Greiner, David, Die Haftung auf Verwendungsersatz (= Schriften zum bürgerlichen Recht 234). Duncker & Humblot, Berlin  2000. 414 S.

 

Die Tübinger Dissertation will die Widersprüche ausräumen, die der Verfasser in den im Bürgerlichen Gesetzbuch verstreuten Regelungen des Verwendungsersatzes feststellt; dieses Ziel soll auf Grundlage eines Systems der Verwendungsersatzhaftung durch eine vereinheitlichende Auslegung der vielzähligen Normen erreicht werden[1]. Greiner untersucht dazu zunächst vom römischen Recht über den juristischen Humanismus und das gemeine Recht bis zur Kodifikation des BGB die Geschichte des Verwendungsersatzrechts und kommt zu dem Schluß, die Haftung sei in der Bereicherung des die Herausgabe Verlangenden und der Entreicherung des Verwendenden begründet. Sodann wendet er sich der Frage zu, ob Verwendungen zu einem Wegfall der Bereicherung im Sinne des § 818 III führen können. Schließlich untersucht er mit Verwendungsersatzansprüchen zusammenhängende Einzelprobleme des Bereicherungs- und Geschäftsführungsrechts.

 

In der breit angelegten Einführung (S. 29-67) stellt Greiner die Grundthese der Arbeit dar, daß die für den Verwendungsersatz relevante Interessenlage stets dieselbe sei, möge die Sache nach Rücktritt, durch Kondiktion, Vindikation oder hereditatis petitio herausverlangt werden, und daß daher eine grundsätzlich einheitliche Behandlung des Verwendungsersatzes notwendig, sogar durch den verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz geboten sei (S. 50 bezüglich des Verwendungsersatzes in Rückabwicklungsverhältnissen). Wenn inter partes die Unterscheidung zwischen relativen und absoluten Rechten unbeachtlich sei, müßten sich die Verwendungsersatzrechte des Besitzers auch unabhängig davon bestimmen, ob die Sache aus rechtsgeschäftlicher, dinglicher oder sonstiger Obligation herausverlangt werde (S. 65). Nach Greiner sind daher konkurrierende Herausgabeansprüche durch Auslegung umfassend zu harmonisieren. Funktion der speziellen Verwendungsersatznormen sei es, die Bestimmungen der „allgemeinen Haftungen“ (der bereicherungs-, delikts- und geschäftsführungsrechtlichen) zu modifizieren, insoweit seien sie leges speciales. Greiner setzt sich zum Ziel, ein System der Verwendungsersatzhaftung zu entwickeln, das die für den Verwendungsersatz typischen Modifikationen der „allgemeinen Haftungen“ beschreibt und so zur Füllung von Lücken in der „kasuistischen“ gesetzlichen Regelung dienen kann; dieses System soll für alle Herausgabeansprüche gelten.

 

Die Grundthese, den zahlreichen Verwendungsersatzregelungen des BGB liege eine einheitliche Interessenlage zugrunde, ist fragwürdig. Immerhin spricht die diversifizierte gesetzliche Regelung für das Gegenteil. Ohne Frage ist es richtig, daß in vertraglichen Sonderbeziehungen die Eigentümerposition keine Rolle für die Lösung des Problems spielen kann, wer von wem Verwendungsersatz verlangen kann. Entscheidend ist aber, wie die Sonderbeziehung entstanden ist. Danach bestimmt sich im wesentlichen die Interessenlage der Beteiligten, und diese wiederum entscheidet darüber, wer die Kosten von Verwendungen tragen soll. Hierfür ist die Unterscheidung zwischen relativen und absoluten Rechten wesentlich. In einer vertraglich begründeten Sonderbeziehung bestimmen die Parteien das geltende Recht selbst und stellt ansonsten das Gesetz dispositive Regeln auf. Wie überall ist auch im Recht des Verwendungsersatzes das Vertragsrecht spezieller als das der gesetzlichen Schuldverhältnisse: als das der Geschäftsführung, der Eingriffskondiktion, als das Deliktsrecht und das Recht des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses (EBV). Spezieller ist die Sonderbeziehung auch dann, wenn sie gescheitert ist: Es gilt das Rücktrittsrecht gem. §§ 347ff. (ggf. nach Wandlung), in dessen Rahmen das Eigentum keine Bedeutung hat, oder das Recht der Leistungskondiktion, § 812 I 1 (1). Denn auch diese Regeln folgen aus dem angestrebten, wenn auch letztlich gescheiterten Vertragsverhältnis, das in ihnen fortwirkt und die allgemeinen Regeln verdrängt[2]. Wer Eigentümer ist, spielt für den Verwendungsersatzanspruch in solchen Fällen natürlich keine Rolle.

