Kersten, Jens, Georg Jellinek und die klassische Staatslehre (= Beiträge zur Rechtsgeschichte des 20. Jahrhunderts 28). Mohr (Siebeck), Tübingen 2000. XX, 535 S.

 

Biographie und Werk Georg Jellineks haben in den letzten Jahren zunehmend erneut[1] Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Stellten dabei etwa Walter Pauly,[2] Michael Stolleis[3] und Christoph Schönberger[4] Jellinek in den wissenschaftsgeschichtlichen Zusammenhang mit der deutschen Staatsrechtslehre, so leuchteten Stefan Breuer und Andreas Anter Jellineks Position im Kontext von Soziologie[5] und wissenschaftlicher Politik[6] aus. Dagegen akzentuierte Klaus Kempter die biographische Perspektive, indem er die Geschichte der Familie Jellinek insgesamt untersuchte[7]. Ein von Stanley Paulson und Martin Schulte herausgegebener Sammelband[8] schließlich dokumentierte insbesondere die eindrucksvolle perspektivische Breite von Jellineks Werk, dessen Aktualität in der gegenwärtigen Debatte von Staatslehre und Staatsrechtslehre in jüngster Zeit mehrfach herausgestellt worden ist[9]. Gerade an diesem Punkt setzt die hier vorzustellende Arbeit von Jens Kersten an, die als Dissertation unter der Betreuung Bernhard Schlinks entstanden ist: Es ist die Frage nach dem Rezeptionserfolg des Klassikers Jellinek (5), der Kersten in seiner Arbeit nachgeht. Die Grundlage dieses Erfolges bilden aus der Sicht Kerstens drei Elemente: Die kompaktbegriffliche Vermittlung zwischen Faktizität und Normativität, die argumentative Offenheit ... der erklärten Gattungstypen und der Etatismus als Tradition der deutschen Staatsrechtslehre (5, 8f.) geben, so die These, Jellineks Staatslehre einen zeitlosen Wert und machen sie zu einem auch in der aktuellen Diskussion wesentlichen Text. Allerdings sieht auch Kersten die historische Distanz zwischen dem Klassikertext und dem heutigen Theoriestand (4). Um diese Distanz auszuloten und zum verallgemeinerungsfähigen Theoriekern Jellineks zu stoßen, analysiert Kersten im ersten Teil seiner Studie den lebens- und wissenschaftsgeschichtlichen Kontext des jellinekschen Werkes, damit auf diese Weise die Kontinuitäten und Brüche in seiner Staatslehre zum heutigen Theoriestand deutlich werden (12). Der zweite große Abschnitt der Arbeit ist der Methodologie Jellineks gewidmet, im Zentrum des dritten Teils stehen die materialen Inhalte von Jellineks Staatslehre, insbesondere sein Staatsbegriff, das Verhältnis zwischen Staat und Recht sowie seine Staatszwecklehre.

 

Ein Kapitel über Georg Jellineks soziale und politische Grunderfahrung (17-30) dient der biographischen Einführung. Die hier herausgestellte liberale Familientradition (17), die antisemitischen Diskrimierungen Jellineks an der Universität Wien und schließlich die intellektuelle Atmosphäre des von Max Weber, Ernst Troeltsch und Wilhelm Windelband dominierten bildungsbürgerlichen Milieus im Heidelberg des frühen 20. Jahrhunderts haben Jellineks biographischen Horizont entscheidend geprägt. Jellineks Verhältnis zur Tradition des staatsrechtlichen Positivismus (31) ist das folgende Kapitel gewidmet. Hierbei wird zunächst nach dem Verhältnis Jellineks zu Eduard Albrechts Lehren über die juristische Personalität des Staates[10] gefragt, um dann zu untersuchen, inwiefern Jellinek methodische Ansätze Carl Friedrich von Gerbers und Paul Labands übernahm. Die Struktur dieses Kapitels ist allerdings problematisch. Zwar werden die Aussagen Albrechts, Gerbers und Labands von Kersten mit sorgfältiger Präzision rekonstruiert und dabei die hierzu vertretenen Positionen der Literatur[11] bestätigt. Um Jellineks Überlegungen hiervon abzugrenzen, wird indes immer wieder auf Einzelanalysen seiner Texte verwiesen, die erst im zweiten oder dritten Teil von Kerstens Arbeit zu finden sind. Diese etwas zerrissene Struktur erschwert die Lektüre und wäre vermeidbar gewesen, wenn stattdessen die Frage nach der Verarbeitung älterer Kontinuitätslinien jeweils in den Zusammenhang mit der systematischen Werkanalyse gestellt worden wäre. Ganz abgesehen davon überschreitet Kersten an einem Punkt auch die Grenze von der textgebundenen Rekonstruktion Jellineks zur textfreien Spekulation: Ausführlich wird nämlich die Frage diskutiert, ob Otto Mayers Lehre vom Anstaltsstaat der Kritik Georg Jellineks standgehalten hätte (!) (49), was Kersten in der Tat bejaht. Das folgende Kapitel ist der Situation der allgemeinen Staatslehre in der Zeit um die Jahrhundertwende gewidmet. Der um 1900 einsetzende Neubeginn in der Staatsrechtslehre ist in neuerer Zeit mehrfach herausgearbeitet worden[12]. Kersten bestätigt diesen Befund in der Analyse des überkommenen Entwurfs Johann Caspar Bluntschlis[13] einerseits und der um 1900 neu entstehenden Entwürfe allgemeiner Staatslehren etwa Hermann Rehms[14] oder Richard Schmidts[15] andererseits. Auch Jellineks Staatslehre[16] wird in diesem Zusammenhang erstmals im Überblick vorgestellt, in ihrer Architektur mit den anderen Konzeptionen verglichen und dabei als das systematisch rundeste und methodisch reflektierteste Modell einer Vermittlung von Faktizität und Normativität bewertet (86). Die prägnante, aber trotzdem nie unpräzise Untersuchung Kerstens hätte in diesem Teil allerdings perspektivisch gewinnen können, wenn Jellineks Werk in den Zusammenhang mit parallelen Entwicklungen insbesondere in den Geschichtswissenschaften[17] gestellt worden wäre.

