Medieval
Women and the Law, hg. v. Menuge, Noel James. Boydell & Brewer,
Woodbridge/Suffolk 2000. XIV, 169 S.
Die Aufsätze in diesem Sammelband
befassen sich hauptsächlich mit englischer Geschichte (10.-16. Jh.) und
untersuchen literarische und historische Quellen unter verschiedenen
Geschichtspunkten. Dies wird als interdisziplinärer Ansatz bezeichnet (S. ix),
eine Einschätzung, die sicherlich nicht jeder teilen wird. Drei Aufsätze
scheinen mir von besonderem rechtshistorischem Interesse zu sein. Kim M.
Philipps, Written on the Body: Reading Rape from the Twelfth to Fifteenth
Century (S. 125-144), will zeigen, dass sich die moderne westliche Definition
von Vergewaltigung von der des mittelalterlichen englischen Common Law
unterscheidet. Während im ersten Fall der Wille der Frau im Mittelpunkt steht,
dominiert im zweiten der Körper der Frau (S. 125). Desweiteren erfährt der
Leser, dass sich die Art des Körpers defined or ´written´ as a raped im Laufe
der Zeit veränderte (S. 126). Um dies zu beweisen, werden drei Ansätze
angewandt, wobei mir bislang allerdings nicht bewusst war, dass das genaue
Lesen der Quellen (literary approach) sowie ihre Einordnung in einen
historischen Zusammenhang (historical approach) zwei eigenständige Methoden
sind. Phillips glaubt aufgrund des literary approaches drei Phasen
identifizieren zu können: den blutenden, den entjungferten (Anfang 13. Jh. bis
ca. 1275) und den entführten Körper (ca. 1275-15. Jh.). Als Beleg für den blutenden
Körper wird die bekannte Stelle in Glanvill angeführt, wo erwähnt wird, welche
Schritte eine Frau nach einem Überfall zu unternehmen hat: das Aufsuchen der
nächstgelegenen Ortschaft, das Vorzeigen der Wunden und der zerrissenen
Kleidung sowie von Blut, falls vorhanden (et
sanguinem, si quis fuerit). Es ist allerdings falsch zu behaupten, Glanvill
erwähne weder die Entjungferung noch einen Sexualakt (S. 129). Etwas später in
dem Abschnitt, aus dem das Zitat entnommen wurde, wird sehr wohl deutlich, dass
Entjungferung für Glanvill ein wichtiger Bestandteil des Verbrechens raptus ist (Non enim sufficit post iudicium malefactorem ipsum corruptam illam
uelle ducere in uxorem). Philipps schreibt zudem, dass Bracton die
Entjungferung als Schlüsselelement der Definition von Vergewaltigung erneut
aufgreift (S. 141). Wie aber kann etwas erneut aufgegriffen werden, was (nach
Phillips) vorher nicht da war? Im Rahmen des historischen Ansatzes erfahren
wir, dass der Wille zur Stärkung einer zentralisierten königlichen Kontrolle
durch die Unterdrückung von körperlicher Gewalt zur Zeit Henrys II. der Grund
für die Betonung des blutenden Körpers war, während sich in der Phase der
Minderjährigkeit Henrys III. die Interessen der lay gentlemen durchsetzten, für
die die Jungfräulichkeit ihrer Töchter materiellen Wert hatte (S. 141) und
somit jetzt der entjungferte Körper im Mittelpunkt stand. Der Einfluss des
Parlaments bestimmte die letzte Phase, die ein Produkt einer lay elite
patriarchal culture und ein Beispiel des Verhaltens dieser Gruppe gegenüber den
sexual fortunes ihrer Töchter war (S. 141). Im Rahmen des feministischen
Ansatzes kommt Philipps zu dem Schluss, dass die Interessen der Frau nur eine
untergeordnete Rolle spielten (S.143), und seit ca. 1275 die Sorge um das weibliche
Opfer ersetzt wurde mit der Sorge um die Männer, deren Rechte verletzt wurden
(S.143). Hier wird so getan, als ob nach 1275 keine Privatklage des Opfers
einer Vergewaltigung selbst mehr möglich war, was keinesfalls zutrifft. Die
Gerichtsakten werden allerdings von Philipps völlig außer Acht gelassen, und
die benutzen Quellen werden einseitig interpretiert. Eine Klage wegen
Entjungferung war aus offenkundigen Gründen nur einmal möglich, so dass der
Verzicht auf dieses Kriterium im Statute of Westminster I und den folgenden
Gesetzen sowie die Bestrafung von Entführern ebenso gut als Erweiterung des
Opferschutzes gesehen werden kann. Vermutlich lassen sich bei objektiver
Betrachtung der Belege die Schlussfolgerungen von Philipps (picture of decline
for women under the common law, S. 144) nicht halten. Auch Corinne Saunders, A
Matter of Consent: Middle English Romance and the Law of Raptus (S. 105-124), beschäftigt sich mit dem Thema Vergewaltigung.