 

Nur wenn keine solche Sonderbeziehung zwischen den Parteien besteht, sind die allgemeineren Regeln anwendbar; in Wahlkonkurrenz zu den spezielleren Vorschriften über Austausch- und Rückabwicklungsverhältnisse stehen sie nicht. Erga omnes, im zufälligen Kontakt zwischen Rechtssubjekten, bestimmen mangels Sonderbeziehungen absolute Rechte die Rechtsverhältnisse: Das Eigentum bestimmt das Verhältnis zwischen den Parteien und entscheidet darüber, wem (zunächst) Nutzungen und Früchte zustehen, wer die Gefahr trägt, wem Verwendungen nutzen und wer sie letztlich bezahlen muß. Daß das nur gelten kann, wenn keine besondere Regelung zwischen den Parteien ihnen Rechte und Pflichten in Ansehung der Sache zuweist, ist offensichtlich.

 

Außerhalb einer Leistungsbeziehung kann der Eigentümer wählen, wie er sein absolutes Recht realisiert, ob er etwa kondiziert, vindiziert oder Naturalrestitution als Schadensersatz verlangt. Das zwingt aber nicht dazu, die Verwendungsersatzfolgen aller Herausgabeverlangen zu einem Ausgleich zu bringen, denn eine Wahl ist nur dann sinnvoll, wenn unterschiedliche Konsequenzen eintreten können, und Kondiktions-, Vindikations- und Deliktsrecht dienen hier schließlich in erster Linie dem Schutz des Eigentums. Insbesondere hat sich die zweite Kommission ausdrücklich gegen eine Gleichbehandlung von Kondiktions- und Vindikationsschuldner im Hinblick auf ihre Verwendungsersatzansprüche ausgesprochen, was Greiner selbst hervorhebt (S. 172, S. 174ff.). Nach dem Willen der zweiten Kommission soll der Kondiktionsschuldner besserstehen, denn er habe das Eigentum an der Sache erworben und nicht bloß den Besitz ohne Recht dazu, und nur aus Billigkeitsgründen müsse er das Eigentum zurückgewähren[3].

 

Es bestimmt also nie der Zufall, welcher Herausgabeanspruch mit seinen Konsequenzen geltend gemacht wird. Immer läßt sich der Anspruch auf die Interessen und den Willen der Parteien zurückführen, und oft läßt der Gesetzgeber dem Herausgabe Verlangenden, dessen Interessen zunächst ja im Vordergrund stehen, letztlich die Wahl. Wollte man die Herausgabeansprüche in ihren Folgen einander angleichen, so machte man die der diversifizierten Regelung immanente gesetzlich vorgegebene Bewertung der Interessenlagen zunichte und ersetzte den Willen des Gesetzgebers durch den eigenen.

 

Um das von ihm angestrebte vereinheitlichende System der Verwendungsersatzhaftung zu begründen, untersucht Greiner im zweiten Teil der Arbeit (S. 68-268) das „Wesen des Verwendungsersatzes“ zunächst rechtshistorisch. Nach klassischem römischem Recht sei der Verwendende, von dem Herausgabe der Sache verlangt wurde, auf ein Retentionsrecht aus der Arglisteinrede (exceptio doli) verwiesen worden, das nur dem redlichen Verwender zugestanden habe. Im nachklassischen Recht hingegen fuße nach einem „Wandel in der inneren Begründung des Verwendungsersatzes“ (S. 92) das Recht auf Verwendungsersatz auf einer ungerechtfertigten Bereicherung des die Herausgabe Verlangenden. Dem Verwendenden stehe daher nun „ein echter Anspruch [sic!] auf Ersatz zu“ (S.108), den er mittels einer condictio selbständig durchsetzen könne. Als Aspekt des Bereicherungsrechts werde der Verwendungsersatz auch von Cujaz, im Allgemeinen Landrecht[4] und, stellvertretend für das „jüngere gemeine Recht“, von Sell und Witte verstanden.