 

Im zweiten großen Abschnitt seiner Arbeit analysiert Kersten auf vier Ebenen die Methodologie, die Jellinek dem Entwurf seiner Allgemeinen Staatslehre zugrunde gelegt hat. Schon im Blick auf seinen Wissenschaftsbegriff zeigt sich, daß die Frage nach dem Verhältnis von Sein und Sollen in Jellineks Werk geradezu systemprägend wirkt. Empirische Erkenntnis wird von Jellinek als Basis wissenschaftlichen, auch rechtswissenschaftlichen Urteilens dargestellt, zugleich aber von der erklärenden und bewertenden Auseinandersetzung mit dem Untersuchungsgegenstand abgegrenzt. Auf diese Weise sichert der Rechtswissenschaftler Jellinek die Autonomie des juristischen Konstruktionsreservates (25 u. ö.) gegen den Zugriff der Empirie, insbesondere der Naturwissenschaften ab. Allerdings sieht Kersten im empirischen Teil des jellinekschen Wissenschaftsbegriffs eine politische Zielrichtung verborgen, sei doch die empirisch-naturwissenschaftliche Betrachtung für Jellinek auch auf Kritik und Änderung des Bestehenden gerichtet (99). Diese These ist allerdings auf der Basis der von Kersten zusammengetragenen, vor allem dem strafrechtlichen Frühwerk entnommenen Aussagen Jellineks nicht ganz überzeugend. Denn in keinem dieser Texte wird von Jellinek explizit der Anspruch eines kritischen Empirismus (99) formuliert, auch wenn selbstverständlich politische Werthaltungen wie Jellineks Antipathie gegenüber dem österreichischen Staat erkennbar werden. Die empirische Begründung von Jellineks Wissenschaftsbegriff reicht allerdings auch in seine Typenbildung  hinein, wie das folgende Kapitel zur Typenlehre zeigt. Der empirische Typus ordnet die Mannigfaltigkeit der Erscheinungen, indem er das Gemeinsame in ihnen logisch hervorhebt[18], fängt also die Vielfalt des (staatlichen) Seins ein. Der ideale Typus führt dagegen zu normativen Aussagen, soll er doch das vollkommene Wesen einer Gattung (104) beschreiben. Entscheidend ist damit in beiden Fällen die Auswahl des typisierend erfaßten Materials, für die Jellinek auf das Wesen des jeweils Betrachteten verweist, was Kersten treffend als das Zirkuläre des Wesensbegriffs kennzeichnet (113). Doch auch die Stärken des jellinekschen Typus, die Verbindung von Typenstabilität und Typenvariation als Grundlage einer offenen Begriffsbildung (118) arbeitet Kersten eindrucksvoll heraus: Da Jellinek mit dem Entwicklungstypus auch die Veränderlichkeit des Typus erfassen kann, kann seine Begrifflichkeit auch die zeitliche Veränderung erfassen: Die Typen selbst sind ... in den Fluss des historischen Geschehens gestellt; sie variieren nach den besonderen geschichtlichen Umständen, komplizieren sich, spalten sich in Arten und Unterarten[19]. Einen besonders wichtigen Beitrag liefert aber auch die vergleichende Analyse der Typenbildung bei Jellinek und Max Weber. Denn Kersten macht deutlich, daß die Unterschiede zwischen dem Konzept des weberschen Idealtypus einerseits und dem hierfür allgemein als Vorbild eingestuften empirischen Typus bei Jellinek andererseits größer sind als bislang[20] angenommen, reflektiert doch Jellinek auf gemeinsame und Weber auf besondere Merkmale sozialer Erscheinungen (134). Doch Kersten greift über die Rekonstruktion des historischen Jellinek hinaus. Zum Abschluss des Kapitels wird nämlich der Versuch unternommen darzulegen, daß Jellineks Typenlehre auch für die Erfassung gegenwärtiger Erscheinungsformen von Staatlichkeit fruchtbar gemacht und insbesondere zur Kategorisierung der Europäischen Union (138) benutzt werden kann. Dabei beruft sich Kersten auf die Entwicklungsoffenheit der erklärten Gattungsbegriffe bei Jellinek (143), um auf dieser Grundlage einen Vorschlag Christian Tomuschats zur kategorialen Öffnung des Bundesstaatsbegriffs[21] als Anwendungsfall einer Typenbildung jellinekscher Prägung darzustellen. Allerdings bleibt die Frage, ob die hier behauptete argumentative Parallele zwischen Jellinek und Tomuschat nicht in den Bereich des Artifiziellen hinein reicht. Denn der von Jellinek geformte Typus des Bundesstaats war nach dem Willen seines Schöpfers insgesamt national radiziert[22] und in seiner Struktur durch