OgrisDasfreiburger20010116 Nr. 10160 ZRG 119 (2002) 43
Das Freiburger ABGB-Gutachten. Gutachten der vorderösterreichischen Juristenfakultät Freiburg im Breisgau zum „Entwurf eines allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches“ (1797), hg. v. Schott, Clausdieter (= Rechts- und Sozialwissenschaftliche Reihe 25). Lang, Frankfurt am Main 2000. 213 S. 5 Abb.
Vorderösterreich, die
„Schwanzfeder des Kaiseradlers“, ist erst vor kurzem (1999/2000) durch eine
eindrucksvolle Ausstellung (Rottenburg, Schallaburg,
Freiburg; dazu Katalog: Vorderösterreich nur
die Schwanzfeder des Kaiseradlers?, hg. v. Württembergischen Landesmuseum
Stuttgart. Süddeutsche Verlagsgesellschaft Ulm, 2. Auflage 1999, 448 S.,
zahlreiche Abbildungen) in das Bewußtsein breiterer
Bevölkerungskreise gehoben worden. Nun beleuchtet die vorliegende Edition des
Zürcher Ordinarius einen bislang kaum bekannten Aspekt, nämlich den Beitrag der
Freiburger Juristenfakultät zur Kodifikationsgeschichte des ABGB von 1811.
Dabei handelt es sich um ein Gutachten, das der Freiburger Studien-Konsess im Jahre 1797
über den „Entwurf eines allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches“ erstattete.
Dieser „Entwurf Martini“ war im Februar 1797 etwas überstürzt als „Bürgerliches
Gesetzbuch für Westgalizien“ (WGGB) in Kraft gesetzt
worden. Die Beratungen der Freiburger Fakultät liefen daher de facto auf eine
Begutachtung des WGGB hinaus. Diese fand ihren
Niederschlag in einem 171 Seiten umfassenden Konzept, das in 12 Sitzungen
zwischen 21. April und 27. September 1797 von den (damals nur vier!)
Rechtsprofessoren erarbeitet wurde. Entsprechende Voten wurden auch von den
anderen erbländischen Fakultäten (Wien, Prag,
Innsbruck) eingefordert; doch ist nur jenes aus Freiburg erhalten. Es stellt
einen nicht gerade sensationellen, aber doch bedeutsamen Beitrag der Freiburger
Juristenfakultät zur Gestaltung des Orbis iuris Austriacus dar.
Die übersichtliche
und auch sonst ansprechend gestaltete Edition bringt in einer linken Spalte
„Erinnerungen und Gründe“ und stellt diesen in einer rechten Spalte den
kritisierten Wortlaut des Entwurfes und die vorgeschlagene neue Textierung gegenüber. In der Sache ging es damals nicht
(mehr) um Grundsätzliches, sondern (eher) um „kosmetische“ Korrekturen.
Immerhin hat der Hauptredaktor, Franz von Zeiller,
etwa die Hälfte der Freiburger Monita der
Gesetzgebungs-Hofkommission vorgetragen und davon wieder die Hälfte, nämlich
65, bei der Schlußredaktion des ABGB (mehr oder
weniger vollständig) berücksichtigt. Zuletzt noch in der letzten (= 132.)
Sitzung des ersten Beratungsdurchganges am 22. Dezember 1806. Damals allerdings
waren Freiburg und der Breisgau bereits an das neu gebildete Kurfürstentum
(seit 1806 Großherzogtum) Baden gefallen.
Wien Werner
Ogris