 

Die Ausführungen zum klassischen und nachklassischen römischen Recht sind quellenfern und schöpfen aus einem sehr geringen Schrifttumsfundus. Schwer nachvollziehbar ist es insbesondere, wie Greiner aus den Quellen ohne eigentliche Exegese das klassische und aus von ihm nicht nachgewiesenen Interpolationen einiger Quellen das nachklassische Recht gewinnen will. Entgegen Greiner (S. 92 mit Anm. 67) ist etwa Paulus D. 5.3.38 jedenfalls inhaltlich für klassisch zu halten[5]. Solche Fehlbeurteilungen entziehen den Ausführungen Greiners zur Entwicklung des römischen Rechts weitgehend den Boden. Darlegungen zu den mittelalterlichen Epochen der Rechtsgeschichte sind auf Fußnoten beschränkt. Ebenso knapp und von stichprobenartigem Charakter wie zum römischen Recht sind die Betrachtungen zu Cujaz und Donellus und vor allem zur Pandektistik[6]. Wie weit die Dogmengeschichte durch eine solche Untersuchung wirklich erhellt wird, bleibt fraglich. So wäre etwa die von Greiner behauptete „sinnlose Doppelregelung“ des Verwendungsersatzes im ALR durch die - sich voneinander inhaltlich unterscheidenden - I 13 § 262 und I 7 § 204 ALR (S. 114f.) im Hinblick auf das Verhältnis der Normen zueinander näher zu untersuchen gewesen.

 

Umfangreich, informativ und reich mit Zitaten aus den Materialien belegt sind die Ausführungen Greiners zur Entstehungsgeschichte der einzelnen Verwendungsersatznormen, insbesondere des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses und des allgemeinen Bereicherungsrechts im Hinblick auf die Sachkondiktion. Der Teilentwurf von Kübels zum Schuldrecht verwies den redlichen Kondiktionsschuldner für seinen Verwendungsersatzanspruch auf die Regelungen des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses, den unredlichen auf die Normen über die unberechtigte Eigengeschäftsführung. Die erste Kommission wollte zunächst die entsprechende Vorschrift ersatzlos streichen. Greiner führt das auf die Erwägungen der Kommission über Vorliegen und Wegfall der Bereicherung zurück: Da hierfür auf die gesamte Vermögenslage des Kondiktionsschuldners abgestellt worden und „sich die ,Bereicherung’ als Saldo aller mit dem indebite-Erwerb zusammenhängenden Vor- und Nachteile“ (S. 167) dargestellt habe, sei eine eigenständige Regelung des Verwendungsersatzanspruches überflüssig gewesen. In einer späteren Sitzung entschied die erste Kommission jedoch wiederum anders: Der redliche, unverklagte Kondiktionsschuldner sollte ein Zurückbehaltungsrecht erhalten, bis ihm alle Verwendungen unter Anrechnung einer Bereicherung durch Nutzungen erstattet sind (§ 740 III des ersten Entwurfs). Der unredliche Kondiktionsschuldner wurde durch einen Verweis auf den Vorläufer des heutigen § 292 auf die entsprechenden Vorschriften des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses verwiesen. Die zweite Kommission beschloß, jeglichen Verweis auf die Regeln des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses zu streichen; die Vorschrift über Verwendungsersatz bei Kondiktion eines bestimmten Gegenstandes wurde mit der Erwägung ersatzlos gestrichen, daß sich die Verwendungen für den unverklagten Schuldner in einer Minderung der Bereicherung niederschlügen, für den verklagten Schuldner der Verweis auf die allgemeinen Regeln (d. i. im Ergebnis ein Verweis auf die Regelung des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses) ausreiche.

 

Greiners umfängliche Ausführungen über den allgemeinen Bereicherungsbegriff, wie er den Beratungen der beiden Kommissionen zugrundelag, lassen weitgehend unberücksichtigt, daß der Vorentwurf, der erste Entwurf und der Antrag Struckmanns[7], auf dessen Grundlage die zweite Kommission beriet, jeweils eigenständige Regelungen über den Verwendungsersatz bei Kondiktion einer bestimmten Sache enthielten. In diesem Fall nämlich kommt eine abstrakte Vermögenssaldierung zur Ermittlung des Gegenstandes der Kondiktionshaftung des Bereicherungsschuldners grundsätzlich nicht in Betracht, denn Geld und Sachen kann man nicht saldieren. Die allgemeinen Erwägungen über den Gegenstand der Bereicherungshaftung erübrigen sich daher, wenn dieser eine bestimmte Sache ist, und die eigenständige Regelung belegt, daß diese Situation zunächst auch als Sonderfall wahrgenommen wurde: Die erste Kommission lehnte einen selbständig einklagbaren Verwendungsersatzanspruch zwar ausdrücklich ab, wie Greiner aufzeigt (S. 169 Anm. 291)[8], doch sah § 740 III des ersten Entwurfs eine im Ergebnis den heutigen §§ 1000ff. entsprechende Norm, eine Rückgabeverpflichtung des Kondiktionsschuldners nur gegen Verwendungsersatz vor[9]. Erst die zweite Kommission erkennt das Besondere der Sachkondiktion nicht mehr: Sie verweist auf die Bereicherungsminderung, sagt jedoch nicht, wie diese bei einer noch vorhandenen Sache praktisch Berücksichtigung finden könne. Das führt noch heute zu schwierigen Problemen bei der Anwendung von § 818 III in Verwendungsersatzfällen. Es bietet sich eine korrigierende Auslegung der Norm im Sinne des - nur als überflüssig - gestrichenen § 740 III des ersten Entwurfs an[10].