den Gegensatz zum Typus des Staatenbundes geprägt[23]. Kersten erkauft die Anwendbarkeit der jellinekschen Typenlehre auf die Europäische Union also mit einem teilweisen Verzicht auf wesentliche Inhalte seiner Staatslehre. Ein zentrales Element von Jellineks Konzeption bildet dagegen den Gegenstand des folgenden Kapitels, das der Zwei-Seiten-Lehre, also der Betrachtung des Staates als rechtlicher und als sozialer Einheit, gewidmet ist. Kersten macht deutlich, wie Jellinek durch diese perspektivische Verdoppelung die Verpflichtung der Staatsrechtslehre auf die juristische Konstruktion aufrecht erhalten und doch gleichzeitig mit der Analyse des Sozialen, insbesondere der fakti­schen Rechtsgeltung, verbinden kann. Die heftige Kritik Hans Kelsens an Jellineks Perspektivenbildung, der die Verwechslung von Sein und Sollen vorgeworfen wird[24], wird dabei von Kersten tiefgründig ausgeleuchtet, um so gleichsam im Gegenschluß Jellineks Positionen zu verdeutlichen. Wiederum sieht Kersten in Jellineks Ansatz eine verallgemeinerungsfähige Grundlage moderner Rechtswissenschaft, biete sich so die methodologische Möglichkeit eines interdisziplinären Gesprächs mit den Sozialwissenschaften (184). Das sucht Kersten am Beispiel der Debatte über die Globalisierung und einen polyzentrischen Staatsbegriff zu belegen, doch wirkt auch hier der Bezug zu Jellineks Überlegungen etwas abstrakt. Thematisch ungleich konkreter ist dagegen das folgende Kapitel angelegt, in dem die Frage nach der Beziehung zwischen Staatsrecht und Politik in Jellineks Lehre analysiert wird. Kersten gliedert die Betrachtung in drei Ebenen: In einem ersten Schritt wird nach der methodologischen Bewältigung des Politischen bei Jellinek gefragt, dessen Beitrag zur Entstehung der Politikwissenschaft[25] leider auch in diesem Zusammenhang nicht näher ausgeleuchtet wird. Mehr Raum gibt Kersten dem Verhältnis zwischen Recht und Politik, in dem Jellinek dem Politischen eine dominierende Rolle zugestand, formulierte er doch die Vermutung für die Rechtmäßigkeit der Handlungen der obersten Staatsorgane[26]. Dieser Position entsprach die These, daß das politisch Unmögliche nicht Gegenstand ernsthafter juristischer Untersuchung sein kann[27]. Daß diese beiden politischen Maximen der juristischen Konstruktion ... ambivalent wirken (203), ist eine etwas euphemistische Umschreibung für diese Perspektivenbildung. Freilich wird es Jellinek auf dieser Grundlage auch möglich, den Prozeß des Verfassungswandels in das Blickfeld des Juristen zu rücken, wie Kersten bei der Analyse der berühmten Untersuchung über Verfassungsänderung und Verfassungswandel zeigt[28]. Auf einer anderen Ebene bewegt sich die Untersuchung dagegen dort, wo Kersten nach der Politisierung der Staatsrechtslehre (212) fragt, Jellineks Bewertung von politischen Werthaltungen des Staatsrechtswissenschaftlern untersucht und dabei das Ideal der Wissenschaftlichkeit als Residualkategorie (217) ausmacht. Gerade diese Position soll, so versucht Kersten zum Abschluss dieses Kapitels zu zeigen, auch einer Staatsrechtslehre unter dem Grundgesetz als methodologisches Leitbild dienen können. Zum Beleg seiner These greift Kersten auf das Plädoyer von Michael Stolleis für die ethische Minimalausstattung des Öffentlichrechtlers[29] zurück, in dem Jellineks Wissenschaftsidealismus ... konkretisiert werde (225). Mit dieser These gerät Kersten allerdings hart an die Grenze des Nachvollziehbaren. Denn Stolleis nimmt - soweit ersichtlich - an keiner einzigen Stelle auf Jellinek Bezug, sondern verweist als Referenztext vor allem auf den berühmten, von Kersten ebenfalls herangezogenen Vortrag Heinrich Triepels[30]. Gerade Stolleis betont die Aufgabe der Staatsrechtslehre, der politischen Macht ihre Grenzen zu benennen[31], was bei Jellinek indes - wie nicht zuletzt auch Kersten selbst zeigt - in den Hintergrund tritt. Kersten suggeriert eine in der von ihm behaupteten Form nicht stattfindende Rezeption jellinekschen Gedankengutes. Diese Schwäche ist um so erstaunlicher, als Kerstens Arbeit immer wieder durch die Tiefe, Intensität und Präzision der Interpretation besticht.

