MauntelFuchs-Heinritz20010912 Nr. 10267 ZRG 119 (2002) 02

 

 

Fuchs-Heinritz, Werner, Biographische Forschung. Eine Einführung in Praxis und Methoden. 2. Aufl. (= Hagener Studientexte zur Soziologie 5). Westdeutscher Verlag, Opladen/Wiesbaden 2000. 384 S.

 

Das hier anzuzeigende Buch von Werner Fuchs-Heinritz, Professor für allgemeine Soziologie an der Fern-Universität Hagen, ist erstmals 1984 in der Reihe „Hagener Studientexte zur Soziologie“ erscheinen. Mit ihm steht in nunmehr zweiter Auflage eine Einführung in den Arbeitsbereich der biographischen Forschung in den Sozialwissenschaften zur Verfügung.

Gleich zu Beginn, in der Einleitung, weist der Autor auf eine besondere Schwierigkeit seines Gegenstandes hin. Die biographische Forschung sei ein „Arbeitsbereich in verschiedenen Wissenschaften, keine fest etablierte Teildisziplin, kein traditioneller Methodenbereich mit von allen gemeinsam verwendeten Grenzziehungen, Grundbegriffen oder Verfahrensschritten“. (S. 9) Den hieraus resultierenden terminologischen Unsicherheiten und Zweifeln über den Gegenstandsbereich entsprechender Forschungsaktivitäten versucht der Autor zu entgehen, indem er unter den Begriff der biographischen Forschung diejenigen Forschungsansätze und -wege in der Sozialwissenschaft fasst, „die als Datengrundlage (oder als Daten neben anderen) Lebensgeschichten haben, also Darstellungen der Lebensführung oder der Lebenserfahrung aus dem Blickwinkel desjenigen, der sein Leben lebt.“ (S. 9) Auf der Grundlage dieser weiten, am Charakter der Daten orientierten Grenzziehung soll das Buch dem Leser „in erster Linie Überblick und praktischen Rat bieten“. (Vorwort zur 2. Auflage) Die Erwartungen, die sich an ein solches Vorhaben knüpfen, werden voll und ganz erfüllt.

Das Buch zerfällt in drei Kapitel, die von einer Einleitung und einem abschließendem Ausblick gerahmt werden. Im ersten Kapitel gibt der Autor einen exemplarischen Einblick in die Vielfalt biographischer Kommunikation, informiert über ihre Entstehungsbedingungen, soziale Funktion und gesellschaftlichen Voraussetzungen. Der Leser wird sensibilisiert für die besondere Beschaffenheit des Datenmaterials und zu einem kritischen Umgang mit ihm angehalten. Das weitaus umfangreichere zweite Kapitel ist der Geschichte der biographischen Forschung, ihren Forschungszielen und der Darstellung methodischer Kontroversen gewidmet. Es ist geprägt durch eine kritische Auseinandersetzung mit der quantitativen Sozialforschung sowie von der Vorstellung der Möglichkeit einer „(Neu-) Begründung der Soziologie von der Biographieforschung her“. (S. 122, 179, sowie der Ausblick, S. 327f.) Im dritten und letzten Kapitel folgt der Autor den Arbeitsschritten eines biographischen Forschungsprojekts und zeigt Lösungen für typische Probleme der Forschungspraxis auf.

Der Text ist in einer klaren, eingängigen Sprache verfasst, kommt ohne Fußnotenapparat aus und wirkt daher trotz zahlreicher Verweise wie aus einem Guss. Der gezielte und schnelle Zugriff auf einzelne Passagen wird jedoch durch das Fehlen einer detaillierten Gliederung unnötig erschwert. Hinweise auf weiterführende Literatur kann der Leser einem umfangreichen Literaturverzeichnis entnehmen.

Die vorliegende Einführung dürfte vor allem für Rechtshistoriker interessant sein, deren Forschungen sich auf die jüngere Vergangenheit beziehen und die sich zur Erhebung ihrer Daten sozialwissenschaftlicher Methoden bedienen. Ihnen bietet das Buch den versprochenen „Überblick und praktischen Rat“.

 

Berlin                                                                                                             Christoph Mauntel