Bayerisches Hauptstaatsarchiv. Reichskammergericht Band 7 Nr. 2130-2676 (Buchstabe D) (= Bayerische Archivinventare 50/7), bearb. v. Ksoll-Marcon, Margit/Hörner, Manfred. Generaldirektion der staatlichen Archive Bayerns, München 2001. XI, 788 S. - Bayerisches Hauptstaatsarchiv. Reichskammergericht Band 8 Nr. 2676-3227 (Buchstabe E) (= Bayerische Archivinventare 50/8), bearb. v. Hörner, Manfred. Generaldirektion der staatlichen Archive Bayerns, München 2001. XI, 724 S. [beide zugleich Reihe „Inventar der Akten des Reichskammergerichts“ Nr. 19, Teilbände 7 und 8]
Das erfreulich zügige Voranschreiten der Gesamtinventarisierung der in deutschen Archiven lagernden Reichskammergerichtsakten, worüber in dieser Zeitschrift regelmäßig berichtet wird (z. B. ZRG Germ.Abt. 113 [1996], 114 [1997], 116 [199] und zuletzt 118 [2001] S. 615f.) wird auch durch die beiden vorliegenden Bände dokumentiert. Ein gewisser Rückstand war und ist bis heute im Hinblick auf die im Bayerischen Hauptstaatsarchiv lagernden Akten des Reichskammergerichts zu verzeichnen. Doch ist hier zu bedenken, dass es sich um einen riesigen Bestand handelt, dessen Tiefenerschließung nach den von der Deutschen Forschungsgemeinschaft 1978 festgelegten Verzeichnungsgrundsätzen einen besonderen Kraftaufwand (und Personalaufwand) erfordert. Die schließlich von der Münchener Generaldirektion vorgelegten Inventarbände zählen andererseits zu den am sorgfältigsten betreuten der Gesamtreihe, deren Gründlichkeit und Zuverlässigkeit nichts zu wünschen übrig lassen. Die Beschreibungen der Akteninhalte und besonderen Dokumentationswerte sind bisweilen so ausführlich gehalten, dass man in vielen Fällen auf eine Einsichtnahme der Akten selbst weitgehend verzichten kann. Offensichtlich ist auch die weitere „konventionelle“ Publikation der Inventare bis zum Abschluss der Verzeichnungsprojekte geplant. An dieser Entscheidung sollte man trotz neuer Möglichkeiten des Einsatzes anderer Datenträger unbedingt festhalten, um kein Fragment in den Bibliotheken zu hinterlassen. Daneben sollte man allerdings eine digitalisierte Gesamtedition aller Inventare anstreben – ein Projekt, das natürlich nicht von den Landesarchivverwaltungen geleistet werden muss, sondern als Gesamtprojekt vom Bundesarchiv angestoßen werden sollte. Wichtig wäre hier vor allem die in dieser Form zu publizierende Gesamtindexierung der Bestände.
Beide hier vorgestellten Inventarbände beginnen zunächst mit jeweils einer ausführlichen Erläuterung zum Inventarisierungsschema und zu den Indices. Da die Prinzipien aus den bisherigen Kammergerichtsinventaren bekannt sind, braucht hierauf nicht mehr eingegangen zu werden. Hingewiesen sei darauf, dass man sich dazu entschlossen hat, pro Band einzeln Personen- und Ortsregister, Prokuratorenindex, Index der Vorinstanzen, Juristenfakultäten und Schöppenstühle, Sachregister sowie chronologische Verzeichnisse der Prozesse nach ihrem jeweiligen Einführungsjahr am Reichskammergericht abzudrucken. Damit werden geradezu ideale Erschließungsvoraussetzungen für die Inventare selbst zur Verfügung gestellt, die vor allem dem Rechtshistoriker die Arbeit enorm erleichtern.
Ein Blick in die beiden Sachindices lässt schnell erkennen, welch unerschöpfliche rechtshistorische Thematik in den Akten angesprochen ist, die der näheren Erforschung in wissenschaftlichen Arbeiten – auch Qualifikationsarbeiten der Universitäten – offen stehen. Angesprochen werden z. B. die Achtpraxis, Fragen der Appellation, des Arrests, der Austrägalgerichtsbarkeit, von Ehaftgerechtigkeiten, Besitzstreitigkeiten, von diversen Straftatbeständen, des Blutbanns, , der Darlehens- und Zinsproblematik, von Dienstbarkeiten, des Ediktalverfahrens, des Eherechts, von Eid und Gelübde, des Erbrechts, von Exemtionen, des Familienrechts, von Gerechtigkeiten unterschiedlichster Art, der Gewaltproblematik in ihren verschiedensten Ausdrucksformen, der Buße und Strafe, der Gerichtszuständigkeit, der Handwerksrechte, der Hinrichtungsverfahren, von Jagdgerechtigkeiten, Immissionsschutz und Nachbarrechten, des Kauf- und Tauschrechts, der Ladungspraxis, des Lehenswesens, der Rechtsnatur und Rolle von Obrigkeiten, der Pfändungsrechte, des Privilegs, des Prozessverfahrens einschließlich der Kostenstreitigkeiten, der Reichsrechte wie Reichsstandschaften und reichsritterschaftlicher Rechte, Fragen des Schadensersatzes, des Schuldnerschutzes, des Steuerrechts, der Urteilspraxis der Vorinstanzen, des landesherrlichen Verordnungs- und Policeywesens, des Vertragsrechts, des Vormundschaftsrechts, der Zehnten und des Zeugenrechts. Diese Aufzählung soll nur einen ungefähren Eindruck verschaffen und belegen, welche Fundgrube sich dem Rechtshistoriker bei der Nutzung dieses reichhaltigen Quellenmaterials eröffnet.
Darmstadt J. Friedrich Battenberg