 

Das gilt ganz besonders für die drei folgenden Kapitel, die der Betrachtung von Jellineks Staatslehre gewidmet sind: So wird zunächst die werkchronologische Entstehung von Jellineks Staatsbegriffen rekonstruiert, wobei Kersten immer wieder die komplexen Übergänge und anfänglichen Unschärfen ausleuchtet, die in diesem Entwicklungsprozeß sichtbar werden. Kersten arbeitet vier prägende Merkmale bei der Ausformung von Jellineks Staatskonzeption heraus: Die allmähliche Aufgabe der erkenntnistheoretischen Freizeichnungsklauseln (229), mit denen sich Jellinek ursprünglich gegen die begriffliche Erfassung der sozialen Erscheinung des Staates wehrte, macht die Öffnung des ursprünglich nur juristischen Staatsbegriffs für die soziale Form von Staatlichkeit möglich. Mit der Dekonstruktion des Personenbegriffs (229) wird es möglich, den Staat als Rechtsperson zu erfassen. In der ebenso berühmten wie umstrittenen Drei-Elemente-Lehre (230) erscheinen zunächst Gebiet und Volk als Herrschaftsobjekte, werden aber schließlich im sozialen wie im juristischen Staatsbegriff in ein komplexes Subjekt-Objekt-System gebracht, in dem Staatsgebiet, Staatsvolk und Staatsgewalt ... zugleich als Elemente des Staatssubjekts und als Objekte des Staatswillens verstanden werden (281). Diese Dialektik setzt sich fort in der Neubestimmung des Verhältnisses von Staat und Gesellschaft: War ursprünglich die Gesellschaft auf das Bestehen von Staatlichkeit angewiesen, so werden beide Seiten in der Allgemeinen Staatslehre in eine gleichberechtigte Wechselbeziehung gebracht. Es entspricht der herausragenden Qualität dieses Kapitels, daß die wiederum gestellte Frage nach der Anschlußfähigkeit von Jellineks Überlegungen in diesem Fall überzeugender wirkt. Das gilt nicht allein für die allgegenwärtige Benutzung der Drei-Elemente-Lehre, sondern auch für die bereits bei Jellinek sichtbar werdenden Probleme mit der Einheit des Staatsbegriffs, die in der gegenwärtigen Diskussion über den Zerfall von Staatlichkeit als Kategorie normativer Zurechnung[32] geradezu ihre Fortsetzung zu finden scheinen. Mit der Untersuchung von Rechtfertigung und Zweck des Staates wendet sich Kersten einem Sachkomplex zu, dem bislang für Jellinek nur wenig Bedeutung zugesprochen wurde, galt doch gerade Jellineks Staatszwecklehre lange Zeit allgemein als recht blaß[33]. Diese Bewertung wird von Kersten umfassend widerlegt. Denn er kann zeigen, daß sich die in der Tat etwas schmal wirkende Staatszweck- und Staatsrechtfertigungslehre der Allgemeinen Staatslehre[34] vollständig erst erschließt, wenn sie in Verbindung mit Jellineks strafrechtlichem Frühwerk und zwei Vorträgen von 1893 und 1894 zur Geschichte der Staatsidee[35] gelesen wird. Dann nämlich zeigt sich, daß der Staat nicht um seiner selbst willen besteht, sondern über die Rechtsordnung die Voraussetzungen gesellschaftlicher Stabilität schafft. Auch der Zweck des Staats greift über den Selbsterhalt hinaus und wird, wie Kersten deutlich macht, von Jellinek auf die Förderung des Individuums, des Nationalstaats und der völkerrechtlichen Ordnung und der weltbürgerlichen Gesellschaft (341) bezogen. Die Benutzung von Jellineks Aussagen in der modernen Debatte über die Staatszwecke wird am Ende dieses Kapitels ausgeleuchtet. Dabei macht Kersten am Beispiel der Diskussion auf der Staatsrechtslehrertagung von 1989[36] deutlich, wie die Berufung auf Jellinek dazu genutzt wurde, ein aktuelles Theorieproblem zu einem historischen Textproblem werden zu lassen, um so zur Stabilisierung der wissenschaftlichen Tagesordnung beizutragen (351). Unter der Überschrift Staat und Recht analysiert Kersten schließlich den wohl vielschichtigsten Bereich in Jellineks Werk. Den Ausgangspunkt der Betrachtung bildet dabei Jellineks Rechtslehre. Geltung erlangt eine Rechtsnorm bei Jellinek erst dann, wenn sie die Fähigkeit hat, motivierend zu wirken, den Willen zu bestimmen. Dieses Motivationspotential beruht für Jellinek in letzter Linie immer auf der Überzeugung von der Gültigkeit der Norm[37]. Gerade diese Aussage ist in der Literatur als Ausdruck einer Konzeption gedeutet worden, in der sich Rechtsgeltung durch die Rechtsüberzeugung ergibt[38]. Dagegen spricht allerdings bereits der Umstand, daß Jellinek selbst betont, zur Geltung des Rechts gehört weiter, daß seine psychologische Wirksamkeit garantiert ist[39]. Hinzu tritt ein Umstand, der von Kersten in den Vordergrund der Betrachtung gerückt wird: Das Problem der Rechtsgeltung stellt sich nur für Rechtsnormen. Rechtsnormen sind in Jellineks Konzeption durch drei Merkmale gekennzeichnet, es sind (1) Normen für das äußere Verhalten der Menschen zueinander, (2) die von einer anerkannten äußeren Autorität ausgehen und (3) deren Verbindlichkeit durch äußere Mächte garantiert ist[40]. Voraussetzung aller Rechtsgeltung ist also die Tätigkeit einer anerkannten äußeren Autorität. Aus Kerstens Sicht ist dies allein der Staat, der dem einzelnen erkenntnistheoretisch und sozialpsychologisch als notwendig aufgedrängt sei und damit Jellineks autoritär-dominantes Rechtsquellenkonzept begründe (357). Doch es liegt die Vermutung nah, daß Kersten damit Jellineks Lehre einen etwas zu etatistischen Einschlag gibt. Das zeigt sich im Blick auf die normative Qualität, die Jellinek dem Kirchenrecht zu­gesteht: Nach Kerstens Behauptung soll Kirchenrecht nach der Auffassung Jellineks staatlich konzessioniert sein (357 m. Anm. 32). Diese These[41] ist freilich von Kersten nicht durch Textverweise belegt worden - und das wäre auch nicht möglich. Denn Jellinek selbst bezieht gegenüber dem Kirchenrecht eine Position, die etwas offener gehalten ist als von Kersten behauptet: Das Kirchenrecht könne nämlich als inneres Recht der Kirche ... als gesondertes Rechtsgebiet neben Privat- und öffentliches Recht gestellt werden, weil die kirchliche Rechtsordnung auf ganz anderen Voraussetzungen ruht als die staatliche. Allerdings ist diese Autonomie des Kirchenrechts aus Jellineks Sicht relativ und für den nicht vorhanden ..., der folgerichtig alles Recht als staatlich geschaffenes oder zugelassenes erkannt hat.[42] Das Kirchenrecht ist also in Jellineks Lehre ein, wie man vielleicht sagen könnte, zumindest potentiell autonomer Bereich von Rechtsnormen, die folglich - ebenso wie im Völkerrecht - unabhängig vom Staat entstehen können. Es entspricht diesem Befund, daß Jellinek, wie angedeutet und auch von Kersten herausgearbeitet (363f.), die Garantie der Rechtsgeltung nicht allein dem Staat überantwortet, sondern auch durch andere soziale Mächte für möglich hält[43]. Auch wenn also die These von der Überzeugungstheorie des Rechts bei Jellinek[44] nicht zutrifft, zumal Jellinek selbst betont, daß die Garantie ... ein wesentliches Merkmal des Rechtsbegriffes[45] sei, so kann doch ebenso wenig die Rede von einer staatszentrierten Rechtsquellenlehre Jellineks sein.

