Palladini, Fiammetta, La Biblioteca di Samuel
Pufendorf. Catalogo
dell’asta di Berlin del settembre 1697 (= Wolfenbütteler Schriften zur
Geschichte des Buchwesens 32). Harassowitz, Wiesbaden 1999. LXXIV, 660 S.
Die für profunde Arbelten über Pufendorf renommierte Autorin rekonstruiert in dem anzuzeigenden Band die Bibliothek Samuel Pufendorfs. Grundlage dieser Rekonstruktion ist der gedruckte Katalog der Versteigerung von Pufendorfs Bibliothek, die am 20. September 1697 und den darauffolgenden Tagen in Berlin stattgefunden hat. Das in der Niedersächsischen Landesbibliothek in Hannover unter der Signatur TA 6621 (6) aufbewahrte Exemplar des Versteigerungskataloges ist im Anhang des Buches als fotomechanischer Nachdruck wiedergegeben (S. 559 bis 660). Der „Catalogus“ umfasst geordnet nach Formaten von Duodez bis Folio mit je eigener Numerierung ‑ aber sonst ohne ersichtliche Ordnung ‑ insgesamt 1911 Werke (unita bibliografiche) (in 1663 Bänden, von denen also einige mehr als ein Werk enthielten). Davon werden in der Regel Autor (oft nur mit Nachnamen), ein abgekürzter Titel sowie Erscheinungsort und Erscheinungsjahr angegeben.
Zur Rechtfertigung ihres
Unternehmens beschwört Palladini die Aktualität Pufendorfs mit folgenden
Worten: „ein deutscher Bürger, der in europäischen Zusammenhängen dachte, er
sprach und las mindestens sechs Sprachen, wohnte zwanzig Jahre im Ausland und
berücksichtigte in seinem Werk nicht nur die Lage und die Interessen seiner
Heimat, sondern eben die ganz Europas“ (Vorwort an den deutschen Leser).
Pufendorfs Bibliothek hat
früher bereits Detlef Döring eine Studie gewidmet: „Die Privatbibliothek Samuel
Pufendorfs (1632 ‑ 1694)“, in: Zentralblatt für Bibliothekswesen 104
(1990). Palladini selbst hat 1996 über ihre laufende Arbeit in einem gemeinsam
mit Gerald Hartung herausgegebenen Sammelband „Samuel Pufendorf und die
europäische Frühaufklärung“ (Berlin 1996, S. 11) in deutscher Sprache höchst
instruktiv berichtet. Unerklärlich bleibt, warum Palladini weder in einer
Fußnote noch im Literaturverzeichnis auf diesen Aufsatz hinweist, gibt er doch
für die Leser, die weniger sprachgewandt sind als Pufendorf, einen zwar kurzen,
aber doch höchst instruktiven Uberblick über den Inhalt der italienischen
„Introduzione“ in den Katalog (S. XIII ‑LXI).
Palladini hat jedes der in
dem Versteigerungskatalog nur sehr oberflächlich beschriebenen Bücher genau
identifiziert und beschrieben mit Angabe der Bibliotheken, in denen das Werk
aufzufinden ist, sowie unter Anführung von Sekundärliteratur und kurzen
Erläuterungen zum Inhalt. Nur von einem einzigen
Buch weiß man allerdings, wer
es gekauft hat und wo es geblieben ist. Die Suche nach Exemplaren, die
Pufendorf tatsächlich besessen hat, blieb erfolglos bis auf einige Stücke, die
bis zum zweiten Weltkrieg im Besitz der Berliner Staatsbibliothek waren.
Die meisten Bücher befinden
sich heute in öffentlichen Bibliotheken. Daher ist es aufschlussreich, daß
Palladini, soweit möglich, auch die Vorbesitzer angibt. So stammmen zum
Beispiel die meisten der in Pufendorfs Versteigerungskatalog vertretenen Werke,
von denen sich heute ein Exemplar in der Universitätsbibliothek in Göttingen
befindet, „ex libris Joachim Heinrich von Bülow“. Der Abdruck zahlreicher
Titelblätter der aufgelisteten Werke vermittelt zudem einen guten Eindruck von
den Originalen.
An erster Stelle unter den
Sachgebieten stehen historische Bücher. Die zweitgrößte Gruppe bilden
juristische Werke einschließlich des Naturrechts mit starker Betonung der
Humanisten. Dann folgen als dritte Gruppe 257 naturwissenschaftliche und
medizinische Bücher. Erst danach kommen Philosophie, Philologie und Theologie
und weitere Fächer.
Besondere Hervorhebung
verdient der reiche Bestand an medizinischen und naturwissenschaftlichen
Schriften. Das ist angesichts der engen Verbindung von Medizin und Philosophie
im 17. Jahrhundert zwar auf den ersten Blick nicht auffallend, ungewöhnlich
nach den Feststellungen von Palladini jedoch für die Bibliothek eines
Gelehrten, der nicht zugleich auch Arzt war.
Die Bibliothek war sicher
zur Zeit der Versteigerung nicht mehr vollständig. Auffallend ist zum Beispiel,
daß nur zwei Exemplare von „De iure naturae et gentium“ und kein einziges von
„De officio hominis et civis“ im Katalog genannt werden. Deutlich wird aber,
daß Pufendorfs Bibliothek für den täglichen Gebrauch bestimmt war. Diese
Beobachtung wird auch dadurch bestätigt, daß Pufendorf mit ganz geringen
Ausnahmen sämtliche Bücher, die er nach der von Horst Denzer zusammengestellten
Liste in „De iure naturae et gentium“ zitiert hat, auch selbst besessen hat. So
ist der von Palladini rekonstruierte Katalog der Bibliothek Pufendorfs durchaus
in der Lage, zuverlässige Auskunft über die geistigen Grundlagen von Pufendorfs
wissenschaftlichem Werk zu geben.
Köln Klaus
Luig