizio Campanelli und Maria Agata Pincelli,
La lettura dei classici nello Studium Urbis tra Umanesimo e Rinascimento, S.
93ff., die sich mit dem Einfluß des Humanismus im 16. Jahrhundert befassen. Der
weitaus größte Teil des Bandes ist der modernen und zeitgenössischen Geschichte
der Philosophischen Fakultät gewidmet. Er beginnt mit dem Beitrag von Francesca
Loverci, Gli studi umanistici dal Rinascimento alla Controriforma, S. 199ff.,
der wiederum dem Einfluß der Renaissance im 16. Jahrhundert gewidmet ist, und
wird mit einer Unzahl von Beiträgen aus der Geschichte der Fakultät im 19.
Jahrhundert und in den letzten Jahrzehnten fortgesetzt. Hier seien etwa erwähnt
die Beiträge zu der napoleonischen Zeit von Paolo Alvazzi del Frate,
L’ordinamento della Facoltà di Lettere nel periodo napoleonico (1809-1814), S.
341ff., oder von Maria Rosa di Simone, La Facoltà umanistica dalla
restaurazione alla caduta dello Stato pontificio, S. 359ff. Besonders wichtig ist die Darstellung der
Situation während der faschistischen Zeit von Laura Cerasi, „Il centro massimo
degli studi in Italia”. Appunti sulla Facoltà di Lettere e Filosofia durante il
fascismo, S. 509ff. Eindrucksvoll
die zeitgenössischen, fast biographischen Berichte von Vanessa Roghi und
Albertina Vittoria, Un „santuario della scienza”: tradizione e rotture nella
Facoltà di Lettere e Filosofia dalla Liberazione al 1966, S. 567ff. über die
studentischen Unruhen Ende der 60er Jahre, welche die Veränderung der universitären
Landschaft in Italien einleiteten. Der Sammelband wird mit einem
historisch-statistischen Beitrag von Gabrielle Ciampi, Gli studenti della
Facoltà di Lettere e Filosofia: dati e notazioni, S. 629ff., über die
soziologische Zusammensetzung der Studenten in den Jahrzehnten des 20.
Jahrhunderts abgeschlossen. Hier werden nicht nur statistische Tabellen
angeführt, sondern auch gezielt biographische und bibliographische Angaben
gemacht, vor allem etwa zum Studium der Frauen am Anfang des 20. Jahrhunderts.
Die gesamte Publikation wird durch eine umfassende Bibliographie (S. 667ff.)
und ein Register der zitierten Autoren (S. 675ff.) abgerundet. Für die
Geschichte der italienischen Universität und vor allem für die Geschichte der
Kultur des Humanismus und der Renaissance sowie des Vereinigten Italienischen
Königreichs ist dieser Sammelband eine Fundgrube von interessanten
Informationen, die auch den deutschen Rechtshistoriker ansprechen dürften.
Saarbrücken Filippo
Ranieri