 

Nicht nur die Entstehung von Rechtssätzen sucht dagegen Jellineks berühmte Konzeption von der normativen Kraft des Faktischen zu erklären, die Kersten plastisch als einen psychologischen Transformationsprozeß faktischer Regelmäßigkeit in Normativität (372) kennzeichnet. Dem stellt Jellinek mit der Betrachtung des Naturrechts eine Konzeption entgegen, in der die Vorstellung des Rechtes das Faktum von Rechtsgeltung hervorgebracht hat[46], was Kersten als eine faktische Kraft des Normativen (372) charakterisiert und zugleich als Kennzeichen für die besondere Dignität solcher Normen wertet. Auf dieser Basis nähert sich Kerstens Analyse der Beziehung von Macht und Recht (375) bei Jellinek an. Die Wechselbeziehung von Macht und Recht verdichtet sich in einem von Kersten herausgearbeiteten zweistufigen Raster, in dem das Phänomen der Staatsumwälzung rechtswissenschaftlicher Betrachtung zugänglich gemacht wird: Auf der ersten Ebene steht der - im Sinn des possessorischen Besitzschutzes gedeutete - Machtbesitz, der aber nur dann erhalten bleibt, wenn er auf der zweiten Stufe Anerkennung erlangen kann, denn erst die Anerkennung der tatsächlichen Herrschaftsverhältnisse als rechtliche[47] führt zur Perpetuierung des Machtstaates. Doch Kersten verharrt nicht in dieser Rekonstruktion, sondern nimmt auch die Rezeption von Jellineks Überlegungen über die Normativität des Faktischen im Kontext revolutionärer Umstürze durch die Weimarer Staatsrechtslehre und die Rechtsprechung in den Blick. Eindringlich wird die Ambivalenz dieser Konzeption deutlich, die namentlich bei Gerhard Anschütz zur resignierenden Hoffnung auf den Fortbestand der Weimarer Verfassung gegenüber dem nationalsozialistischen Zugriff münden sollte. Treffend betont Kersten, daß die Lehre von der Normativität des Faktischen nur dem zur Vermittlung von Faktizität und Normativität dienen (kann), der sich gegen ihren Mißbrauch zur Rechtfertigung einer pervertierten Ordnung immuniert weiß (391). Für Jellinek selbst war freilich der preußische Budgetrechtskonflikt 1862-1866 der zentrale Anwendungsfall für seine Überlegungen zum Verhältnis von Macht und Recht innerhalb eines Verfassungsgefüges. Die kontroverse Bewertung der heftig diskutierten preußischen Verfassungskrise in der deutschen Staatsrechtslehre des Kaiserreiches ist seit langem bekannt.[48]  Kersten bestätigt im Grundsatz die Befunde der Literatur[49], indem er deutlich macht, wie Jellinek bei der Lösung der Budgetrechtsfrage vom Bereich des Rechtlichen in den Raum des Politischen wechselt, das aber immer auf das Verfassungsrecht zurückbezogen wird. Auch Kersten betont dabei, daß für Jellinek die Lösung des Konfliktes im Grundsatz offen blieb, auch wenn sich in seinen Aussagen Ansätze für eine Argumentation mit dem Gedanken des Staatsnotstandes nachweisen lassen. Mit der Frage nach der Selbstbindung des Staats an sein Recht gelangt Kersten zu einem Bereich in der jellinekschen Staatslehre, der thematisch besonders intensiv den Traditionen der deutschen Staatslehre im 19. Jahrhundert verpflichtet ist. Denn die Frage, ob und inwieweit der Träger der Staatsgewalt durch Verfassungsrecht gebunden werden kann, beherrschte seit der Zeit des Vormärz die Debatte[50]. Auch Kersten notiert diesen grundsätzlichen Bezug zum Problem konstitutioneller und oktroyierter Verfassunggebung im deutschen Konstitutionalismus, betont aber seinerseits das Verhältnis von Zeitbezug und grundsätzlichem staatstheoretischen Anspruch Jellineks (412f.). So rekonstruiert er zunächst mit einmal mehr beeindruckend präziser Sorgfalt die Ausformung von Jellineks Konzeption zur Rechtsbindung des Staates, in der zwar nur das Wie, nicht das Ob der Rechtsordnung in der Macht der Staatsgewalt liegt[51], auf diese Weise aber die Grenzen staatlichen Handelns stets vom Staat aus und gerade nicht von einer vorstaatlichen Individualrechtssphäre her bestimmt werden. Die Rechtsbindung des Staatswillens ist damit buchstäblich freiwillige Selbstbindung. Gerade dieser Ansatz ist für Kersten indes mehr als ein dem humanistischen Fortschrittsglauben an eine positive Entwicklung der menschlichen Kulturgeschichte (444) geschuldeter Gedanke. Vielmehr zeigt Kersten Kontinuitäten und Entsprechungen von Jellineks Theorie auch in der modernen Debatte der Staatslehre und in den systemtheoretisch inspirierten Entwürfen einer Beschreibung von Politik und Verfassung(srecht). Damit wird ein Befund bestätigt, der auch von Christoph Möllers - freilich in anderen thematischen Zusammenhängen und vor allem in etwas breiterem Kontext - formuliert wurde[52].

