JenksMusson20000927
Nr. 10196 ZRG 118 (2001) 31
Musson, Anthony/Ormrod,W. M., The Evolution of English Justice. Law, Politics and
Society in the Fourteenth Century (= British Studies Series), Macmillan,
Dieses Buch
hat zwei Ziele: es soll zum einen eine Einführung in die englische
Rechtsgeschichte des 14. Jahrhunderts sein und will zum anderen die in dieser
Zeit erkennbaren Veränderungen neu interpretieren, und zwar als
Evolutionsprozeß, d. h. als graduelle Veränderung über einen längeren Zeitraum,
wobei die wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Faktoren analysiert
werden, die diese Evolution beeinflußten.
Die erste selbstgestellte Aufgabe meistert das Buch auf
nur 62 Seiten in zwei darstellenden Kapiteln, die identisch aufgebaut und klar
gegliedert sind. Die Ergebnisse werden zudem leserfreundlich zusammengefaßt.
Zunächst wird auf die Geschichte der zentralen Common Law Gerichte (Exchequer,
Common Pleas, King´s Bench, Exchequer ) und der außerhalb des Common Law
stehenden, aber komplementär agierenden „prerogative courts“ (Star Chamber,
Chancery als Court of Conscience und Parlament in seiner Funktion als High
Court) bis zum Ende des 14. Jahrhunderts (und oftmals darüber hinaus)
eingegangen, wobei die verschiedenen Aufgabenbereiche genannt, die neuen
Prozeßformen und Fachbegriffe erläutert sowie die Charakteristika der einzelnen
Gerichte hervorgehoben werden. Dann wird auf die zunehmende Fachausbildung und
den beruflichen Werdegang des juristischen Personals ausgegriffen, wobei die
Säkularisierung der King´s Bench und der Common Pleas im 14. Jahrhundert und
die Rekrutierung von Personen aus den eigenen Reihen hervorgehoben werden. Als
nächstes werden die in den Provinzen tätigen Vertreter des Rechts (General
Eyre, Assizes und Gaol Delivery, Commissions of Oyer and Terminer, Keepers of
the Peace und Justices of the Peace) dargestellt. Dabei wird deutlich, daß es
oftmals Überschneidungen beim Personal
gab, die verschiedenen Organe miteinander kooperierten, nicht konkurrierten und
das Rechtssystem in ein Geflecht von persönlichen, beruflichen und politischen
Beziehungen eingebettet war.
Es folgen
zwei analytische Abschnitte, in denen exogene (Krieg, Wirtschaftskrisen und
Aufruhr sowie Verfassungskrisen) bzw. endogene („Consumer Demand“, die Rolle
der Berufsrichter und der Statutengesetzgebung) Faktoren unter dem
Gesichtspunkt erörtert werden, ob sie die Entwicklung des Rechts und der Justiz
beschleunigten bzw. veränderten und welchen Einfluß sie auf die Geschichte der
Instanzen hatten, die in den beiden vorherigen Kapiteln vorgestellt worden
waren. Dabei erfolgt eine intensive Auseinandersetzung mit der Literatur, insbesondere den Thesen Putnams
zu der Geschichte der Justices of the Peace.
Da eine
Evolutionsthese vertreten wird, werden nicht einzelne exogene bzw. endogene
Faktoren herausgegriffen und im Hinblick auf ihre Bedeutung für die
Rechtsentwicklung untersucht, wie dies die Anhänger der Transformationsthese
tun; der Rahmen wird vielmehr weiter gespannt. Es zeigt sich dabei z. B., daß
die Krone schnell auf die durch kriegerische Auseinandersetzungen
hervorgerufenen Probleme reagierte, und zwar bemerkenswert konsistent. Die Pest wird nicht als Katalysator für
Veränderungen gesehen, sondern als Faktor, der bestehende Trends in der
Rechtsentwicklung beschleunigte, denn es wurde bezüglich der Wirtschaft auf
Maßnahmen zurückgegriffen, die bereits zuvor gesetzt worden waren. Der
Peasants´ Revolt wird dagegen so gut wie kein Einfluß auf die Entwicklung oder
Struktur des englischen Rechts zugeschrieben. Als Fazit wird betont, daß „royal justice certainly adapted to new
conditions and situations brought about by external influences, but was rarely
thrown off course by them: arguably, indeed, its most striking feature was its
capacity to absorb such shocks.“ (S. 158-9). Die Untersuchung der endogenen
Faktoren zeigt, „that royal justice was ultimately a consensual system reliant
on high rates of participation by a wide variety of people acting as judges,
jurors and litigants“, und es wird „the essentially organic development and
consequent continued viability of the state´s response to the challenge of
law-keeping in later medieval England“ betont (S. 160).
Weil sich
das Recht nach der These dieses Buches den veränderten Bedürfnissen anpaßte und
das Rechtssystem auf die äußeren wie inneren Einflüsse reagierte, sollte man
eigentlich - so die Verfasser - von einer Bewertung absehen. Da allerdings die
Zeitgenossen die Situation um 1390 als „schlechter“ im Vergleich zu früher
einstuften, beschäftigt sich das letzte Kapitel mit den Gründen hierfür. Zwei
häufig genannte Kritikpunkte (Exklusivität und Korruption) werden
herausgegriffen. Die Autoren kommen zu dem Schluß, daß das spätmittelalterliche
Rechtssystem keineswegs durch Exklusivität geprägt war und einigen wenigen
vorbehalten blieb. Zwar gab es Korruption, doch
„the question remains as to whether corruption was sufficiently widespread at
all levels of royal justice in the fourteenth century that it threatened to
undermine the whole system“ (S. 182), wie auch „only a small proportion of the
criticism levelled against royal justice in the fourteenth century was intended
seriously to undermine the system“, während „most of it aimed either simply to
satirise an inevitably imperfect institution or actively to promote reform from
within“ (S. 190).
Das Buch
gibt einen guten Einblick in die englische Rechtsgeschichte nicht nur des 14.
Jahrhunderts und ist daher für denjenigen zu empfehlen, der sich einen
Überblick verschaffen will und ein Muß für diejenigen, die sich mit der
Geschichte der keepers/justices of the peace beschäftigen.
Fürth Susanne
Jenks