Michaels, Ralf, Sachzuordnung durch Kaufvertrag.
Traditionsprinzip, Konsensprinzip, ius ad rem in Geschichte, Theorie und geltendem Recht (= Schriften
zum bürgerlichen Recht 259). Duncker & Humblot, Berlin 2002. 474 S.
1. Auslösendes Moment dieser bei dem Passauer Rechtsvergleicher Klaus Schurig
entstandenen Dissertation waren, wie der Verfasser in einem Vorwort mitteilt,
Meinungsverschiedenheiten über die Bedeutung und den Wert des ius ad rem, eines
Rechtsinstituts also, das heute in Deutschland nur noch von antiquarischem Wert
zu sein scheint; der Verfasser will es beleben. In einer Einleitung, Kapitel 1,
S. 35-60, stellt sich der Verfasser die Frage, wieweit eine Sache dem Käufer
bereits vor der Übergabe oder Eintragung zugeordnet sei, also allein durch den
bloßen Kaufvertrag. Der Verfasser will diesem Problem der Zuordnung dadurch
nachgehen, daß er drei Fragen untersucht, auf welche
das ius ad rem eine
Antwort geben soll. Die erste Frage lautet „Konsens- oder Traditionsprinzip“?
Die angeblichen Vorteile des Vertragsprinzips und die angeblichen Nachteile des
Traditionsprinzips werden hier und auch in der Folge in einer Weise
herausgestellt, die offensichtlichen Nachteile des Vertragsprinzips so völlig übergangen,
daß sich der Verdacht aufdrängen könnte, der
Verfasser wolle dem Leser die Übereignung durch den bloßen Kaufvertrag
schmackhaft machen, was aber nicht der Fall ist. Die zweite Frage ist die nach
der Unterscheidung absoluter und relativer Rechte, die kein Recht zulasse, das
bisweilen dinglich, bisweilen persönlich sei. Der Verfasser meint, in allen
Rechtsordnungen gebe es Mischfiguren, wie z. B. die Treuhand, die man freilich
- jedenfalls im deutschen Recht - eher als das Ergebnis einer unzulänglichen Dogmatik
verstehen sollte[1].
Der Verfasser ist freilich der Ansicht, es sei ein Mangel der deutschen
Dogmatik, daß sie solche unsauberen Mischtypen nicht
akzeptiere. Die dritte Frage des Verfassers richtet sich auf den Gegensatz
„Anspruch auf Erfüllung in natura oder Anspruch auf Geldersatz“. Zutreffend
bemerkt der Verfasser, daß der Zusammenhang dieser
Frage mit den beiden anderen nicht ohne weiteres erkennbar sei; er meint aber
später, erst die Möglichkeit der Realexekution gegen den Verkäufer könne auch
ein Zugriffsrecht gegen den Zweitkäufer begründen. Dieser Schluß
ist freilich weder logisch korrekt noch historisch richtig. Die Römer gaben die
actio Pauliana
gegen einen dritten Erwerber, ohne eine Realexekution zu kennen; wir kennen
heute die Realexekution und geben doch nur in seltenen Fällen dem ersten gegen
den zweiten Erwerber einen Anspruch.
Schon
hier tritt ein Problem in Erscheinung, das sich auch weiterhin in der ganzen
Arbeit bemerkbar macht, die begriffliche Unklarheit nämlich, was unter der
„Zuordnung“ zu verstehen sei. Reicht dafür schon ein Anspruch auf die Sache aus
oder ist ein dingliches Recht erforderlich? Ordnet auch der Besitz die Sache
dem Besitzer zu, genügt auch ein deliktischer
Anspruch, um von einer Zuordnung einer Sache an den Geschützten zu sprechen?
Obwohl der Verfasser die Sachzuordnung auf den S. 51-55 erörtert, gewinnt der
Leser keine Klarheit. Der Verfasser meint etwa, ein dingliches Recht sei zur
Sachzuordnung nicht erforderlich, es reiche auch aus, daß
ein nur obligatorisch Berechtigter „tatsächlich wie ein dinglich Berechtigter
dastehe“. Was aber ist mit diesem Rätselwort gemeint? Keine Klarheit bringt
auch die Aussage, eine Sache sei dem zugeordnet, „der über sie selbst in ihrer
physischen Gestalt bestimmen könne“. Kann etwa der Inhaber eines ius ad rem, um
welches es dem Verfasser doch geht und das er als „quasi-dingliches Recht“
bezeichnet, über die Sache in ihrer physischen Gestalt bestimmen? Die Frage
wird nicht geklärt, möglicherweise absichtlich; denn auf diese Weise behält der
Beurteilende die größtmögliche Entscheidungsfreiheit bei der Beantwortung der
Frage nach der Sachzuordnung.
Der
Verfasser meint nun, die bisherige Behandlung der oben genannten drei Fragen
weise Schwächen auf, und stellt ihr seinen eigenen Ansatz entgegen: Er betont,
die Fragen seien bisher isoliert voneinander behandelt worden, er will sie nun
endlich im Zusammenhang erörtern. Dabei stellt er als Vorschlag drei Prinzipien
auf: 1. Im Innenverhältnis zum Verkäufer ist die Sache
dem Käufer schon durch den Kaufvertrag zugeordnet; das entspricht der deutschen
Rechtsordnung. 2. Im Außenverhältnis erfolgt die Zuordnung durch Übergabe oder
Eintragung; auch das entspricht der deutschen Rechtsordnung. 3. Die Zuordnung
im Innenverhältnis gilt auch gegenüber einem Dritten, wenn dieser sie kennt. Damit
ist nun das ius ad rem
angesprochen, das es im deutschen Recht nicht mehr gibt; als Anspruch des
Erstkäufers gegen den bösgläubigen Zweitkäufer, dem die Sache übereignet wurde,
kommt nur noch § 826 in Betracht.