 

Kerstens Bemühen um eine, wie man vielleicht formulieren könnte, Historisierung des staatsrechtlichen Diskurses von der jellinekschen Perspektive her, zählt zu den charakteristischen Merkmalen seiner Arbeit. Dabei macht seine Studie geradezu exemplarisch die Chancen und die Risiken deutlich, die sich aus dieser Betrachtungsweise ergeben. Zwar kann Kersten immer wieder bislang verdeckte Traditionslinien offenlegen und auch die dogmatische Potenz von Jellineks Werk deutlich machen. Doch gerät sein Umgang mit Jellineks Texten bisweilen zur abstrahierenden Deformation, durch die die Identität von Jellineks Werk förmlich verdeckt wird. Dies und die oben angedeuteten Einwände gegen einzelne Textbefunde ändern allerdings nichts daran, daß Kerstens Werk eine grundlegende, wenn nicht bahnbrechende Studie zu Jellineks Staatslehre darstellt. Der Scharfsinn der Interpretation, die Sorgfalt der Textanalyse, die souveräne Einbeziehung auch des jellinekschen Frühwerks, die trotz einer komplexen Begrifflichkeit stets prägnante Darstellung und nicht zuletzt die Benutzung auch ungedruckten Materials aus dem Nachlaß Georg und Camilla Jellineks sowie Viktor Ehrenbergs machen Kerstens Arbeit zu einem Buch, das in der Jellinek-Forschung neue Standards setzt.

 

München/Münster                                                                                                      Andreas Thier



[1]     Aus der älteren Literatur über Georg Jellinek s. v. a. Reinhard Holubek, Allgemeine Staatslehre als empirische Wissenschaft. Eine Untersuchung am Beispiel von Georg Jellinek, Bonn 1961; Martin J. Sattler, Georg Jellinek (1851 - 1911). Leben für das öffentliche Recht, in: Helmut Heinrichs, Harald Franzki, Klaus Schmalz, Michael Stolleis (Hrsg.), Deutsche Juristen jüdischer Herkunft, München 1993, 355-368. Klassische biographische Schilderung bei Camilla Jellinek, Georg Jellinek - ein Lebensbild, entworfen von seiner Witwe, in: Georg Jellinek, Ausgewählte Schriften und Reden, Bd. 1, Berlin 1911, Nd. Aalen 1970, 5*-140*.

[2]     Walter Pauly, Der Methodenwandel im deutschen Spätkonstitutionalismus. Ein Beitrag zur Entwicklung und Gestalt der Wissenschaft vom Öffentlichen Recht im 19. Jahrhundert, Tübingen 1993.

[3]     Michael Stolleis, Geschichte des öffentlichen Rechts in Deutschland, Bd. 2: Staatsrechtslehre und Verwaltungswissenschaft 1800-1914, München 1992, 450-455; s. a. Michael Stolleis, Verwaltungsrechtswissenschaft und Verwaltungslehre 1866-1914, in: Kurt G. A. Jeserich, Hans Pohl, Georg-Christoph von Unruh (Hrsg.), Deutsche Verwaltungsgeschichte, Bd. 3: Das deutsche Reich bis zum Ende der Monarchie, Stuttgart 1984, 85-108, 106 f.

[4]     Christoph Schönberger, Das Parlament im Anstaltsstaat: Zur Theorie parlamentarischer Repräsentation in der Staatsrechtslehre des Kaiserreichs (1871 ‑ 1918), Frankfurt am Main 1997; dazu die Rezension in: ZRG GA 116 (1999), 645-655.

[5]     Stefan Breuer, Georg Jellinek und Max Weber. Von der sozialen zur soziologischen Staatslehre, Baden-Baden 1999; Andreas Anter, Max Weber und Georg Jellinek. Wissenschaftliche Beziehung, Affinitäten und Di­vergenzen, in: Stanley L. Paulson, Martin Schulte (Hrsg.), Georg Jellinek. Beiträge zu Leben und Werk, Tübingen 2000, 67-86.

[6]     Andreas Anter, Georg Jellineks wissenschaftliche Politik ‑ Positionen, Kontexte, Wirkungslinien, in: Politische Vierteljahresschrift, 1998, 502‑526.

[7]     Klaus Kempter, Die Jellineks 1820-1955. Eine familienbiographische Studie zum deutschjüdischen Bildungsbürgertum, Düsseldorf 1998; s. dazu auch die Rezensionen von Thomas Duve, in: Der Staat 39 (2000), 459-464, und Michael Stolleis, in: Rechtstheorie 30 (1999), 255-258.