Sie gibt einen (fehlerhaften) Überblick über die rechtsgeschichtliche
Entwicklung von den Angelsachsen bis zum Statute of Westminster II und glaubt
Parallelen (keine eindeutige Trennung zwischen Vergewaltigung und Entführung)
und Unterschiede (in der Berücksichtigung des Willens des Opfers) zur
Behandlung dieses Themas in den mittelenglischen Romances zu erkennen.
Ansichten, die nur schwer mit den zitierten Rechtstraktaten und Statuten in
Einklang zu bringen sind, werden als Fakten dargestellt: So ist z. B. nach
Saunders der Wille der Frau nur ein Randthema im Recht (S. 106, 124). Glanvill
(vi oppressam) und Bracton (violenter oppressam) betonen aber die
Gewaltanwendung im Zusammenhang mit raptus.
Dies wäre nicht notwendig, wenn der Wille des Opfers für das Verbrechen keine
Rolle spielte! Im Statute of Westminster I ist bei der Vergewaltigung einer
verheirateten bzw. volljährigen Frau sogar entscheidend, das dies ohne ihre
Zustimmung geschah (ne dame ne damisele
de age, ne autre femme maugre soun), und das Statute of Westminster II
sieht die Todesstrafe für denjenigen vor, der eine Frau ravise ohne ihre Zustimmung vor bzw. nach der Tat (ne se est assentue ne avaunt ne apres).
Nach Fleta (um 1290), einem Traktat, das von Saunders nicht berücksichtigt
wird, ist eine private Vergewaltigungsklage abzuweisen, wenn die Frau
geschwängert wurde, eo quod sine assensu
concipere non potuit (Fleta II, S. 89). Kann man da wirklich sagen, dass
dieser Bereich nur ein Randthema war? Westminster I macht die Einstufung der
Tat als Felony oder Trespass davon abhängig, ob es eine Privatklage ist oder ad sectam regis verhandelt wird. Es ist
daher nicht gerechtfertigt zu behaupten, dass dieses Statut raptus nicht als Felony einstuft,
sondern als Trespass (S. 109). Ich bezweifele zudem, dass Diebstahl ein
zentraler Aspekt der Definition von
raptus war (S. 106). Saunders zitiert als Beleg hierfür nur eine Stelle in
John Gowers Confessio Amantis, aber
die Vergewaltigungsfälle in den Gerichtsakten bestätigen diese Interpretation
nicht. Auch der Aufsatz von Emma Hawkes,
[S]he will ... protect and defend her rights boldly by law and reason...
Women´s Knowledge of Common Law and Equity Courts in Late-Medieval England (S.
145-161), ist enttäuschend. Um etwas über den Kenntnisstand von Frauen in bezug
auf die Gerichte zu erfahren, wurde der Anteil der weiblichen Prozessparteien,
die den King´s Bench und Common Pleas (5% weiblich) Akten zu entnehmen ist, mit
denen in den Chancery Petitions (15% weiblich) verglichen und der Schluss
gezogen, dass sich die juristischen Kenntnisse von Frauen daraus ableiten
lassen, dass Frauen häufiger equity courts anriefen als die Common Law Gerichte
(S. 153). Sagt die Anrufung eines Gerichts aber tatsächlich etwas über die
persönlichen Kenntnisse dieses Gerichts aus? Wie kann Hawkes zudem zu dem
Schluss kommen, das equity ... a more favourable jurisdiction (S. 153) war,
wenn uns doch keine Entscheidungen dieses Gerichts aus dieser Zeit vorliegen?
