OgrisKossak20010116
Nr. 10332 ZRG 119 (2002) 48
Kossak Wolfgang, Ehebruch. Berühmte Seitensprünge der
Geschichte. Ueberreuter, Wien 2000. 228 S.
Anzuzeigen ist eine überaus flüssig, streckenweise
auch amüsant geschriebene Zeitreise durch die Welt des Seitensprunges, die vom
legendären König David bis herauf zu den einschlägigen (Skandal-)Geschichten
der Prominenz aus Politik und Kunst führt. An 26 teils mehr, teils weniger
bekannten Beispielen illustriert der Verfasser, Senatspräsident am OLG Linz,
den jeweiligen rechtlichen und moralischen Stellenwert ehelicher Untreue in
diversen Zeitaltern und Gesellschaftsordnungen. Nicht überraschend, aber doch
bedenkenswert die Feststellung, daß die Beurteilung
des „Fremdgehens“ eines Ehepartners zwischen fundamentalistischer Härte auf der
einen und weitgehender Tolerierung, ja zügellosem Libertinismus auf der anderen
Seite schwankt. Immerhin ist daran zu erinnern, daß
die Theresiana
von 1768 das crimen adulterii
ausführlich regelte (Art. 77) und die Strafbarkeit des Ehebruchs in der Schweiz
1990, in Österreich erst 1997 beseitigt wurde. Damit hat sich in Europa allenthalben
die Einsicht durchgesetzt, daß das Strafrecht kein
geeignetes Regulativ zur Verhinderung oder wenigstens Einschränkung von
ehelichen Fehltritten sein kann (sondern nur die Dunkelziffer erhöht!). Daß dem gegenüber in der islamischen Welt der Ehebruch (vor
allem jener der Ehefrau) vielfach noch mit Strafe, u. U. bis hin zur Todesstrafe
bedroht ist, wertet Verfasser als Indiz für den grundlegenden Unterschied zwischen
den beiden Kulturen. Über die weiterhin bestehendenzivilrechtlichen Folgen des
Ehebruchs in Deutschland und in Österreich berichtet ein – nicht für den
Fachjuristen gedachter – Anhang (S 224 ff).
Wie denn das Buch insgesamt sich an ein breiteres
Publikum, nicht an juristische oder historische Fachleute wendet. Doch kann es
auch dem rechtshistorischen Profi reiches Anschauungs- und Hintergrundmaterial
bieten – nicht etwa nur zu Margarete Maultasch,
Heinrich VIII. oder Napoleon, sondern z. B. auch zu Elisabeth von Fürstenberg.
Sie hatte ein jahrelanges Verhältnis mit Joseph v. Laßberg,
dem Eigentümer der (Lüzelnheimer)
Handschrift des Schwabenspiegels von 1287, die Josephs Sohn Friedrich für eine
Edition bearbeitete (postum 1840 erschienen).
Wien Werner
Ogris