[8]     Stanley L. Paulson, Martin Schulte (Hrsg.), Georg Jellinek. Beiträge zu Leben und Werk, Tübingen 2000.

[9]     Siehe insbesondere Christoph Möllers, Skizzen zur Aktualität Georg Jellineks. Vier theoretische Probleme aus Jellineks Staatslehre in Verfassungsrecht und Staatstheorie der Gegenwart, in: Paulson, Schulte, Georg Jellinek (wie Fn. 8), 155-171.

[10]    Vgl. Eduard Albrecht, Rezension über Maurenbrechers Grundsätze des heutigen deutschen Staatsrechts, in: Göttingische gelehrte Anzeigen, Stück 150/151 (21. 9. 1837), 1489-1504, Stück 152 (23. 9. 1837), 1508-1515, als Broschüre erschienen Darmstadt 1962.

[11]    Vgl. zuletzt v. a. Schönberger, Parlament im Anstaltsstaat (Fn. 4), 21-182 m. w. N.

[12]    So v. a. Thomas Duve, Normativität und Empirie im öffentlichen Recht und der Politikwissenschaft um 1900: historisch‑systematische Untersuchung des Lebens und Werks von Richard Schmidt (1862 ‑ 1944) und der Methodenentwicklung seiner Zeit, Ebelsbach 1998, 264-281; s. a. Stefan Korioth, Erschütterungen des staatsrechtlichen Positivismus im ausgehenden Kaiserreich - Anmerkungen zu frühen Arbeiten von Carl Schmitt, Rudolf Smend und Erich Kaufmann, in: AöR 117 (1992), 212-238; Schönberger, Parlament im Anstaltsstaat (Fn. 4), 183-215; Pauly, Methodenwandel (Fn. 2), 219-223, 240-245.

[13]    Johann Caspar Bluntschli, Allgemeines Staatsrecht, geschichtlich begründet, München 1851; ab der fünften Auflage erschienen unter dem Titel: Johann Caspar Bluntschli, Die Lehre vom modernen Staat, Bd. 1: Allgemeine Staatslehre, Stuttgart 1875; Bd. 2: Allgemeines Staatsrecht, Stuttgart 1876; Bd. 3: Politik als Wissenschaft, Stuttgart 1876.

[14]    Hermann Rehm, Allgemeine Staatslehre, Freiburg i. Br. 1899.

[15]    Richard Schmidt, Allgemeine Staatslehre, Bd. 1: 1. Die gemeinsamen Grundlagen des politischen Lebens, Leipzig 1901; Bd. 2: Die verschiedenen Formen der Staatsbildung, Leipzig 1903.

[16]    Georg Jellinek, Allgemeine Staatslehre, Berlin 1900; 2. Auflage Berlin 1905; 3. Auflage (bearbeitet von Walter Jellinek) Berlin 1914.

[17]    Dazu umfassend Duve, Normativität und Empirie (Fn. 12), 239-285; zusammenfassend Duve., Von Stoffhubern und Sinnhubern. Die wissenschaftstheoretische Grundlagendebatte um 1900 und die Entstehung politikwissenschaftlicher Zeitschriften, in: Michael Stolleis (Hrsg.), Juristische Zeitschriften. Die neuen Medien des 18. - 20. Jahrhunderts, Frankfurt a. M. 1999, 449-479, 458-463.

[18]    Jellinek, Staatslehre (Fn. 16), 36.

[19]    Jellinek, Staatslehre (Fn. 16), 39 (dort auch die anderen im Text benutzten Zitate).

[20]    Vgl. aus jüngster Zeit etwa Anter, Max Weber und Georg Jellinek (Fn. 5, 17), 77-79.

[21]    Christian Tomuschat, Das Endziel der europäischen Integration - Maastricht ad infinitum ?, in: DVBl 1996, 1074-1082, v. a. 1075f.

[22]    Vgl. Jellinek, Staatslehre (Fn. 16), 786: Der Bundesstaat ... vermag die dauernde Form für die Gestaltung des gemeinsamen Lebens einer Nation oder einer durch gemeinsame Schicksale verbundenen Mehrheit von Bruchteilen verschiedener Nationen abzugeben.

[23]    Die Verbindung Jellineks mit der überkommenen Dichotomie von Staatenbund und Bundesstaat stellt Kersten selbst heraus (141).

[24]    Hans Kelsen, Der soziologische und der juristische Staatsbegriff, 2. Auflage Tübingen 1928, Nd. Aalen 1981.

[25]    Vgl. insoweit bereits oben, bei und in Anm. 17. Zur Geschichte der Politik als akademischer Disziplin um 1900 nunmehr die eindrucksvolle Synthese von Wilhelm Bleek, Geschichte der Politikwissenschaft in Deutschland, München 2001, 149-175.

[26]    Vgl. Jellinek, Staatslehre (Fn. 16), 18. In Anm. 1 zu S. 18 ergänzte Jellinek diese Formel mit dem Zusatz „überhaupt der Staatsorgane“.

[27]    Jellinek, Staatslehre (Fn. 16), 17.

[28]    Georg Jellinek, Verfassungsänderung und Verfassungswandel. Eine staatsrechtlich-politische Abhandlung, Berlin 1906. Eine Einzelanalyse dieser Schrift ist nach dem Erscheinen des Buches Kerstens vorgelegt worden von Heinrich Amadeus Wolff, Verfassungswandel und ungeschriebenes Verfassungsrecht im Werke Georg Jellineks, in: Paulson, Schulte, Georg Jellinek (wie Fn. 8), 133-153.