Es scheint so, als wenn dies aus dem Anteil der weiblichen Prozessparteien
geschlossen wird und aus der Formulierung der Petitionen, die an den Kanzler
als Vertreter des Königs adressiert waren und auf die Rolle des Königs als
Freund der Freundlosen und Beschützer von Witwen und Kindern anspielten. (S.
155). Wie Timothy S. Haskett in einem von Hawkes nicht zititerten Aufsatz (Country
Lawyers? The Composers of English
Chancery Bills, in: The Life of the Law. Proceedings of the Tenth British
Legal History Conference Oxford 1991, hg. von Peter Birks, London und Rio
Grande 1993, S. 9-23) allerdings zeigen konnte, wurden Chancery Petitionen von
country lawyers verfasst, die wussten, wie Bittschriften formuliert sein
mussten, um erfolgreich zu sein. Um Aufschluss über den Grad der juristischen
Kenntnisse von gentlewomen zu erfahren, werden Briefe herangezogen, die
mitunter einseitig interpretiert werden. Wenn Agnes Plumpton z. B. 1502
schreibt, dass einiges Vieh entwendet worden sei und sie ihre Männer geschickt
hätte, um es zurückholen, und diese unverrichteter Dinge zurückgekehrt seien,
und weiter mitteilt, dass die Rückführung des Viehs ohne ein replevie nicht möglich sei, wertet
Hawkes dies als Zeichen allgemeiner juristischer Kenntnisse (S. 158). Kann man
nicht ebenso auf die Idee kommen, dass Agnes ihre Männer erst gar nicht
losgeschickt hätte, wenn sie tatsächlich über zuverlässiges juristisches Wissen
verfügt hätte? Desweiteren sind methodische Kritikpunkte anzubringen. Als
Quellengrundlage dienen Hawkes drei King´s Bench Akten (Trinity 1480, Trinity 1496 und Trinity 1500) und drei
Common Pleas Akten (Trinity 1479, Trinity 1500 und Trinity 1520), die für
Yorkshire und Lincolnshire nach Frauen abgesucht wurden, sowie Yorkshire
Petitionen an den Kanzler aus der Zeit zwischen 1461 und 1515 (Early Chancery
Proceedings; C1). Kein Wort wird darüber verloren, warum diese Gerichtsquartale
ausgesucht wurden, warum nur Yorkshire und Lincolnshire und warum Trinity-Akten
der Common Pleas und King´s Bench aus verschiedenen Jahren herangezogen wurden.
Ebensowenig wird erklärt, dass die Akten der Common Law Courts sämtliche Fälle
aus diesen Jahren enthalten, während die Kanzlei nicht alle Fälle systematisch
archivierte, warum bei den Kanzleiakten Petitionen aus Lincolnshire
unberücksichtigt blieben und warum Akten der Common Law Courts der Jahre
1480-1520 mit Petitionen aus einem längeren Zeitraum (1461-1515) verglichen
wurden. Zudem wurden Datierungsfehler gemacht: Die konsultierten Akten CP
40/867, CP 40/953 und CP 40/1025 enthalten die Gerichtsprotokolle von Trinity
1478 (nicht 1479), Trinity (1500) und Trinity 1519 (nicht 1520). Die statistischen
Angaben auf S. 149 (Anm. 23-25) sind zeitlich falsch zugeordnet: Anm. 23
bezieht sich auf 1519 (nicht 1500); Anm. 24 auf 1500 (nicht 1520) und Anm. 25
auf 1478 (nicht 1479). Außerdem wurden Beispielen aus anderen Quartalen
herangezogen, ohne dass dies begründet wird. Zwei der zitierten Fälle stammen
aus dem Trinity-Quartal 11 Henry VIII (1519, nicht wie angegeben aus dem Jahr
1520; CP 40/1025 mm 478d, 481d), ein anderer aus dem Oster-Quartal 15 Henry VII
(1500, CP 40/952 m 122d), einer aus Michaelis 24 Henry VII (1508, nicht 1509,
CP 40/986 m 56), einer aus Michaelis 2 Richard III. (1484, CP 40/890 m 415)
bzw. Hilary 2 Richard III (1485, CP 40/891 m 391d) und einer aus Hilary 6 Henry
VIII (1515, CP 40/1009 m 116d). Der einzige Fall, der aus den King´s Bench
Akten zitiert wird (KB 27/884 m 69) gehört zu dem Michaelis-Quartal 22 Edward
IV (1482). Da offensichtlich mehr als die drei Akten aus den beiden Common Law
Gerichten angesehen wurden, fragt man sich, warum die Ergebnisse hieraus nicht
ebenfalls in die statistische Analyse einflossen. Auch bei den von Hawkes
