Günther,
Sebastian, Friedrich Carl von Savigny als Grundherr (=
Rechtshistorische Reihe 227). Lang, Frankfurt am Main 2000. 248 S.
Savigny hat
seine Güter, vor allem den ererbten Hof Trages bei Hanau, zwar nicht selbst
bewirtschaftet, sondern bewirtschaften lassen, hat sich aber zeitweise auch mit
landwirtschaftlichen Fragen beschäftigt, wie sich aus seinem Briefwechsel mit
Pfarrer Bang ergibt (S. 36ff.). Wenn er auch nur kurze Zeit seines Lebens auf
Trages verbracht hat, vor allem im ersten Jahr seiner am 17. April 1804 (nicht
1803, so Günther S. 34) in Meerholz geschlossenen Ehe[1] mit Gunda Brentano, der Schwester von Bettine
und Clemens, so ist Trages doch eng mit ihm verbunden. Nicht nur wegen Bettines
anschaulichen Berichten über Kissenschlachten in Savignys Schlafzimmer und über
ihres Bruders Clemens Bemalung der Wände "mit abenteuerlichen
Figuren"[2],
die ich im Mai 1997 in Trages noch gesehen habe, sondern auch, weil Savigny in
Trages beerdigt wurde; und es ist schon ein besonderes Gefühl, dort in der
Grabkapelle an seinem Sarg zu stehen.
Die
Geschichte der Savignyschen Güter verdient also Interesse. Und der Autor ist
sie auf einer breiten Quellengrundlage angegangen. Aber leider kann er die
Quellen nicht lesen. Hier ein paar Beispiele.
S. 50f.
teilt Günther 10 sogenannte Quaestiones
mit, die der Vasall vor Neuvergabe des Lehens beantworten mußte, und zwar nach
zwei Quellen: einer Liste der Lehens
Fragen im Staatsarchiv Marburg, Bestand 86 Nr. 32430, und den Rubren zu Lehens Praestanda ebenda, Bestand 81 B 1
Rubr. 280 Nr. 6, deren angebliche Schreibfehler er laut Anm. 189 berichtigt
hat. Das sieht dann so aus: Liste hat zu 1 den
ältesten und jüngsten Lehenbrief in originali oder copia vidimata zu
produciren?, Rubrum lautet Quaestio
prima den ältesten und jüngsten Lehen Brieff in copia zu produciren?, Günther
schreibt: Zunächst war 1. der älteste und der jüngste Lehensbrief in originali und copia vorzulegen. Liste hat zu 3 Authentische Renovation und eigentliches Verzeichnis und Befurchung der
Lehenstücke und deren Beschreibung beizubringen?, Rubrum lautet Quaestio tertia eine Authentische renovatur
und eigentliche Verzeichnus und Beforchung der Lehenstücker auch deren
Beschreibung beyzubringen?, Günther schreibt: 3. eine „authentische revocation (sic) und
eigentliches Verzeichnis und Beforchung des Lehenstücks auch deren Beschreibung
beizubringen“. Günther vermischt und verändert seine Quellen also
nach Belieben.
S. 58 Anm. 242 druckt Günther eine Vollmacht
Savignys vom 22. November 1824, ohne anzugeben, daß es sich nicht um die
Vollmacht selbst, sondern um eine beglaubigte Abschrift handelt. Am Ende heißt
es nicht meines beigedrückten Siegels,
sondern ... Familien-Siegels. - S. 86
wird der Auszug eines Schreibens zitiert, der richtig In (nicht Zu) Vollmachts Namen beginnt, in der zweiten
Zeile zugleich (nicht sogleich) liest und gegen Ende durch
Zeilensprung verstümmelt wurde; vollständig heißt es: Schultheiß und Steinsezzer
gebraucht und von beiderseitigen Steinsezzern die gewöhnliche Unterlagen unter
die Steine gelegt werden dörfen? - S. 88 liest Günther: so viel er nur seyn kan, diejenigen Arth in
dem Brachfeld zwischen dem Taback-flachs und Kohlsamen-Äckern. Es heißt
richtig bzw. muß trotz fehlender Trennungsstriche aufgelöst werden: so viel es nur seyn kan, diejenige Orth in
dem Brachfeld zwischen dem Taback-, Flachs- und Kohlsamen-Äckern. - S. 146
liest Günther in Zeile 4 fälschlich aber
darin zu suchen ist, daß; richtig wäre: eben
darin zu suchen, daß. - Im ersten Text auf S. 147 ist zu korrigieren Zeile
3 so hat (nicht sofort) die Gemeinde,
Zeile 4 eingefrohren (nicht wie gefrohren). Die ... in Zeile 6 sind
wohl als un[ter]thannen aufzulösen.
Nach
alledem kann nur dringend empfohlen werden, sich nicht auf Günthers
Texte zu verlassen, sondern sie stets an Hand der Quellen zu überprüfen.
Marburg Wilhelm
A. Eckhardt
[1] Vgl. HRG 4, Berlin 1990, Sp. 1314; Barbara Dölemeyer, Gunda Brentano (1780 - 1863) und Friedrich Carl von Savigny (1779 - 1861), in: Bernd Heidenreich (Hrsg.), Geist und Macht: Die Brentanos, Wiesbaden 2000, S. 167.
[2] Bettine von Arnim, Die Günderode (Insel Taschenbuch 702), Frankfurt am Main 1983, S. 30 und 36.