 

Dagegen will Greiner, seiner eingangs dargestellten Prämisse folgend, die Ungleichbehandlung von Vindikations- und Kondiktionsschuldner ausgeräumt wissen, werde damit auch „unbestreitbar der Wille des Gesetzgebers, wie er sich zwar nicht aus dem Wortlaut des § 818 III, aber unzweideutig aus der Gesetzgebungsgeschichte ergibt, übergangen“ (S. 209)[11]. Er will daher in den Fällen der Sachkondiktion Ausgaben für Verwendungen unter die Entreicherung gem. § 818 III fassen (S. 208). Die Verwendungsabrechnung gem. § 818 III sei durch die Wertungen der §§ 994ff. zu ersetzen. Diese wiederum hält Greiner für bereicherungsrechtliche Ansprüche: Zwischen den allgemeinen Regeln der §§ 812ff. und den speziell geregelten Verwendungsersatzansprüchen, insbesondere den §§ 994ff., lasse sich keine „kategoriale Grenze“ ziehen. Da „§§ 994 I, 996 nichts anderes als angewandtes Bereicherungsrecht sind, gibt es insoweit keine Abgrenzungs- oder Konkurrenzprobleme, sondern nur Vorschriften mit allgemeinem (§§ 812ff.) und solche mit speziellem Inhalt (insbesondere §§ 994ff.)“ (S. 298). Wenn das bedeuten soll, daß §§ 994 I, 996 und §§ 812ff. insoweit einander inhaltlich anzugleichen sind, dann widerspricht es, wie bereits ausgeführt, dem Willen des Gesetzgebers und der sinnvollen gesetzlichen Systematik. Sollen §§ 994ff. gegenüber §§ 812ff. aber spezieller sein, wie Greiner sagt, so setzt dies einen inhaltlichen Unterschied zwischen den Regelungen voraus; dann stellt sich gerade auch ein Abgrenzungsproblem.

Für die Fälle der Rückabwicklung eines gescheiterten Leistungsaustausches schlägt Greiner folgende Lösung vor (S. 215 unter Hinweis auf Frieser[12]): Sei die aufgrund nichtigen Kaufvertrages erworbene Sache beim Käufer untergegangen, so sei zu untersuchen, ob die Sache trotz ihrem Untergang eine bleibende Ersparnis hinterlassen habe, weil der Käufer an ihrer Statt eine vergleichbare Sache mit Rechtsgrund erworben hätte. Dann nämlich sei der Erwerb einer gleichwertigen Sache erspart worden. Fraglich ist schon, ob eine solche hypothetische Ersparnis noch konstruierbar ist; jedenfalls ist sie, da die Sache unterging, wertlos, was zum Ausgangspunkt der Betrachtung, dem Wegfall der Bereicherung, zurückführt. Das Problem bleibt ungelöst.

 

Die Ergebnisse des zweiten Teils über das Wesen des Verwendungsersatzes und damit auch das Hauptergebnis der Untersuchung faßt Greiner wie folgt zusammen (S. 263-268): Die „kasuistische Regelung“ des Verwendungsersatzes im Bürgerlichen Gesetzbuch beruhe auf Rechtstradition und entstehungsgeschichtlichem Zufall[13]. Insgesamt könne der Besitzer Verwendungsersatz verlangen, wenn die allgemeinen Voraussetzungen eines Anspruches aus Geschäftsführung ohne Auftrag, ungerechtfertigter Bereicherung oder auf Ersatz eines Vertrauensschadens vorliegen; die einzelnen Regelungen im Bürgerlichen Gesetzbuch modifizierten diese allgemeinen Ansprüche lediglich, teils nur für den Einzelfall, teils wegen verwendungsersatztypischer Besonderheiten mit Geltung für alle Fälle des Verwendungsersatzes. Was diese Erkenntnisse für die Anwendung der einzelnen Normen bedeuten soll, erschließt sich aus dieser Zusammenfassung nicht; die folgenden Vorschläge zur Lösung von Einzelproblemen des Verwendungsersatzrechts (S. 268-401 u. a. zum „Durchgriff“ in Mehrpersonenverhältnissen, zur Anwendung des § 951 und zur Übertragbarkeit der §§ 1000ff. auf alle Verwendungsersatzansprüche) lassen sich aus den Ergebnissen des Hauptteils der Arbeit meist nicht ableiten.