herangezogenen Kanzleipetitionen gibt es Ungereimtheiten. Sie gibt an, die C 1
für die Jahre von 1461 bis 1515 herangezogen zu haben. Die Petitionen sind
allerdings nicht datiert und können nur aufgrund des in der Petition genannten
Kanzlers bestimmten Amtszeiten zugeordnet werden, was gelegentlich aufgrund der
Dorsovermerke auf ein bestimmtes Jahr eingegrenzt werden kann. Es gibt jedoch
in den List und Index-Bänden kein Bundle, das mit Petitionen aus dem Jahr 39
Henry VI (1461) beginnt. C1/27, C1/28 und C1/29 umfassen die Zeit 38 Henry VI-5
Edward IV (Sept. 1459-März 1466). Entweder wurden in diesem Aufsatz also die
Petitionen aus diesen Jahren herangezogen oder, was wahrscheinlicher ist, die
List und Index Bände II (1467-1485) und IV (1500-1515) sowie Teile von Band I
(1386-1483) und III (1485-1529). Die Fußnote hierzu (Anm. 32 auf S. 151) gibt
keinen Aufschluss, welche Bände - und noch wichtiger - welche Bundles
konsultiert wurden, so dass der Leser auf Vermutungen verwiesen ist. Offenbar
wurden aber auch Petitionen in die Statistik einbezogen, die nicht eindeutig
der angegebenen Zeitspanne 1461-1515 zuzuordnen sind: C1/41/157 (Anm. 50 auf S.
155) ist an den Bischof von Bath und Wells gerichtet und stammt daher entweder
aus den Jahren 1467-1470 oder 1432-1443. Hawkes´ Datierung dieser Petition
(between 1461 and 1467) kann jedenfalls nicht stimmen. Zudem sind Quellen
falsch gelesen worden. So trifft es nicht zu, dass William Vavasour als
alleiniger Kläger genannt wird (S. 155), denn in der Petition wird der Plural (suppliantz) verwendet und nur einmal der
Singular, wo dies aufgrund des Kontextes notwendig ist (after whos decesse the seid Isabell toke to husbonde the seid William
Vavasour, your suppliant). Die methodischen Fehler lassen Zweifel an den
Ergebnissen aufkommen. Der Vollständigkeit halber seien die anderen Aufsätze
erwähnt: Victoria Thompson, Women, Power and Protection in Tenth- and
Eleventh-Century England (S. 1-17), kommt auf der Grundlage von Texten
verschiedener Quellengattungen aus dem 10. und 11. Jahrhundert zu dem Schluss,
dass Frauen als durchaus fähig dargestellt werden, ihre Lebensgeschichte
darzustellen und zu versuchen, auf zukünftige Ereignisse einzuwirken (to extend
their power forward to control future events, S. 16), dass es allerdings
fraglich ist, ob diese Darstellung die Realität wiedergibt oder ein Ideal. Da
zudem die der Analyse zugrunde liegenden Texte von Männern aufgeschrieben
wurden, ist das wenige, das überliefert ist of our evidence for the power of
individual women ... as insubstantial as a thread from one of their vanished
tapestries (S. 17). Jennifer Smith, Unfamiliar Territory: Women, Land and Law
in Occitania, 1130-1250 (S. 19-40), beschäftigt sich mit der Frauendarstellung
in Lyrik und Gesellschaft anhand der Rechtsgewohnheiten und Statuten sowie
aufgrund von Charters, um zu überprüfen, ob die Gleichsetzung powerful social domna = powerful poetic domna gerechtfertigt ist, was im Verlauf
des Aufsatzes bestritten wird. Da der Gebrauch der Bezeichnung domna nach 1200 und besonders nach 1230
zunahm, wird geschlussfolgert, dass die poetische domna der sozialen domna
zeitlich vorausging, und die These aufgestellt, dass die Darstellung in der
Lyrik keine Reflektion der gesellschaftlichen Realität ist (S. 39). Während die
Lyrik ähnlich wie die Rechtsgewohnheiten und Statuten an anxiety about powerful
women, or at least unattached women with power over land (S. 27) vermitteln,
bietet sich in den Charters ein anderes Bild, da hier die domna als vornehmlich aktiv, insbesondere in bezug auf Land,
erscheint (S. 39). Die Bezeichnung domna wurde benutzt to familiarise, to
give name and definition, and hence thereafter to have some measure of control
over, the „unfamiliar”, the woman who could act without male mediation (S. 40).
