SchröderjanLanger20010810 Nr. 10214 ZRG 119 (2002) 42

 

 

Langer, Stefanie, Rechtswissenschaftliche Itinerarien. Lebenswege namhafter europäischer Juristen vom 11. bis zum 18. Jahrhundert (= Rechtshistorische Reihe 225). Lang, Frankfurt am Main 2000. 245 S.

 

Die Verfasserin dieser Kieler Dissertation möchte die „Schwerpunkte rechtswissenschaftlicher Aktivitäten“ im mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Europa (1100-1800) ermitteln und orientiert sich dabei an den Lebens- und Wirkungsstätten „herausragender“ Rechtsgelehrter (S. 16). Sie bildet vier Abschnitte: Glossatoren, Kommentatoren, humanistische Jurisprudenz sowie Usus modernus und Naturrecht. In ihnen werden jeweils zuerst die Lebensläufe von insgesamt 59 Juristen geschildert und dann die „Lebenswege“ in Landkarten dargestellt. Die Karten veranschaulichen, daß sich die Zentren rechtswissenschaftlicher Aktivität in „Alteuropa“ allmählich von Italien nach Norden verschieben. Nach der Glossatorenzeit kommt neben Südfrankreich auch Nordfrankreich hinzu, im 16. Jahrhundert verlagert sich der Schwerpunkt von Italien auf Frankreich und das deutsche Reich. Im 17. und 18. Jahrhundert verliert auch Frankreich an Bedeutung, während die Niederlande und vereinzelt auch die skandinavischen Länder stärker in den Vordergrund treten.

Die Ergebnisse einer solchen Arbeit können naturgemäß nur so gut sein, wie die Auswahl der „namhaften“ Juristen, die ihr zugrunde liegt. Hier überzeugen die Entscheidungen der Verfasserin nicht immer. So spart sie die spanischen Spätscholastiker und die englischschottischen Naturrechtler aus, weil sie wegen ihrer „Randlage ... keinen nachhaltigen Einfluß auf die in dieser Arbeit nachgezeichneten Hauptströmungen gehabt“ hätten (S. l6). Das ist aber sicherlich ein Fehlurteil, schon angesichts der enormen Rezeption etwa von Francisco Suarez und Thomas Hobbes (!) auf dem nordeuropäischen Kontinent. Indem die Verfasserin Domat und Pothier übergeht, kommt auch Frankreich im 17. und 18. Jahrhundert zu schlecht weg. Im Deutschland des 16. Jahrhunderts taucht das humanistische Zentrum Wittenberg nur im Zusammenhang mit Everard Bronchorst, nicht aber mit Kling, Appell und Wesenbeck auf, und im 18. Jahrhundert fehlt Göttingen völlig. Es sind also doch wohl verschiedene Korrekturen am Kartenwerk der Verfasserin notwendig, wenn es auch im großen Ganzen dem bisherigen Wissensstand entspricht. Immerhin hat die Verfasserin das Verdienst, in ihrer originellen „juristischen Geographie“ die Wanderungsbewegungen der europäischen Rechtswissenschaft nun auch einmal im Bild vor Augen gestellt zu haben. Außerdem findet der Leser, der sich für die Aufenthaltsorte der ausgewählten Juristen interessiert, eine Fülle von Informationen.

 

Tübingen                                                                                                          Jan Schröder