 

„Widersprüche werden nicht dadurch verbindlich, daß sie in das Gesetz eingehen, sondern gerade eine Respektierung des Gesetzes gebietet die Auflösung eines in ihm festgestellten Widerspruchs“; dieses Zitat von Jakobs[14] stellt Greiner in seinem Vorwort der Arbeit voran. Respekt vor dem Gesetz zeigt indes nicht, wer es gegen den erklärten Willen seiner Verfasser auslegt. Das Gesetz zu respektieren heißt, den Willen des Gesetzgebers ernstzunehmen und es ohne Widerspruch anzuwenden. Das ehrgeizige Ziel, ein System der Verwendungsersatzhaftung zu entwickeln und zu beschreiben, kann die gedankenreiche Untersuchung schon aus diesem Grunde nicht erreichen. Sie regt jedoch für viele Einzelprobleme des Verwendungsersatzrechts überdenkenswerte Lösungen an.

 

Trier                                                                                                              Fabian Klinck



[1] Es sind dies die §§ 102, 304, 347, 450, 500, 547, 590bff., 601, 693, 850, 970, 1007 III, 1049, 1216, 1467, 2021ff., 2124ff. und 2381 BGB.

[2] Speziell zum Ausschluß der §§ 985ff. Wieling, Sachenrecht, Bd. I, Berlin 1990, § 12 I 3 b und c mit umfangreichen Nachweisen. Zu Unrecht will Greiner aus seiner Interpretation der Beratungen der ersten Kommission (vgl. deren Protokolle bei Jakobs/Schubert, Die Beratung des Bürgerlichen Gesetzbuchs in systematischer Zusammenstellung der unveröffentlichten Quellen, Band 4: Sachenrecht, 2. Teilband, Berlin 1991, S. 170f.) das Gegenteil ableiten (S. 248): Beraten wurde dort über die Konkurrenz zwischen den Ansprüchen des Eigentümers gegen den Nießbraucher aus dem Nießbrauchsverhältnis, aus Eigentum und Geschäftsführung. Die ersten beiden Ansprüche beruhen auf dem Eigentum, das letztlich auch das materielle Interesse für einen Geschäftsführungsanspruch begründet. Daher kann es hier (auch für den Verwendungsersatzanspruch des Besitzers) keine Rolle spielen, ob der Eigentümer vindiziert oder aus dem mit dem Nießbrauch begründeten gesetzlichen Schuldverhältnis klagt. Der Anspruch aus § 812 I 1 (1) aber folgt letztlich aus dem Parteiwillen, der nach dem System des BGB inter partes dinglichen Positionen stets vorgeht.

[3] Protokolle der zweiten Kommission bei Mugdan, Die gesammten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Band 2: Schuldrecht, Berlin 1899, 1183f. Greiner (S. 166 Anm. 284ff. unter Hinweis auf Jakobs/Schubert [o. Anm. 2], S. 783 und 789 sowie Mugdan S. 467f.), stellt fest, ein Antrag Plancks bei den Beratungen der ersten Kommission auf vollständige Harmonisierung der Vorschriften über Vindikation und Kondiktion hinsichtlich Nutzungs- und Verwendungsersatz sei vom Antragsteller im den Verwendungsersatz betreffenden Teil fallengelassen worden; hierin vermutet Greiner eine „Anpassung“ Plancks „an die Mehrheitsverhältnisse in der Kommission“. Bei den Beratungen der zweiten Kommission stellten Jacubezky und von Mandry wiederum Anträge, die auf die Gleichstellung von Bereicherungs- und Vindikationsschuldner in Ansehung des Verwendungsersatzanspruches gerichtet waren; vgl. Greiner (S. 170ff.) und Jakobs/Schubert (o. Anm. 2), S. 847ff. sowie Mugdan 1182ff. Hätte die zweite Kommission wirklich geglaubt und gewollt, wie Greiner S. 176 vermutet, daß Kondiktion und Vindikation insoweit „im großen und ganzen zu dem gleichen (materiellen) Ergebnis führen würden“, dann hätte sie den Antrag Jacubezkys oder von Mandrys auf Aufnahme eines Verweises auf die Regelung des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses nicht abgelehnt.