Was
ist nun dieses ius ad rem, das
Gegenstand der Untersuchung des Verfassers ist? Es bedeutet ursprünglich nichts
anderes als den obligatorischen Anspruch auf Übergabe einer Sache, etwa des Käufers
oder des Mieters; der Verfasser beläßt diese Tatsache
zu sehr im Hintergrund. Das Allgemeine Landrecht bezeichnet dieses ius ad rem als
„Recht zur Sache“[2];
es stand damit im Gegensatz zum dinglichen ius in re, zum „Recht auf die Sache“, das
entsteht, wenn dem Inhaber des ius ad rem die Sache übergeben wird[3].
Man könnte meinen, daß dies der eigentliche
Gegenstand der Untersuchung des Verfassers sei, da er die Sachzuordnung durch
Kauf untersucht; das trifft jedoch nicht zu. Es gab neben diesem ursprünglichen
Begriff des ius ad rem im
gemeinen Recht einen anderen, späteren und engeren, und zwar im Zusammenhang
mit dem Doppelverkauf einer Sache. Wenn eine Sache verkauft war und dann vom
Verkäufer an einen zweiten Käufer verkauft wurde und ihm übergeben und
übereignet wurde, so konnte der erste Käufer dem zweiten die Sache abverlangen,
wenn dieser beim Erwerb den ersten Kaufvertrag gekannt hatte[4].
Auch dieses Forderungsrecht des ersten gegen den zweiten, bösgläubigen Käufer
nannte man bisweilen ius ad rem, und
mit diesem Begriff ist der Ausdruck beim Verfasser regelmäßig zu verbinden,
freilich nicht immer; auch hier soll der Ausdruck so verstanden werden.
Der
Verfasser meint nun, dieses ius ad rem, das er ohne weitere Überprüfung als „relativ dingliches
Recht“ versteht, stehe zwischen Konsens- und Traditionsprinzip, zwischen
dinglichem und persönlichem Recht und es hänge auch mit der Frage der
Naturalvollstreckung zusammen. Der Verfasser ist hier recht forsch und wenig vorsichtig,
denn die Bezeichnung ius ad rem
speziell für den Anspruch des ersten gegen den zweiten Käufer, die zur Annahme
eines dinglichen Rechts verführen kann, tritt erst relativ spät auf; zudem ist
nicht zu erkennen, warum der Anspruch des ersten Käufers gegen den zweiten mehr
als ein obligatorischer Anspruch sein soll, mehr als ein ius ad rem im ursprünglichen Sinn. Die
Literatur des Usus modernus
kennt den Ausdruck ius ad rem für
den Anspruch des ersten Käufers gegen den zweiten nicht und von einer
dinglichen Wirkung ist nirgends die Rede; ebenso steht es mit der Literatur des
Pandektenrechts, welche einen Anspruch des ersten Käufers gegen den zweiten
ohnehin ablehnt. Tut man dem Anspruch des ersten Käufers überhaupt die Ehre an,
ihm einen besonderen Namen zu geben, so spricht man etwa von der actio revocatoria in factum oder von einer actio in factum ex aequitate.
Selbst die Literatur zum preußischen Recht benutzt den Ausdruck ius ad rem in
diesem Sinne erst sehr spät, als sein unaufhaltsamer Niedergang bereits in
vollem Gang war. Noch Bornemann kennt 1842 diesen Terminus nicht[5],
Dernburg und Förster-Eccius
kennen ihn 1881 und 1892[6],
lehnen aber die angebliche Dinglichkeit dieses Anspruchs ab. Und in der Tat,
wie könnte ein Anspruch einer bestimmten Person gegen eine andere bestimmte Person
ein dingliches Recht sein!
Als
Vertreter der Dinglichkeit, und zwar der „relativen Dinglichkeit“ des ius ad rem wird
in der Literatur immer wieder Ziebarth genannt[7],
der jede Forderung, die in natura
vollstreckt werden kann und nicht nur in einen Schadensersatzanspruch in Geld
mündet, als ein relativ-dingliches Recht bezeichnet. „Dinglich“, weil eben in
der Zwangsvollstreckung auf die Sache selbst zugegriffen werden kann, relativ,
weil sich der Anspruch nur gegen einen konkreten Schuldner richtet. Da jedermann
die Definition der benutzten Termini freisteht, kann man eine obligatorische
Forderung auf Übergabe einer Sache als relativ-dingliches Recht bezeichnen; man
setzt sich aber dabei einmal der Gefahr der Verwechslung mit den Rechten aus,
die man normalerweise als dingliche zu bezeichnen pflegt. Schwerer noch wiegt
die Gefahr, daß man die Entstehungsgeschichte dieses
„relativ-dinglichen Rechts“ verdrängt und das ius ad rem tatsächlich wie ein dingliches
Recht behandelt. Ziebarths Ansicht wurde daher ganz
überwiegend abgelehnt. Folgt man ihm, so muß man bei
der Verwendung des Ausdrucks „dingliches Recht“ deutlich machen, daß man nicht ein dingliches Recht im üblichen Sinne meint,
sondern eben dieses spezielle vollstreckungsrechtliche „dingliche Recht“. Würde
man dagegen das ius ad rem ohne
weiteres als relativ-dingliches Recht bezeichnen, so beginge man den logischen
Fehler einer quaternio terminorum,
indem man beim logischen Schluß irrig vier statt drei
Begriffe benutzt[8].
Das ius ad rem mag
ein dingliches Recht gemäß Ziebarths besonderer
vollstreckungsrechtlicher Terminologie sein, es ist aber kein dingliches Recht
gemäß der allgemein benutzten Terminologie.
