RichterSchorer20010915 Nr. 10382 ZRG
119 (2002) 37
Schorer, Reinhold, Die Strafgerichtsbarkeit in der
Reichsstadt Augsburg 1156-1548 (= Konflikt, Verbrechen und Sanktion in der
Gesellschaft Alteuropas, Fallstudien 3). Böhlau, Köln
2000. XI, 221 S.
Reinhold Schorer befasst sich in seiner Arbeit
detailliert und umfassend mit der geschichtlichen Entwicklung der
Gerichtsverfassung und der Gerichtsorganisation der Reichsstadt Augsburg in
Strafsachen. Den zeitlichen Rahmen bilden das erste Stadtrecht von 1156 sowie
die Aufhebung der Zunftverfassung 1548. Mit dem ersten Stadtrecht werden die
ersten Spuren einer rechtlichen Ordnung in Augsburg sichtbar, wobei es sich
allerdings weniger um rechtliche Neuschöpfung als vielmehr um Aufzeichnung des
von alters her in der Stadt geltenden Gewohnheitsrechtes handelt. Die Aufhebung
der Zunftverfassung 1548 signalisiert den Übergang zu einer neuen
Rechtsordnung. In dem dazwischenliegenden Zeitraum zeichnet der Verfasser
anhand zahlreicher Quellen, unter anderem auch aus den Augsburger Archiven, die
Veränderung der Organisations- und Funktionsweise der Gerichtsverfassung nach.
Ein wichtiges Ziel der Arbeit ist die Untersuchung, wann sich in
mittelalterlichen Quellen der Übergang vom Privatstrafrecht zum öffentlichen
Strafrecht feststellen lässt. Anhand der vom Verfasser ausgewählten Quellen und
seiner Forschungsergebnisse lässt sich diese Entwicklung gut verfolgen.
Kernpunkt des Strafverfahrens im 12. Jahrhundert – sofern zu dieser Zeit
überhaupt von Strafverfahren gesprochen werden kann – ist die zwischen den
Parteien ausgehandelte Buße, die regelmäßig in Geld- oder Sachleistungen
bestand. Damit sollte, so die Feststellung des Verfassers, die Blutrache oder
Fehde nur auf Ausnahmefälle beschränkt, ansonsten aber verhindert werden. Im
Laufe der folgenden Jahrhunderte lässt sich eine Zunahme der durch städtische
Institutionen erlassenen Bestimmungen zur Strafrechtsverfolgung beobachten, die
mehr und mehr die Buße in den Hintergrund treten lassen und das durch
städtische Organe betriebene öffentliche Strafverfahren erkennen lassen. Dem
Verfasser ist somit ein umfassender und zugleich wertvoller Beitrag zur
Erforschung der Frage gelungen, wie sich im Mittelalter das Strafrecht zu dem
uns heute vertrauten, öffentlichen Strafrecht entwickelt hat.
Berlin Klaus
Richter