Cordelia Beattie, A Rome of One´s Own? The Legal Evidence for the
Residential Arrangements of Women Without Husbands in Late Fourteenth- and
Early Fifteenth-Century York (S. 41-56), untersucht einige Poll Tax Returns in
Verbindung mit Testamenten und Deeds und schlägt als Ersatz für das bislang bei
der Untersuchung mittelalterlicher Haushalte verwendete Model (head/dependant
und widows/never married) die Verwendung der Kategorie women without husbands
vor, da eine klare Unterscheidung zwischen Witwen und den Frauen, die niemals
geheiratet haben, aufgrund der Quellen nicht möglich ist. Katherine J. Lewis,
Women, Testamentary Discourse and Life-Writing in Later Medieval England (S.
57-75), analysiert die Testamente von 19 Ehepaaren aus dem 15. und frühen 16.
Jahrhundert, die von Weaver, Somerset Medieval Wills (Somerset Record Society
16, 19, 21) ediert wurden. Es wurden Personen ausgewählt, von denen die
Testamente beider Ehepartner überliefert sind, um die oft geäußerte Ansicht zu
überprüfen, daß es geschlechtsspezifische Unterschiede zwischen den Testamenten
von Männern und Frauen gibt (S. 59). Die nicht sehr überraschende Erkenntnis
dieser Untersuchung ist, dass sich die Testamente von Frauen und Männer in der
Tat unterscheiden, und zwar aufgrund der rechtlichen Vorschriften und als
Resultat der unterschiedlichen Lebensarten (life-cycle experiences, roles and
priorities; S. 72). Hauptziel der Autorin ist allerdings, die Testamente von
Frauen als Autobiographie zu klassifizieren. Dies glaubt sie rechtfertigen zu
können, weil die Ich-Form eingehalten wird und weil anderes, more
self-conscious medieval female life-writing (S. 67) fehlt. Das von der
Testatorin angesprochene Publikum (the intended audience; S. 68) waren die
Zeugen, die Begünstigten und die probate officials. Nach Lewis sind die
Testamente von Frauen eine auf die Rezeption abzeilende Selbstdarstellung und
fallen damit offenbar aus der Kategorie Überreste in die der Traditionen (The
will would eventually be included in a probate register, thus leaving a
permanent textual record and representation of the testator for posterity. These women would be well aware of the different
audiences that would have access to their testamentary self-presentation, which
in turn may have affected the nature of that construction, S. 69). Sie wurden
von Frauen in Ermangelung anderer Selbstdarstellungsmöglichkeiten mit dem Ziel
geschrieben, der Nachwelt etwas über sich zu erzählen. Diese Einschätzung
werden wohl die wenigsten Leser teilen. Lewis´ Resümee, den letzten Willen
einer Frau nicht als direkte Reflektion der Autorin zu sehen, sondern als
Indikation der Art und Weise, in which she wanted to be remembered and
commemorated (S. 74), dürfte wohl auch auf die von Männern erstellten
Testamente zutreffen. Nach Noel James Menuge, A few home truths: The Medieval
Mother as Guardian in Romance and Law (S. 77-103), ist die Funktion der
Romances und der Rechtstraktate, der Mutter bestimmte Charakteristika
zuzuweisen (S. 103). Die
Gerichte hingegen zeigen sich gnädiger: Their legal strictures may have
contained her, sometimes harshly, but in allowing her agency, they liberated
her from the tyranny of the text (S. 103). Die den Rechtstraktaten in diesem
Aufsatz zugeschriebene Funktion dürfte nicht überall auf Zustimmung stoßen. Am
Ende der Lektüre aller Beiträge ein Fazit zu ziehen, fällt nicht leicht, denn
eigentlich kann man dieses Buch nur als Anschauungsmaterial dafür empfehlen,
aufzuzeigen, was alles schiefgehen kann.