2. Im zweiten Kapitel (S. 61-200) geht der
Verfasser der Geschichte des ius ad rem nach, und zwar ausschließlich anhand der
Sekundärliteratur; die Quellen will oder kann er nicht verwenden. Warum er die
Geschichte so umfangreich behandelt, ist nicht recht klar, da er öfter
behauptet, es gehe ihm eigentlich gar nicht um die Geschichte, sondern um die
Dogmatik. Der Verfasser behandelt zuerst das römische Recht und erkennt eine
Zuordnung der Sache durch den reinen Kaufvertrag, und zwar allein aus der
Tatsache, daß der Käufer mit Abschluß
des Vertrages die Gefahr trug (periculum est emptoris) und daß ihm die Sachnutzungen gebührten. Bei dem weiten und
unbestimmten Zuordnungsbegriff des Verfassers ist eine solche Entscheidung möglich,
unklar ist, was daraus folgt: Ein dingliches Recht des Käufers sicher nicht.
Reine Wortspielerei ist jedenfalls die Behauptung, der Kaufvertrag sei nicht
die Voraussetzung dafür gewesen, daß die traditio das
Eigentum habe übergehen lassen; vielmehr habe umgekehrt schon der Kaufvertrag
selbst die Sache dem Käufer zugeordnet, die traditio habe die Zuordnung nur
zur Wirkung gebracht. Vor der traditio war die Zuordnung also wirkungslos! Auch die hier
und an vielen anderen Stellen auftauchende Behauptung, wegen der Möglichkeit
des Besitzkonstituts habe im römischen Recht im
Grunde das Vertragsprinzip geherrscht, trifft nicht zu. Der Kaufvertrag ist
kein Besitzkonstitut, die besitzrechtlichen Änderungen,
welche die Übergabe ersetzen, treten keineswegs durch den Kaufvertrag ein. In
ähnlicher Weise verläuft auch die Erörterung des germanischen Rechts, ein ius ad rem gab es
in beiden Rechtsordnungen nicht.
Die
Geschichte des ius ad rem beginnt
im Mittelalter. Der Verfasser schildert zunächst die bekannten Ansätze zum ius ad rem im
kanonischen Recht, dann im Lehnsrecht, und kommt
schließlich zum mittelalterlichen Zivilrecht. Er meint, die im Mittelalter
mögliche Naturalvollstreckung von Übergabeansprüchen habe eine „Zuordnung“ der
betroffenen Sache an den Gläubiger bewirkt; auch hier wird nicht klar, was der
Gläubiger von einer solchen Zuordnung hatte. Das ius ad rem erscheint zum ersten Mal bei
Baldus, er gab dem ersten Käufer gegen einen bösgläubigen zweiten einen
Herausgabeanspruch, und zwar in seinem Kommentar zum Codextitel de rev. his quae
in fraud. cred., das ist der Titel C 7, 75. Der Verfasser meint, ein
solches ius ad rem liege
zwischen Sachenrecht und Schuldrecht. Das ergibt sich allerdings weder aus den
römischen Quellen noch aus dem Kommentar des Baldus dazu; es ist bedauerlich, daß der Verfasser sich beides nicht angesehen hat. Der
Titel heißt de revocandis
his quae per fraudem alienata sunt und handelt
somit von der arglistigen Gläubigerbenachteiligung; mit dinglichen Rechten hat
er nichts zu schaffen. Denn der hier dem ersten Käufer gewährte Anspruch
richtete sich keineswegs gegen beliebige Dritte, nicht etwa gegen einen Dieb,
der dem Verkäufer die Sache stiehlt; er richtete sich ausschließlich gegen den
zweiten Käufer; er war auch nicht konkursfest. Baldus betont, daß der zweite Käufer Eigentümer geworden war und daß die Klage gegen ihn auf der fraus (Arglist) beruhe, die der
Verkäufer und der zweite Käufer begangen hätten. Es handelte sich somit um
Ansprüche, die Rechtshandlungen rückgängig machten, durch welche Gläubiger benachteiligt
wurden; Ansprüche, welche später im Anfechtungsgesetz von 1879 und in den
§§ 29ff. der Konkursordnung von 1879 geregelt wurden[9],
auf welche der Verfasser allerdings nicht eingeht. Durch diese Ansprüche soll
eine veräußerte Sache der haftenden Vermögensmasse wieder zugeführt und dadurch
dem Zugriff des Gläubigers freigegeben werden. Mit einem dinglichen Recht, das
- wie der Verfasser meint - zwischen Sachenrecht und Schuldrecht stehe, hat das
alles nichts zu tun.
Anschließend
befaßt sich der Verfasser mit dem ius ad rem im gemeinen Recht, im Naturrecht
und in den naturrechtlichen Kodifikationen, wiederum leider ausschließlich
anhand der Sekundärliteratur. Im Naturrecht wurde das Eigentum seit Grotius durch den bloßen Kaufvertrag übertragen, eine Regelung,
die offenbar auch der Verfasser favorisiert, weil sie „die einfachste“ sei; das
Problem des Doppelverkaufs war damit in der Tat auf einfache, aber unbefriedigende
Weise gelöst: Der erste Käufer wurde Eigentümer, der zweite erlangte nichts.
