SiebingerDieberatungen20010912 Nr. 10468 ZRG 119 (2002) 43
Die Beratungen des Fürstenrates in Osnabrück 3 1646, bearb. v. Brunert,
Maria-Elisabeth/Rosen, Klaus (= Acta Pacis Westphalicae, Serie 3, Abteilung A, Band 3/3). Aschendorff, Münster 2001. CXXXII, 450 S.
Vorliegender
Teilband der seit 1962 erscheinenden Edition präsentiert sich philologisch
sorgfältig aufbereitet. Die detailreiche Kommentierung und die konzise
umfangreiche Einleitung von Brunert bieten
eine hervorragende wissenschaftliche Ausstattung, der es nebenbei gelingt, auch
Nichtspezialisten den Zugang zu den dargebotenen Quellentexten zu erschließen.
Angestrebt ist erfreulicherweise weitestgehende Übersichtlichkeit in der
Gestaltung. So visualisiert Brunert etwa durch
den Abdruck eines zeitgenössischen Sessionsschemas dem Leser die Sitzordnung
des Fürstenrates während der Beratungen (S. CXXXI). In diesem Sinne zu begrüßen
ist auch der Entschluß, schon vor Beendigung der Teilserie erstmals ein
vorläufiges Personenregister beizufügen, das die beiden bereits
erschienenen Teilbände 3/1 und 3/2 mit
umfaßt. Ebenfalls den Zeitraum der beiden Vorgängerteilbände einschließend
finden sich in einer Einstecktasche herausnehmbare, für die Benutzbarkeit der
Quellensammlung sehr nützliche Überblicksblätter über die fürstenrätlichen
Voten vom 27. Juli 1645 bis zum 27. April 1646.
Inhaltlich umfaßt vorliegender Band die Protokolle der Osnabrücker
Fürstenratssitzungen vom 3. Februar bis zum 27. April 1646. Er erstreckt sich
damit vom Eintritt in die Hauptberatungen bis zur Übergabe der
reichsständischen Gutachten von Kurfürstenrat, Fürstenrat und Städterat über
die Gesamtfriedensvorschläge des Kaisers, Schwedens und Frankreichs an den
kaiserlichen Gesandten. Erstmals nahmen in diesem Zeitraum auch katholische Reichsstände
im Fürstenrat zu Osnabrück an den Beratungen teil (Österreich, Bayern, Würzburg
und Basel bereits ab Beginn der Hauptberatungen, im April 1646 kamen dann
weitere aus Münster hinzu). Diese waren jedoch mit einem Anteil von etwa einem
Siebtel bis zu einem Drittel der in Osnabrück vertretenen Reichsstände stets in
der Minderheit. Brunert hebt zudem die große
„Solidarität der evangelischen Gesandten“ (S. LV) hervor, so daß Österreich, dem als höchstrangigem Reichsstand das
Fürstenratsdirektorium zukam, eine schwierige Stellung innehatte. Dem
österreichischen Direktor Richtersberger gelang es
jedoch mit dem Recht der Proposition ein
entscheidendes Instrument zur Lenkung der Beratungen an sich zu ziehen. Die
Beratungen selbst gingen über vier Klassen von Verhandlungsgegenständen: die
Reichssachen (Klasse I), die territorialen und finanziellen Forderungen
Schwedens und Frankreichs (Klasse II), die Fragen der Friedenssicherung (Klasse
III) und schließlich die Schluß- und Ausführungsbestimmungen (Klasse IV).
Belastet mit verfahrensrechtlichen Streitigkeiten zogen sich die Beratungen zu
Klasse I am weitaus längsten hin. Insbesondere bestanden die Evangelischen
darauf, ihre vota discrepantia
in die Correlation einzufügen, um, so Brunert, die kaiserlichen Gesandten zu zwingen, die
Uneinigkeit der Reichsräte in bestimmten Fragen „offiziell zur Kenntnis“ zu
nehmen und damit in diesen Fällen die Berufung auf die Gesamtheit der
Reichsstände in den weiteren Verhandlungen unmöglich zu machen (S. CIf.). Die
restlichen Klassen wurden dann sehr zügig vom 12. bis zum 17. März behandelt. Aus den Beratungen
herauszugreifen ist vor allem die Frage des Stichjahres für die Amnestie, die die Reichsstände stärker als jede andere entzweite (S.
LXXXIX), wollten in diesem für die künftige Gestalt Deutschlands entscheidenden
Punkt die Evangelischen doch das Jahr 1618, die Katholischen das Jahr 1630
festsetzen (vgl. das Magdeburger Votum vom 8. Februar, S. 59-63, bzw. den
zweiten Correlationsentwurf Richterbergers
vom 10. März, S. 231-237).
Jena Martin
Siebinger