[4] Greiner verweist hier auf I 13 § 262 und I 7 § 204 ALR, die auf einer Fortentwicklung der actio de in rem verso (nicht etwa: versio, so aber mehrmals auf S. 114 in Anm. 128) beruhten.

[5] Vgl. jüngst Müller-Ehlen, hereditatis petitio, Köln u.a. 1998, S. 435 (dort S. 427-442 und 445f. mit weiteren Quellen und umfangreicher Literatur zum Verwendungsersatz im klassischen römischen Recht).

[6] Eigenartig ist der Vorwurf Greiners „insbes. im letzten Jahrhundert“ mute die Erörterung der Konkurrenzlehre „überzogen pandektistisch (begriffsjuristisch)“ an (S. 61 Anm. 75). Die Pandektistik kann nicht schlichtweg mit Begriffsjurisprudenz gleichgesetzt werden; daß sie „pandektistisch“ ist, versteht sich von selbst.

[7] Jakobs/Schubert (o. Anm. 2), Band 3: Recht der Schuldverhältnisse, 3. Teilband, 1983, S. 841.

[8] Vgl. die Protokolle der ersten Kommission bei Jakobs/Schubert (o. Anm. 2), S. 789.

[9] Die Norm hätte gerade deshalb neben dem allgemeinen Zurückbehaltungsrecht des heutigen § 273 Bedeutung gehabt, weil ein eigenständiger Gegenanspruch, den diese Norm voraussetzt, nicht gewollt war. Greiners Kritik, die Regelung des ersten Entwurfs widerspreche der von der ersten Kommission geäußerten Ablehnung eines Verwendungersatzanspruches, trifft somit ebensowenig zu wie die, daß die Regelung im Vergleich mit heutigen §§ 1000ff., denen sie ja inhaltlich entspricht, zu knapp sei.

[10] Meist zum gleichen Ergebnis gelangt die ganz h. M. auf Grundlage der Saldotheorie, nach der der Bereicherungsschuldner auf Herausgabe der Sache Zug um Zug gegen Verwendungsersatz zu verurteilen ist, vgl. nur H. P. Westermann in Erman, Bürgerliches Gesetzbuch, 10. Aufl., Münster/Köln 2000, § 818 Rn. 47 und W. Lorenz in Staudinger, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 13. Aufl., Berlin 1999, § 818 Rn. 47, jeweils mit umfangreichen Nachweisen. Freilich wird auf diese Art die „Entreicherung“ zu einem Gegenanspruch, dessen Grundlage oft fraglich ist, vgl. etwa BGHZ 116, 251ff. = NJW 1992, 1073; zu weiteren Schwierigkeiten dieser Konstruktion etwa Finkenauer, JuS 1998, 986ff. Der Weg des § 740 III E I ist dogmatisch sauberer und daher im Ergebnis zuverlässiger.

[11] Inkonsequent ist es, wenn Greiner (S. 204) die Lösung Kohlers, Die gestörte Rückabwicklung gescheiterter Austauschverträge, Köln 1989, S. 441ff., demzufolge in gescheiterten Leistungsbeziehungen die Vindikationsfolgeordnung von der Leistungskondiktionsfolgeordnung verdrängt wird, aus dem Grund ablehnt, daß sie gegen den Willen des Gesetzgebers verstoße.

[12] Der Bereicherungswegfall in Parallele zur hypothetischen Schadensentwicklung, Berlin 1987, S. 182ff.

[13] Jedenfalls missverständlich ist die Feststellung Greiners, S. 33 Anm. 14: „Im Corpus Iuris, das insoweit noch kasuistischer als das BGB verfuhr, gab es denn auch eine noch größere Anzahl an Herausgabeklagen und Verwendungsersatzregelungen“. Die Regelung des BGB ist nicht kasuistisch, sondern die Verwendungsersatzregelungen sind im Gesetz verstreut, und das Corpus Iuris enthält, jedenfalls in den Digesten, keine Regelungen.

[14] Unmöglichkeit und Nichterfüllung, Bonn 1969, S. 126.