Für das „gemeine Recht“ - der Unterschied zum Usus modernus bleibt unklar - behandelt
er die Titulus-Modus-Lehre, wobei er im Titulus eine „unvollständig sachzuordnende
Funktion“ entdeckt, was freilich nichts anderes heißt, als daß
die Sachzuordnung erst durch den nachfolgenden Modus geschah. Das ius ad rem des
ersten gegen den bösgläubigen zweiten Käufer war - allerdings nicht unter
dieser Bezeichnung - weitgehend anerkannt, wenn auch zu keiner Zeit
unbestritten. Die deutschsprachigen naturrechtlichen Kodifikationen, insbesondere
das preußische Allgemeine Landrecht, kannten ebenso wie das gemeine Recht das ius ad rem, ohne
diesen Ausdruck zu benutzen. Allerdings hatte Svarez es
nicht in sein Gesetzbuch aufnehmen wollen, er wollte dem ersten Käufer nur
einen Anspruch auf Schadensersatz gegen den Verkäufer geben. Er setzte sich
damit allerdings nicht durch, Bornemann begrüßte das: Svarez
habe zwar die Konsequenz des Rechts für sich gehabt, gesiegt aber habe die Konsequenz
der Sittlichkeit. Die rechtliche Natur des ius ad rem war in der preußischen Rechtswissenschaft
streitig, vgl. oben; die h. M. hielt es nicht für ein dingliches Recht, sondern
für eine Art der actio doli. Das österreichische
Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch kennt ein ius ad rem zum Schutz des ersten Käufers
nicht, ein Schutz ist nur über das Deliktsrecht möglich. Dagegen ließ der französische
Code civil das Eigentum bereits mit Abschluß des
Kaufvertrags übergehen, was der Verfasser - wohl zu Recht - auf den Einfluß des Naturrechts zurückführt. Das ius ad rem war
damit, wie der Verfasser feststellt, zum Eigentum geworden, das allerdings
durch einen gutgläubigen Zweiterwerb gefährdet war.
Als
letzten Abschnitt des historischen Teils behandelt der Verfasser den
„Niedergang des ius ad rem“
in Deutschland; er führt ihn zutreffend auf den Einfluß
des römischen Rechts in der historischen Rechtsschule zurück und behandelt
dabei die Entwicklung des dinglichen Vertrages durch von Savigny sowie Ziebarths Lehre von der Realexekution, wonach jede real
vollstreckbare Forderung relativ-dinglich sei und daher auch gegen Dritte -
eigentlich aber doch nur gegen den Zweitkäufer - wirken müsse unter der
Voraussetzung, daß dieser den ersten Kaufvertrag gekannt
habe. Der Verfasser bedauert offenbar den Niedergang des ius ad rem und meint, gegen die Dinglichkeit
spreche nicht, daß das Recht sich nur gegen den
Zweitkäufer richte, ein solches Argument verwechsle Dinglichkeit und Absolutheit
des Rechts. Aber wenn man auch beide Begriffe voneinander trennen kann, so ist
doch ein dingliches Recht, das nur einem bestimmten Gläubiger zusteht und sich
nur gegen einen bestimmten Schuldner richtet, ein Widerspruch in sich. Im
preußischen Eigentumserwerbsgesetz von 1872 wurde das ius ad rem für Grundstücke abgeschafft, die
Vormerkung übernahm seine Funktion und erfüllt sie in vollkommenerer Weise, als
dies das ius ad rem
gekonnt hatte. Für bewegliche Sachen wurde das ius ad rem in ganz Deutschland durch das
Bürgerliche Gesetzbuc abgeschafft. Der Verfasser
behandelt nun „Versuche der Wiedereinführung“ des ius ad rem, die insgesamt keinen Erfolg
hatten. Er kommt dann zu den Versuchen der „Verdinglichung obligatorischer
Rechte“, die aber mit einem ius ad rem nichts zu schaffen haben. Abschließend erörtert er Alternativen
zum ius ad rem im
heutigen Privatrecht, das er in Deutschland in der Anwendung des § 826 findet
und in anderen Ländern in entsprechenden Regelungen.
3. Im folgenden Kapitel 3, S. 201 - 281,
„Theorie“, will der Verfasser die Sachzuordnung durch Kauf anhand der in der
Einleitung genannt drei Prinzipien (vgl. oben S. 2) dogmatisch begründen. Er
behandelt zunächst das Verhältnis von Eigentum und Besitz bzw. Eintragung und
untersucht, ob beides „logisch zusammenhängt“. Das ist natürlich nicht der
Fall, was der Verfasser auf den „modernen besitzunabhängigen Begriff des
Eigentums“ zurückführt, was auch immer das sein mag. Der Verfasser meint, im
römischen Recht habe es keine privatautonome Übereignung gegeben, sondern mit mancipatio und in iure cessio nur einen gesetzlichen Eigentumsübergang mit
Übergabe; wo es dagegen - wie heute - eine privatautonome Übereignung gebe, sei
die Übergabe überflüssig. Indessen waren mancipatio und in iure cessio vielleicht der Form nach „gesetzliche
Übereignungsformen“, der Sache nach waren sie Rechtsgeschäfte, und daß sie zu ihrer Wirksamkeit der traditio bedurften, ist nirgends
gesagt. Zudem kann eine privatautonome Übereignung eine Übergabe fordern oder
nicht, mir gelingt es nicht, hier einen Zusammenhang mit dem „modernen
Eigentumsbegriff“ zu erkennen. Auch wenn man Eigentum und Besitz als
voneinander unabhängige Begriffe sieht, folgt daraus nichts für die beste,
praktikabelste Art der Übereignung.
Im
zweiten Abschnitt untersucht der Verfasser „Interessen und Ökonomie“ des Problems.