[29]    Michael Stolleis, Staatsrechtslehre und Politik, Heidelberg 1996, 24.

[30]    Heinrich Triepel, Staatsrecht und Politik. Rede beim Antritte des Rektorats der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin am 15. Oktober 1926, Berlin 1926 (= Beiträge zum ausländischen öffentlichen Recht und Völker­recht, H. 1, Berlin/Leipzig 1927). Zum werkgeschichtlichen Kontext dieser Arbeit s. Ulrich M. Gassner, Heinrich Triepel. Leben und Werk, Berlin 1999, 257-263, 294-297.

[31]    Stolleis, Staatsrecht und Politik (Fn. 29), 29.

[32]    Umfassend zu dieser Debatte und ihren Implikationen nunmehr Christoph Möllers, Staat als Argument, München 2000, passim.

[33]    Schönberger, Parlament im Anstaltsstaat (Fn. 4), 219. Grundlegend anders jetzt, nach Erscheinen von Kerstens Arbeit, aber die Bewertung bei Stefan Korioth, Die Staatszwecklehre Georg Jellineks, in: Paulson, Schulte, Georg Jellinek (wie Fn. 8), 117-132, 118 f. u. passim, der seinerseits die Studie Kerstens offenbar nicht mehr berücksichtigen konnte.

[34]    Jellinek, Staatslehre (Fn. 16), 184-265.

[35]    Georg Jellinek, Adam in der Staatslehre. Vortrag gehalten im historisch-philosophischen Verein Heidelberg 1893, Heidelberg 1893, wieder abgedruckt in: Georg Jellinek, Ausgewählte Schriften und Reden, Bd. 2, Berlin 1911, Bd. Aalen 1970,  Nr. 35, S. 23-44; Jellinek, Die Entstehung der modernen Staatsidee. Vortrag v. 13. 2. 1894, gehalten im Frauenverein zu Heidelberg, abgedruckt in: Jellinek, Schriften und Reden II, Nr. 36, S. 45-63.

[36]    Staatszwecke im Verfassungsstaat nach 40 Jahren Grundgesetz, in: Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 48 (1990), 7-176 (v. a. 119-176).

[37]    Jellinek, Staatslehre (Fn. 16), 334.

[38]    Peter Landau, Rechtsgeltung bei Georg Jellinek, in: Paulson, Schulte, Georg Jellinek (wie Fn. 8), 299-307, 305, s. a. a. a. O., 300 f.

[39]    Jellinek, Staatslehre (Fn. 16), 334.

[40]    Jellinek, Staatslehre (Fn. 16), 333. Hervorhebung im Text in dieser Form nicht im Original.

[41]    Kersten hat seine Position später noch einmal in der Auseinandersetzung mit den Überlegungen Landau, Rechtsgeltung bei Georg Jellinek (Fn. 38), bekräftigt; Jens Kersten, Rez. Stanley L. Paulson, Martin Schulte (Hrsg.), Georg Jellinek. Beiträge zu Leben und Werk, Tübingen 2000, in: Ius Commune 28 (2001), 487-493, 492.

[42]    Jellinek, Staatslehre (Fn. 16), 393. Auf der gleichen Linie auch Georg Jellinek, Der Kampf des alten mit dem neuen Recht. Prorektoratsrede v. 22. 11. 1907, Heidelberg 1907, wieder abgedruckt in: Georg Jellinek, Ausgewählte Schriften und Reden, Bd. 1, Berlin 1911, Bd. Aalen 1970, Nr. 31, S. 392-427, 404.

[43]    Vgl. Jellinek, Staatslehre (Fn. 16), 335 f.

[44]    Landau, Rechtsgeltung bei Georg Jellinek (Fn. 38), 301 u. ö.

[45]    Jellinek, Staatslehre (Fn. 16), 337.

[46]    Jellinek, Staatslehre (Fn. 16), 345.

[47]    Jellinek, Staatslehre (Fn. 16), 341.

[48]    Zusammenfassend zu Anlaß und Inhalten der Debatte Andreas Thier, Steuergesetzgebung und Verfassung. Staatssteuerreformen in Preußen 1871-1893, Frankfurt a. M. 1999, 643-653 m. w. N.

[49]    Karl Heinrich Friauf, Der Staatshaushaltsplan im Spannungsfeld zwischen Parlament und Regierung, Bd. 1: Verfassungsgeschichtliche Untersuchungen über den Haushaltsplan im deutschen Frühkonstitutionalismus, mit einer kritischen Übersicht über die Entwicklung der budgetrechtlichen Dogmatik in Deutschland, Bad Homburg v. d. H./ Berlin/ Zürich 1968, 265-269; Schönberger, Parlament im Anstaltsstaat (Fn. 4), 140-143.

[50]    Vgl. dazu etwa den Überblick bei Stolleis, Geschichte des öffentlichen Rechts II (Fn. 3), 99-105. Im einzelnen Hans Boldt, Deutsche Staatslehre im Vormärz, Düsseldorf 1975, 15-48.

[51]    Jellinek, Staatslehre (Fn. 16), 477.

[52]    Möllers, Staat als Argument (Fn. 32), 261, wo gezeigt wird, daß Jellineks Selbstverpflichtungstheorem die dogmengeschichtliche Wurzel für die Lehre vom Staat als Verfassungsvoraussetzung ist; zum Einfluß von Jellineks Selbstverpflichtungsgedanken im Zusammenhang mit systemtheoretischen Konzepten und Entwürfen der Staatslehre s. a. a. O., 180 m. Anm. 66, 235 u. ö., jeweils m. w. N.