DornulrikeHumborg20010917 Nr. 10282 ZRG 119 (2002) 47
Humborg, Matthias, Das Armenrecht von der Zeit der Kammergerichtsordnungen bis heute. Diss. jur. Münster 1999. VI, 141, 12 S.
Die 1999 in Münster entstandene Dissertation über das Armenrecht besteht aus zwei Teilen. Während der erste Teil die Gesetzesentwicklung zum Gegenstand hat (S. 4–96), werden in einem zweiten Teil Gesetzestexte zum Thema mitgeteilt ( S. 97–141). Die rechtshistorische Entwicklung des sogenannten Armenrechts wird ausgehend vom römischen Recht anhand des kanonischen Rechts, des Schwabenspiegels, der Reichskammergerichtsordnungen sowie der preußischen Kodifikationen des 18. Jahrhunderts dargelegt. Für das 19. Jahrhundert führt der Verfasser die hessische Kammergerichtsordnung von 1836, die badische Prozessordnung von 1831, die bayerische Prozessordnung von 1869 sowie die hannoverischen Zivilprozessordnungen an, um dann auf die Entwicklungen bis hin zur Zivilprozessordnung von 1877 einzugehen. Danach schildert er die Entwicklung von 1877 bis 1980, inklusive der Änderungen zum Prozesskostenhilfegesetz von 1994 (S. 4–37). In einem „Diskussion“ genannten Teil geht er auf die Auswirkungen des Armenrechts auf die Kostentragungspflicht und dabei vor allem auf die Unterschiede hinsichtlich der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten ein und untersucht dann im zeitlichen Vergleich Einzelelemente des Armenrechts (Vorliegen und Beweis der Armut, Zuständigkeit für die Bewilligung, Rechtsmittel gegen Entscheidungen über den Armenrechtsantrag, Stundung von Kosten, Stellung von Anwalt und Hilfsbeamten der Justiz, mutwillige Klageerhebung, Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung und Verteidigung S. 46–65). Einen gewissen Schwerpunkt in der Darstellung räumt der Verfasser dem Gesetz der Prozesskostenhilfe ein, das er mit dem Armenrecht vergleicht (S. 67–75). Zum Schluss des ersten Teils stellt er noch Alternativen zur Prozesskostenhilfe vor, die ab 1969 diskutiert wurden.
Die Untersuchung gibt Hinweise zu den Unterschieden zwischen Armenrecht und Prozesskostenhilfe (S. 72ff.). Es wird deutlich, dass das Armenrecht den geänderten sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht mehr gewachsen war. Gleichwohl wird es nicht grundsätzlich abgeschafft, sondern erfährt durch das Prozesskostenhilferecht eine Weiterentwicklung. Insbesondere die rechtshistorische Untersuchung über Herkunft und Entwicklung des Armenrechts bleibt aber summarisch und deshalb oberflächlich und unvollständig. So verweist der Verfasser zum Beispiel hinsichtlich der Herkunft des Armenrechts auf das kanonische Recht (S. 5ff., S. 87), legt dessen Bedeutung und Einfluß aber weder aufgrund von Primärquellen noch unter Auswertung der Sekundärliteratur dar. Zudem wird das Armenrecht nicht in Zusammenhang zur Entwicklung der Prozesskosten gesetzt. Auch auf die Rezeption des römisch-kanonischen Prozesses wird nicht eingegangen.
Im zweiten Teil werden, quasi als Annex, die in der Arbeit herangezogenen Gesetzestexte vorgestellt. Allerdings wird dadurch der Eindruck erweckt, dass hierdurch ein vollständiger Quellenüberblick über das Armenrecht geboten werde. Wenn auch Anspruch auf Vollständigkeit kaum gestellt werden kann, ist die Auswahl zu kurz gegriffen und trifft höchstens eine grobe Linie. Zudem wäre es wünschenswert gewesen, wenn der Norminhalt schon in Teil I als Zitat herangezogen und ausgewertet worden wäre.
Bonn Ulrike Dorn