Was die Interessenanalyse betrifft, so meint er zum ersten Prinzip, für das
Innenverhältnis sei das Vertragssystem die beste Lösung, da sie die einfachste
sei. Da die Zuordnung im Verhältnis Verkäufer - Käufer auch im geltenden Recht
weitgehend bereits mit dem Kaufvertrag geschieht, leuchtet das ein. Der Käufer
hat einen Anspruch auf Übertragung der Sache; ist er in deren Besitz, so hat er
ein Recht zum Besitz gegenüber dem Verkäufer; kommt die Sache gegen seinen
Willen zum Verkäufer oder zu einem Dritten, so hat er Herausgabe- und Schadensersatzansprüche
nach §§ 1007, 823 I. Eine Ausnahme besteht allerdings gemäß § 446 für
die Nutzungen und für die Gefahr- und Lastentragung. Im Außenverhältnis, zur
Erlangung der Drittwirkung, vgl. das zweite Prinzip, bedarf es für den Eigentumsübergang
aufgrund des Publizitätsprinzips der Übergabe. Was das dritte Prinzip betrifft,
welches das ius ad rem zum
Inhalt hat, so soll auch hier das Vertragsprinzip gelten, obwohl die Wirkung
über das Innenverhältnis hinausgeht, und zwar wegen „des Arguments der
Einfachheit“. Schließlich wirke das ius ad rem nur gegen den, der den ersten Kauf kennt, und der
müsse nicht mehr durch Publizitätserfordernisse gewarnt werden. Der Verfasser
sieht somit - wie zu erwarten war - seine anfangs aufgestellten drei Prinzipien
durch die Interessenanalyse bestätigt, und dasselbe gilt nochmals für die
„ökonomische Analyse“.
Im
dritten und letzten Abschnitt dieses Kapitels behandelt der Verfasser die
Dogmatik. Hier will er nachweisen, daß die
Unterscheidung zwischen obligatorischen (relativ-persönlichen) und dinglichen
(absolut-dinglichen) Rechten falsch ist und daß ein
Anspruch auf Übereignung einer Sache (obligatio dandi) ein relativ-dingliches Recht sei. Er meint, wenn
es eine Verdinglichung obligatorischer Rechte gebe, müsse diese Unterscheidung
aufgegeben werden. Das ist mir nicht klar, denn wenn ein obligatorisches Recht
verdinglicht ist, ist es eben dinglich, und für die Einordnung als dingliches
Recht gibt es eindeutige Kriterien. Wenn der Verfasser meint, über die differentia specifica der
dinglichen Rechte (Sachzuordnung, Ausschlußwirkung)
bestehe Streit und daher habe man über deren Einordnung keine Einigkeit
erzielt, so macht er es sich zu leicht. Es gibt in der Jurisprudenz keine noch
so fundierte Meinung, die keinen Widerspruch erfahren hätte; über das Wesen der
Dinglichkeit mag es in Einzelfragen Streit geben, über die wesentliche
Kriterien besteht weitgehend Einigkeit. Statt die verschiedenen Definitionen
des Eigentums zu erörtern, hätte der Verfasser besser auf § 903
zurückgegriffen, der die wesentlichen Befugnisse des dinglich Berechtigten
umschreibt. Und was die Absolutheit dinglicher Rechte betrifft, so erscheinen
die Einwendungen, welche der Verfasser zitiert, eher albern denn als wirkliche
Einwände: Das dingliche Recht macht sich gegen den geltend, er es verletzen
will oder verletzt, nicht gegenüber dem „Neger am Stanlay-Pool“
oder dem „Noeforezen an der Geelvinksbay“;
es sei denn diese wollten mir eine Sache wegnehmen.
Und
wer die allgemeine Drittwirkung dinglicher Rechte betont, vergißt
auch keineswegs den Inhalt des Rechts, wie der Verfasser meint. Der Eigentümer
kann gemäß § 903 die Sache in jeder Weise verwenden, der Pfandgläubiger
kann sie verwerten, vgl. § 1204, der Nießbraucher kann sie nutzen, § 1030,
usw. Freilich gibt es unsaubere Zwischenformen zwischen dinglichen und
obligatorischen Rechte, die der Gesetzgeber oder die Rechtswissenschaft in
ihrer Unvollkommenheit geschaffen haben, wie etwa die Grundstücksmiete oder das
Treuhandeigentum. Dagegen sind die Vormerkung, das Vorkaufsrecht und das
obligatorische Besitzrecht keine solchen Zwischenformen. Das Vorkaufsrecht und
die Vormerkung sichern einen Anspruch, so wie die Hypothek auch, es handelt
sich um dingliche Rechte zur Sicherung eines obligatorischen Anspruchs[10].
Und das obligatorische Besitzrecht schafft in Nachfolge des preußischen Rechts
nach § 1007 ein dingliches Recht mit Drittwirkung[11].
Und selbst wenn es noch weitere unsaubere Zwischenformen gäbe, spräche das
nicht gegen die Einteilung in dingliche und obligatorische Rechte, sondern für
die Abschaffung dieser Zwischenformen.
Der
Verfasser versucht nun eine eigene, neue Systematisierung. Er unterscheidet
absolute und relative Rechte bezüglich der Richtung (gegen den Schuldner, gegen
jeden Dritten) und meint, das Recht bewirke eine Zuordnung. Das erscheint mir
nicht so, denn ein Recht ist dem zugeordnet, der es hat; einer weiteren Zuordnung
des Rechts bedarf es nicht[12].
Er kommt zu dem Ergebnis, die Forderung sei - wie das Eigentum - absolut, weil
sie dem Inhaber zugeordnet sei, daneben sei sie relativ, weil sie eine
Beziehung zum Schuldner begründe, also gewissermaßen absolut-relativ; dagegen
wäre dann wohl das dingliche Recht absolut-absolut. Daneben unterscheidet der
Verfasser zwischen persönlichen und dinglichen Rechten, nach dem Inhalt des
Rechts: Dinglich ist ein Recht, das eine Sache oder einen Gegenstand zuordnet,
persönlich ist ein Recht, das eine Person zuordnet. Die persönliche Rechte seien zudem untrennbar mit der Person verknüpft, das gelte
auch für Forderungen. Denn wenn sie auch abtretbar seien, so hätten sie doch
auch absoluten Charakter, seien dinglich; freilich weiß man nun nicht mehr so
recht, ob man die absolut-relative Forderung eigentlich den persönlichen oder
den dinglichen Rechten zuordnen soll; der Verfasser beginnt sich im Geflecht
seiner selbstentworfenen Definitionen zu verheddern.
