Die
Urkunden der Arnulfinger, hg. v. Heidrich,
Ingrid. Ingrid Heidrich, Bad Münstereifel 2001.
214 S. (http://www-igh.histsem.uni-bonn.de/arnulfinger.asp
)
Die
um die Arnulfingerforschung verdiente Ingrid Heidrich,
Schülerin Peter Classens,
hat sich seit ihrer Dissertation[1] mit
dem großen und wichtigen Thema der Urkundenforschung unserer frühen Geschichte
beschäftigt. Obgleich von Karl Pertz mit den Merowingerurkunden[2] im
Rahmen der Monumenta Germaniae
Historica ediert[3], war im Grunde von Anfang
an klar, daß eine sorgfältige, wissenschaftlichen
Ansprüchen genügende Edition notwendig sei. Entgegen der Pertz'schen Ausgabe wurde hier
jedoch eine Trennung in die Merowingerurkunden[4] und
die hier nun anzuzeigenden Arnulfingerurkunden
vorgenommen.
Aus
wissenschaftlich mir nicht nachvollziehbaren Gründen[5] wurde
das Werk dann doch nicht
in die Diplomata-Abteilung der Monumenta
aufgenommen. Auch ist fast unfaßbar, daß diese Kärrnerarbeit nahezu unterstützungslos
durchgeführt werden mußte, obgleich einem jeden
einsichtig sein müßte, daß
Forschung auf gutem Fundament gebaut sein muß. Um ein
solches, grundsolides Fundament für künftige Forschung handelt es sich hier.
Der
handliche Band birgt als Nr. 1-24 die echten Urkunden, die mittelalterlichen
Fälschungen (Nr. 25-35), die Deperdita (Nr. 36-91),
sowie drei - aus verständlichen Gründen - separat gezählte moderne Fälschungen.
Die
überlieferten Urkunden sind allesamt in das Jahrhundert von der Mitte des
siebten zu der des achten zu datieren. Dies ist kaum verwunderlich, wenn man an
die überragende Stellung der Familie denkt, die dann schließlich das Königtum
von den Merowingern übernahm. Dieser Machtzuwachs und
der Aufstieg zur kaiserlichen Würde unter Karl dem Großen am Weihnachtstage 800
führten zu der relativ großen Überlieferungsmasse und der erheblich günstigeren
Überlieferungslage der Urkunden.
Die
Edition folgt den Richtlinien der Monumenta. Die
Kopfregesten, Einleitung und Kommentierung der einzelnen Urkunden sind sehr
ausführlich und unterrichten umfassend über den derzeitigen Kenntnis- und
Forschungsstand. Das gilt auch für die früheren Druckorte und Regesten.
Ebenfalls werden in kaum zu überbietender Gründlichkeit Überlieferungslage,
Bewertung des jeweiligen Stückes und discrimen
veri ac falsi
geboten.
Der
Band wird erschlossen durch mehrere Indices, doch werden zusätzliche
Suchmöglichkeiten in der Internetversion der Edition eröffnet.[6] Sehr
positiv an der Internetversion der Edition fiel auf, daß
hier auch der kritische Apparat mitbenutzbar ist.
Ein
übersehenes Deperditum[7] fällt
kaum ins Gewicht, doch stellt sich dem Rezensenten die Frage, weshalb bei
Pippin dem Jüngeren nicht alle überlieferten Urkunden, sondern lediglich die
sicher in die Zeit vor der Königserhebung datierbaren aufgenommen wurden. Die
Urkunden aus der Königszeit müssen daher in der Monumenta-Ausgabe
von 1906[8]
benutzt werden. Aber vielleicht soll die Edition ja in einem weiteren Band
fortgeführt werden. Dies wäre sicherlich eine lohnende Fortführung der Arbeit
durch die verdiente Kennerin der Arnulfinger - ebenso
sinnvoll wäre es, die Ingrid Heidrichs Aufsätze zur arnulfingischen Geschichte in einem Band zu sammeln[9].
Heidelberg Klaus-Frédéric
Johannes
[1] Heidrich, Ingrid, Titulatur und Urkunden der arnulfingischen Hausmeier, in: AfD 11/12 (1965/66), p. 71-279.
[2] Ed. Pertz, Karl August Friedrich, Diplomata regum Francorum e stirpe Merowingica. Diplomata maiorum domus regiae. Diplomata spuria, (= MGH Diplomata in Folio), Hanover 1872 [letzter Neudruck 1998].
[3] Zu dieser historia calamitatum zuletzt Brühl, Carlrichard, Studien zu den merowingischen Königsurkunden, hg. von Theo Kölzer, 1998, va. Kap. 1 und 2.
[4] Ed. Kölzer, Theo, Die Urkunden der Merowinger (Diplomata regum Francorum e stirpe Merovingica), (= MGH Die Urkunden der Merowinger), 2 Bde., 2001.
[5] Cf. Heidrich, Die Urkunden der Arnulfinger, p. 7.
[6] Diese Version, die auch der regelmäßigen Ajournierung dienen soll, ist - nach Anmeldung - kostenfrei über die Seite des Historischen Seminars der Universität Bonn zugänglich (oder über: www-igh.histsem.uni-bonn.de).
[7] Cf. Kölzer, Theo, Dagobert in Trier, in: Von Sacerdotium und Regnum: Geistliche und weltliche Gewalt im frühen und hohen Mittelalter. Festschrift für Egon Boshof zum 65. Geburtstag, hg. von Franz-Reiner Erkens und Hartmut Wolff, (= Passauer Historische Forschungen 12), 2002, p. 627-635, hier p. 631.
[8] Ed. Mühlbacher, Engelbert, Die Urkunden der Karolinger, Bd. I: Die Urkunden Pippins, Karlmanns und Karls des Großen, Hannover 1906.
[9] Die bibliographischen Hinweise sind durch das Publikationsverzeichnis auf der Homepage Ingrid Heidrichs gut eruierbar, bequem zusammengestellt auch in dem die Edition begleitenden Literaturverzeichnis - ebenfalls leicht zugänglich in der Internetversion.