Suarez Bilbao, Fernando, El Fuero Judiego en la España cristiana – las fuentes jurídicas siglos V-XV. Editorial Dykinson, Madrid 2000. 472 S.

 

Der Verfasser arbeitet verstärkt in der Geschichte der Judengesetzgebung. Die Untersuchung der Gesetzgebungsgeschichte hinsichtlich der jüdischen Religionsgemeinschaft wurde in Spanien aus unterschiedlichen Gründen stiefmütterlich behandelt. Zum einen wurde die jüdische Religionsgemeinschaft ab 1492 als solche offiziell nicht mehr anerkannt, woraufhin die jüdischen Gemeinden nach königlichem Recht keine existentielle Berechtigung mehr hatten, zum anderen erwies sich das Studium der jüdischen Rechtsquellen als mühevoll. Daher widmete die spanische rechtshistorische Forschung diesem Thema keine Aufmerksamkeit. Die jüdischen Rechtsquellen basieren, wie die islamischen auch, vorwiegend auf religiösen Grundlagen. Tora und Talmud legen das Fundament für das Recht des jüdischen Volkes fest. Insofern beschäftigten sich wenige spanische Historiker und Rechtshistoriker mit diesem Gegenstand, da sie keinen Zugang zu ihm fanden. Doch auch was die Gesetzgebung hinsichtlich der Juden anbetrifft, stößt man auf der iberischen Halbinsel auf wenige Untersuchungen. Zurecht weist der Verfasser hier auf einen im 19. Jahrhundert auch in Spanien vorhandenen Antisemitismus hin. Er erwähnt einschlägige Literatur und beleuchtet die antijüdische Einstellung bei Historikern im 19. Jahrhundert. Umso wertvoller ist die Arbeit des Verfasserss hinsichtlich der Aufarbeitung dieser Fragestellung. Sie liefert einen wichtigen Bestandteil für das Verständnis von Gesetzgebung hinsichtlich Minderheiten auf der iberischen Halbinsel, und zwar zeitlich gesehen seit dem Frühmittelalter bis zum Regierungsantritt der Katholischen Könige. Die Geschichte des spanischen Judentums und der Umgang mit ihm ist in Spanien nämlich immer noch in gewissem Maße tabuisiert. Sich des Umstands bewusst zu werden, dass auch in Spanien Ungerechtigkeiten gesetzlich manifestiert wurden, gehört zweifellos zu einem Anfang einer auch in Spanien notwendigen Geschichtsaufarbeitung hinsichtlich antisemitischer Grundhaltungen.

 

Das Buch besteht aus zwei Hauptteilen. Zunächst stellt der Verfasser dar, wie im Verlauf des Frühmittelalters das Judentum in Spanien sesshaft wird und wie sich die Religionsgemeinschaft intern und nach außen hin entwickelt. Beginnend mit dem Westgotenreich schildert er die Entwicklung bis in das Jahr 1492. Hierbei geht er auf die Entstehung der einzelnen Gesetzgebungswerke der Monarchen in den Königreichen auf der iberischen Halbinsel ein (westgotische Gesetze, Foralgesetzgebung, Fuero Real, Leyes Nuevas, Espéculo, Siete Partidas, Leyes del Estilo, Ordenamiento de Alcala 1348, Gesetze des Jahres 1492) und erläutert deren Zustandekommen, Inhalt und Auswirkung. Hierbei berücksichtigt er auch soziale und wirtschaftliche Gesichtspunkte. Schon allein dadurch gelingt dem Verfasser ein einzigartiger Überblick über die Gesetzgebungsgeschichte auf der iberischen Halbinsel soweit sie Juden anbetrifft. Gleich zu Beginn stellt er fest, dass antijüdische Gesetzgebung in Spanien früh praktiziert wurde. So findet sich das erste Ausweisungsdekret bereits in der westgotischen Zeit. Im Gegensatz dazu zeigten sich die Muslime in den von ihnen eroberten Gebieten den Juden gegenüber tolerant, ja beteiligten sie sogar an einzelnen Verwaltungsämtern. Mit Einzug der Reconquista erklärt Ferdinand I., König von Kastilien und Léon, alle vor ihm erlassenen antijüdischen Gesetze für nichtig. Die finanzielle Unterstützung des Königtums zahlt sich für die Juden aus, sie werden ab sofort unter königlichen Schutz gestellt. Untertanen des Königs und Teil der christlichen Gemeinschaft, welche das Königreich bildet, werden sie jedoch aufgrund der fehlenden christlichen Eidesleistung nicht. Alfons X. versammelt zahlreiche jüdische Wissenschaftler um sich. Der wissenschaftlich äußerst rührige Monarch umgibt sich mit jüdischen Astronomen, Mathematikern und Naturwissenschaftlern und gelangt so zu neuen Erkenntnissen. Die Juden waren mithin für Spanien ein wichtiger Motor für Wissenschaft und Forschung. Im 13. Jahrhundert und 14. Jahrhundert erfährt der Schutz der Monarchen für die Juden ihren Höhepunkt, bevor die katholischen Könige verstärkt wiederum eine antijüdische Gesetzgebung erlassen und eine Verfolgung und Ausweisung der Juden mit Hilfe der Inquisition betreiben. Schon diese Ausführungen sind für den Leser gewinnbringend. Der erste Teil endet mit einer ausführlichen Bibliographie.

 

Besonders wertvoll ist der zweite Teil (S. 151ff.), in dem der Verfasser auf die einschlägigen Quellen hinweist und einschlägige Gesetze zusammenstellt. Vor allem die Aufzählung der einzelnen Fueros (regionale Gesetzessammlungen), welche die Juden betreffende Gesetzgebung aufweisen, ist für zukünftige Forschungen sehr instruktiv. Eine Sammlung der übrigen Gesetze und Protokolle der Ständeversammlungen, in denen sich die Juden betreffende Regelungen und Verordnungen finden, rundet das Werk ab.

 

Insgesamt ist das Werk für die spanische rechtsgeschichtliche Forschung von großem Wert. Sie ermöglicht weiteren Forschern Zugang zu einer Materie, die in den vergangenen Jahrzehnten nicht oder unzureichend Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen war. Dem Verfasser ist somit wiederum ein beachtliches Werk gelungen, das nicht nur in der spanischen rechtshistorischen Forschung Beachtung verdient.

 

 

Würzburg                                                                                                       Ignacio Czeguhn