Anschließend
wendet sich der Verfasser der obligatio dandi zu, der Verpflichtung des Käufers etwa zur
Übereignung der Sache, die nach seiner Meinung bereits eine Sachzuordnung bewirke;
dadurch findet Ziebarths Lehre eine späte Zustimmung.
Er meint, die Naturalexekution setze eine Zuordnung voraus, wofür er sich auf
das französische und das englische Recht beruft. Ich wäre freilich für das
deutsche Recht nicht bereit, das zuzugestehen, wenn damit gemäß dem üblichen
Sprachgebrauch ein dingliches Recht gemeint sein sollte. Ich möchte ferner
nicht zugestehen, daß der Verkäufer rechtmäßig eine
Sache nur einmal verkaufen kann, weil er damit bereits einen Teil seiner
Verfügungsgewalt aufgebe, so daß ein zweiter Verkauf
dem ersten Käufer etwas von seiner Position wegnehme. Der Verfasser schließt
das jedoch daraus, daß der erste Käufer bereits ein
dingliches Recht an der gekauften Sache habe. Kann er das durch den zweiten
Verkauf verloren haben, etwa durch gutgläubig lastenfreien Erwerb des zweiten
Käufers? Ich möchte das eher offenlassen. Für den Fall des Doppelverkaufs will
der Verfasser in dem Abschlußteil „Formulierung einer
neuen Dogmatik der Sachzuordnung“ dem ersten Käufer den Vorrang geben, wenn der
zweite bösgläubig ist. Er meint, diese Entscheidung beruhe auf logischer
Notwendigkeit, weil der erste Käufer kein fremdes Forderungsrecht gefährden
könne, weil keines besteht. Mir erscheint das als ein sehr eigenartiges
Argument und keineswegs überzeugend.
4. Im vierten Kapitel, S. 282 - 425, kommt der
Verfasser zum geltenden Recht, er will aufzeigen, daß
auch im deutschen Recht das Trennungs- und Traditionsprinzip nicht zur Wirkung
komme und schon der Kaufvertrag eine „unvollständige Sachzuordnung“ bewirke und
daher das ius ad rem
weiterlebe. Dazu erörtert er zuerst den „konsensualen
Eigentumserwerb gemäß § 930“ und bemüht sich nachzuweisen, daß die Übereignung durch Besitzkonstitut
der Übereignung nach dem Vertragsprinzip gleichzusetzen sei, daß der erste Käufer aber auch ohne Besitzkonstitut
und Eigentumsübergang berechtigt sein müsse, die gekaufte Sache von einem
bösgläubigen zweiten Käufer herauszuverlangen. Aber der Kaufvertrag ist kein Besitzkonstitut, wie schon dargelegt wurde, und der Käufer,
dem die Sache nicht übereignet wurde, hat kein dingliches Recht gegen einen
zweiten Käufer, selbst wenn dieser vom ersten Kauf wußte.
Denkbar ist allenfalls ein Anspruch aus § 826.
Im
nächsten Teil bemüht sich der Verfasser um den Nachweis, die Vormerkung stehe
zwischen Schuldrecht und Sachenrecht und sei daher für die herrschende Dogmatik
nicht zu erklären; sie stelle eine Art ius ad rem dar. Tatsächlich aber paßt
die Vormerkung als dingliches Recht sehr gut in die Kategorie der dinglichen
Rechte, was der Verfasser freilich nicht wahrhaben will und gemäß dem Ziel
seiner Arbeit auch nicht darf. Er betont die Bedeutung der gesicherten Forderung
und meint, die Vormerkung sei nur ein Attribut der Forderung. Aber die Vormerkung
kann wie ein dingliches Recht gutgläubig erworben werden und wirkt gegenüber
Dritten durch den Anspruch aus § 888 I, und es hilft auch nichts, wenn man
diese Tatsache durch die Bezeichnung „grundbuchrechtlicher Hilfsanspruch“
verschleiern will. Die Vormerkung ist ebensowenig ein
schuldrechtlicher Anspruch mit Attribut wie die Hypothek. Dagegen kann man
nicht einwenden, der Vergleich mit der Hypothek sei nicht zulässig, eine Hypothek
könne auch ohne Forderung bestehen, die Vormerkung dagegen nicht. Die
Grundschuld und die Verkehrshypothek können nur deshalb ohne Forderung
bestehen, weil sie nicht oder nur eingeschränkt akzessorisch
sind. Die Sicherungshypothek dagegen kann ebensowenig
ohne Forderung bestehen wie die Vormerkung. Der Verfasser leitet nun die Sachzuordnung
nicht aus der Vormerkung ab, sondern aus der gesicherten Forderung selbst, die
Vormerkung dagegen bewirke nur einen Sukzessionschutz.
Immerhin kann die Forderung nicht gegen Dritte geltend gemacht werden, die
Vormerkung sehr wohl, und das scheint mir das Charakteristikum der dinglichen
Rechte zu sein.
