SchroederKolb20010126 Nr. 1234 ZRG 119 (2002) 32
Kolb, Johann, Heidelberg. Die Entstehung einer landesherrlichen Residenz im 14. Jahrhundert (= Residenzenforschung 8). Thorbecke, Sigmaringen 1999. 232 S.
Zu den „Ruhmestiteln“ deutscher rechtshistorischer Forschung zählt das weitläufige Gebiet von Stadt und Stadtrecht. Es bedarf keines besonderen Hinweises darauf, dass die Untersuchung des Stadtrechts sich seit geraumer Zeit als unentbehrlich dafür erwiesen hat, die europäische Rechtsentwicklung als einen kontinuierlichen Prozess hin zur Ausbildung der modernen Rechtsstrukturen erfassen und verstehen zu können. Geringeres Augenmerk richtete man hingegen auf die Entstehung landesherrlicher Residenzen. Der Göttinger Historiker Hans Patze war es, welcher die grundlegende Bedeutung der Bildung landesherrlicher Residenzen als wesentlicher Teil der Entwicklung zum modernen Staat für die deutsche Geschichte erkannt hat und ein Vorhaben initiierte, in dessen Mittelpunkt die landesherrlichen Residenzen im spätmittelalterlichen deutschen Reich stehen. Die Kieler Dissertation Kolbs untersucht in Verfolg der von Patze entwickelten Fragestellung die Entwicklung Heidelbergs zur Residenz der Pfalzgrafen bei Rhein. Auch für die Kurpfalz kann er aufzeigen, dass die Festigung des kurpfälzischen Territoriums und in diesem die Entwicklung Heidelbergs zur Residenzstadt in enger Wechselbeziehung stehen. Maßgebend war für die Pfalzgrafschaft ebenso die Konsolidierung von Oberbehörden, besonders von Kanzleien und Archiven an einem bestimmten Ort während des 13. und 14. Jahrhunderts. Im Bereich des Steuerwesens finden sich in der Zeit Ruprechts I. Ansätze zu einer zentralisierten Finanzverwaltung in Heidelberg. In dieser Stadt befand sich gleichfalls die bedeutendste Münzstätte der Kurpfalz. Hinzu kommt die 1386 von Pfalzgraf Ruprecht dem Älteren begründete Universität, durch die Heidelberg eine weitere Bedeutungsaufwertung erfuhr. Augenfällig sichtbar wird mit diesem Akt, dass sich die Stadt in den ersten Jahrzehnten der Herrschaft Pfalzgraf Ruprechts I. zum Herrschaftsmittelpunkt herauskristallisierte. Trotz der schlechten Quellenlage ‑ der große Brand in Heidelberg 1689 vernichtete nahezu die gesamte schriftliche Überlieferung der Stadt ‑ ist es dem Autor gelungen, anhand der überlieferten Dokumente und Daten anschaulich und leicht fassbar die Entstehung und den Ausbau Heidelbergs zur Residenz der Kurfürsten bei Rhein darzulegen. Erfreulich ist ebenso der unprätentiöse Stil der vorliegenden Abhandlung.
Heidelberg Klaus Peter Schroeder