Matsumoto, Naoko,
Polizeibegriff im Umbruch. Staatszwecklehre und Gewaltenteilungspraxis in der
Reichs- und Rheinbundpublizistik (= Studien zu Policey
und Policeywissenschaft). Klostermann, Frankfurt am
Main 1999. X, 274 S.
Die
Arbeit ist im Umfeld der Policey-Forschungen des
Max-Planck-Instituts für Europäische Rechtsgeschichte in Frankfurt/Main
entstanden, und zwar als Dissertation.
Insgesamt
hinterläßt die Arbeit einen zwiespältigen Eindruck,
nämlich dann, wenn man nach einem roten Faden sucht und sich nicht einfach der
interessanten Lektüre hingibt. Vom Untertitel „Staatszwecklehre und
Gewaltenteilungspraxis“ findet man vieles über erstere, aber über eine Praxis
reichlich wenig, zumal ja Matsumoto auch die
Grundlage der Praxis, nämlich die Gesetze, „nur ergänzend“ heranzieht (3).
Allerdings geht es bei weitem nicht bloß um die „Staatszwecklehre“, sondern
etwa auch um „Entkriminalisierung des Polizeyvergehens
und Polizeygerichtsbarkeit“ (60ff.) oder späterhin
auch um „Lexika im Aufschwung“ im Zusammenhang mit „Konversationslexikon“ und
„Staatslexikon“ (203ff.). Von den drei chronologischen Teilen „Jahrhundertwende
bis zum Ende des alten Reichs. 1789–1806“ (9–88), „Rheinbundzeit. 1806–1814“
(89–186) sowie „Ausblick: Der Deutsche Bund bis zur Märzrevolution. 1814–1848“
(187–225) zählt die Rheinbundzeit zum Kernstück der Arbeit. Der Einbruch, den
die Rheinbundzeit zufolge ihres französischen Einflusses oder jedenfalls
Vorbilds bewirkte, tritt plastisch zutage. Vergebens freilich sucht man hier
nach einer Begründung für eine Hauptthese im „Schluß“,
nämlich, das Jahr 1808 sei für die „Polizeybegriffsgeschichte“
von besonderer Bedeutung, was war „diese starke Veränderung von 1808“ (229)? An
diesem Diskurs konnten sich freilich „Nichtrheinbundgebiete“ nicht beteiligen,
nämlich einerseits „Napoleons Gegner wie Preußen und Österreich“ wie
andererseits „die von Frankreich besetzten linksrheinischen Gebiete“ (227):
Letzteres hätte einer Begründung bedurft, ersteres bedeutet doch wohl nicht, daß man sich nicht mit dem Polizeybegriff
weiter auseinandergesetzt hätte! Vielleicht unter einer anderen Bezeichnung?
Immerhin liefen in der Habsburgermonarchie vehemente Bemühungen, den erwähnten
„Politischen Kodex“ zu schaffen, woran Sonnenfels wesentlich beteiligt war, Matsumoto erwähnt diesen wichtigen Vertreter der Polizeywissenschaft praktisch nicht. Haupttitel, Untertitel
und Text stehen insgesamt in keinem rechten Verhältnis zueinander, vieles wird
geboten, nicht immer schlüssig, aber mit wertvollen Einsichten und
Informationen.
Wien Wilhelm
Brauneder