Im
dritten Teil kommt der Verfasser zum Veräußerungsverbot, in welchem er
ebenfalls eine Art ius ad rem
erkennen will, welche auf der verdinglichenden Wirkung der obligatio dandi beruhe. Wenn beim Doppelverkauf
der Erstkäufer ein Verfügungsverbot erlangt habe, dann soll der Zweitkäufer nur
dann ein Verfügungsverbot durch einstweilige Verfügung erlangen können, wenn er
beim Vertragsschluß bösgläubig war, also vom ersten
Kaufvertrag wußte. Damit wäre in der Tat gegen den
Willen des Gesetzes das ius ad rem wieder
eingeführt.
Im
vierten Teil dieses Kapitels untersucht der Verfasser den „Schutz des bloß
obligatorisch berechtigten Käufers“, er will prüfen, inwieweit der Gesetzgeber,
obwohl er das ius ad rem abgeschafft
hat, dieses wertungsmäßig doch übernommen habe. Dazu
erörtert er die „Sachzuordnung im Innenverhältnis“, die „Sachzuordnung im
Doppelverkauf“, die Zwangsvollstreckung sowie den Konkurs des Verkäufers. Er
will zunächst nachweisen, daß schon der Kaufvertrag
eine Sachzuordnung an den Käufer bewirke. Zur Sachzuordnung im Innenverhältnis
stellt er fest, daß die Parteien vertraglich
vereinbaren können, daß der Käufer im Innenverhältnis
zum Verkäufer die Position eines Eigentümers haben soll; das trifft sicher zu.
Gegen eine Zuordnung durch Kaufvertrag soll auch § 446 nicht sprechen,
wonach die Nutzungen und die Gefahr noch dem Verkäufer zugeordnet sind; denn §
446 solle die Frage der Nutzungen und der Gefahr unabhängig von der Zuordnung
regeln. Das ist indessen nur einer der - auch sonst anzutreffenden - Versuche
des Verfassers, durch verbale Kunststücke die Zusammenhänge zu verschleiern:
Wenn die Regelung des § 446 von der Sachzuordnung unabhängig ist, dann
heißt das nicht anderes, als daß dem Käufer die Sache
bezüglich Nutzungen und Gefahr noch nicht zugeordnet ist; die Zuordnung besteht
insoweit noch nicht.
Der
Verfasser kommt nun zum Doppelverkauf und sucht nach Kriterien, welche der
relativen Zuordnung im Innenverhältnis Drittwirkung geben können. Er prüft als
erstes das Deliktsrecht und meint, § 823 I scheide aus, weil die Haftung des
Zweitkäufers für Fahrlässigkeit zu weit gehe. Einschlägig dagegen könne § 826
sein, wenn man in einem wissentlichen Ankauf einer bereits verkauften Sache
eine sittenwidrige Schädigung des Erstkäufers sehen könne. Die h.M. fordert indessen zur Anwendung des § 826 mehr,
eine „vertragsfeindliche Gesinnung“, welche darauf gerichtet ist, den Erwerb
des Erstkäufers zu verhindern, und die über das bloße Erwerbsinteresse des
Zweitkäufers hinausgeht. Da § 826 die einzige Anspruchsgrundlage ist, mit
welcher im geltenden Recht noch das Ergebnis des ius ad rem erreicht werden könnte, muß sich der Verfasser konsequent gegen diese strengere
Auslegung wenden. Er setzt sich für eine Anwendung ein bei jedem Verleiten zum
Vertragsbruch, auch wenn der Verkäufer dabei nur den eigenen Erwerbsinteressen
folgt, und meint, eine solche Entscheidung entspreche auch den vorliegenden
Interessen: Denn die Zuordnung der Sache zum Erstkäufer müsse auch im Verhältnis
zu einem bösgläubigen Zweitkäufer beachtet werden, damit kein „systematischer
Bruch“ entstehe. Das ist freilich ein Zirkelschluß,
der ius ad rem
voraussetzt, das dann aus § 826 gewonnen werden soll. So wird aus einer
„Zuordnung im Innenverhältnis“ unter der Hand ein auch gegenüber Dritten
schutzwürdiges dingliches Recht des Erstkäufers.
Abschließend
behandelt der Verfasser die Bedeutung des Erfüllungsanspruchs des Käufers in
Zwangsvollstreckung und Konkurs. Der Anspruch wird in beiden Fällen nicht einem
dinglichen Recht gleichgestellt, was der Verfasser nicht für interessengerecht
hält. Er meint, dem Käufer müsse die Drittwiderspruchsklage zustehen, womit aus
der „relativen Zuordnung“ durch den Kaufvertrag im Ergebnis auch hier ein
dingliches Recht geworden wäre. Im Konkurs dagegen soll es bei einem
Geldanspruch des Käufers bleiben, doch schlägt der Verfasser vor, de lege
ferenda einen Aussonderungsanspruch zu gewähren.
Das
Buch schließt mit einer Zusammenfassung der Ergebnisse, mit einem umfangreichen
Literaturverzeichnis, mit einem Sachverzeichnis und - nach italienischem
Vorbild - mit einem Namensverzeichnis, so daß jeder
nachsehen kann, ob er überhaupt und auch in gebührendem Umfang zitiert ist; es
ist freilich in jeder Hinsicht unvollständig[13].
5. Der Verfasser hat eine umfangreiche Schrift
vorgelegt, deren dogmatische Neuerung darin besteht, § 826 müsse beim
Doppelverkauf immer dann angewandt werden, wenn der zweite Käufer den ersten
Kauf gekannt habe. Ob zur Erzielung dieses Ergebnisses die gesamte Abhandlung
erforderlich war, kann man bezweifeln, doch kann man sie auch keineswegs als
überflüssig abtun. Selbst wenn der historische Teil nur die Sekundärliteratur
verwertet und nicht die Quellen und somit nichts eigentlich Neues bringt,
enthält er doch anregende und interessante Erörterungen. Daran ändert es auch
nichts, daß die Darstellungen der historischen
Rechtszustände nicht immer korrekt ist, daß die einzelnen Entwicklungsphasen nicht immer
hinreichend unterschieden und literarische Sondermeinungen verallgemeinert
werden. Bisweilen allerdings geht dem Verfasser die Phantasie durch, er bringt
Vermutungen und auch Unterstellungen, die auf mangelnder Quellenverwendung
beruhen. Dennoch erfährt der Leser interessante Anregungen zur Rechtsgeschichte
und Rechtsvergleichung, die einschlägige Literatur ist weitgehend erfaßt.
Über
die Auslegung des § 826 kann man streiten, die h. M. lehnt die Ansicht des
Verfassers ab, und zwar - wie mir scheint - mit gut vertretbaren Gründen.
Hierin nun ein Überleben des ius ad rem zu sehen, erscheint mir dagegen nicht vertretbar,
mag auch das Überleben dieses Rechtsinstituts eine verlockende, romantische
Vorstellung sein, die Wiederbelebung nämlich alter gemeinrechtlicher und
preußischer Rechtszustände. Zudem war das ius ad rem kein dingliches Recht, auch kein
quasi-dingliches, was die h. M. des 19. Jh. anerkannte; es diente mit der Gewährung
eines Anspruchs gegen den Zweitkäufer lediglich dem Schutz vor einem Doppelverkauf.
Insgesamt erscheint mir die Beweisführung des Verfassers wie ein großer, weiter
Zirkel. Der Anspruch des Erstkäufers gegen den bösgläubigen Zweitkäufer beginnt
im römischen Recht mit der actio Pauliana wegen Gläubigerbenachteiligung, der mit einem
Deliktsanspruch konkurrieren kann. Daraus wird im ius commune die actio revocatoria
in factum, die gegen Ende des 19. Jahrhunderts
die Bezeichnung ius ad rem
erhielt und bisweilen (selten!) als eine Art besondere Art dinglichen Rechts
angesehen wurde. Das ius ad rem wurde
dann abgeschafft, alle Wiederbelebungsversuche waren zwecklos. Der Verfasser
aber will dem ersten Käufer wieder ein ius ad rem gegen den zweiten bösgläubigen Käufer geben, ein
dingliches Recht, das sich aber nur in einem Deliktsanspruch kundtun kann: Es
soll sich in einem Anspruch aus § 826 äußern! Und daß
die Gewährung eines Anspruch aus § 826 gegen
jeden bösgläubigen zweiten Käufer gerechter sei als die Ansicht der h. M.,
empfinde ich nicht, wenn man auch sicherlich darüber streiten kann.
Die
Darstellungsweise des Verfassers ist oft breit und weitschweifig, durch
ungewöhnliche Terminologie versucht er seine Ergebnisse zu untermauern,
verwirrt jedoch dadurch den Leser. Die Erörterung wiederholt sich häufig, sie
ist bisweilen begrifflich unscharf und ungenau, die Schlüsse sind gelegentlich
nicht zwingend und wenig überzeugend. Die Bereitschaft zu Reformen kann beängstigend
sein, wenn etwa der Verfasser die Trennung Schuldrecht und Sachenrecht
beseitigen will, was nicht einmal unsere letzten Reformer gewagt haben. Alles
in allem stellt die Arbeit eine schwer zu lesende, aber anregende
wissenschaftliche Leistung dar, die wegen ihrer Verbindung von Geschichte und
Dogmatik auch für den Rechtshistoriker eine interessante Lektüre sein kann.
Trier Hans
Wieling
[1]Vgl. Wieling, Handbuch Sachenrecht I (1990), § 18.
[2] ALR I 2 § 124: „In so fern dergleichen persönliches Recht das Geben, oder die Gewährung einer bestimmten Sache, zum Gegenstand hat, wird es ein Recht zur Sache genannt.“
[3] ALR I 2 § 135: „Wenn demjenigen, der ein persönliches Recht zu einer Sache hat, der Besitz derselben auf den Grund dieses Rechts eingeräumt wird, so entsteht dadurch ein dingliches Recht auf die Sache“.
[4] ALR I 10 § 25: „Wer zur Zeit der Eintragung oder Übergabe den früher entstandenen Titel eines anderen weiß, kann zum Nachteile desselben die früher erhaltene Eintragung oder Übergabe nicht vorschützen“, vgl. auch ALR I 19 § 5.
[5] W. Bornemann, Systematische Darstellung des Preußischen Civilrechts II, 2. Aufl. 1842, § 115.
[6] Heinrich Dernburg, Lehrbuch des Preußischen Privatrechts und der Privatrechtsnormen des Reiches I, 3. Aufl. 1881, § 184; Förster/Eccius, Preußisches Privatrecht III, 6. Auflage 1892, S. 5 ff.
[7] Karl Ziebarth, Die Realexecution und die Obligation, 1866; ihm folgt Wilhelm von Brünneck, Über den Ursprung des sogenannten ius ad rem, 1869.
[8] Vgl. das Schulbeispiel: Odysseus war ein alter Fuchs, Füchse haben vier Beine, also hatte Odysseus vier Beine. Der Ausdruck „Fuchs“ wird hier mit zwei verschiedenen Begriffen verbunden: „schlauer Mensch“ und „Tier“.
[9] Jetzt in §§ 129 ff. InsO.
[10] Wieling, Sachenrecht, Lehrbuch, 4. Aufl. 2001, § 25 V, § 22 I 2.
[11] Wieling (s. Anm. 10), § 13.
[12] Es kann allenfalls eine Zuordnung von Gegenständen bewirken, wenn es nämlich ein absolutes Recht ist.
[13] Ich selbst bin zitiert.