StrauchQuellen20000915 Nr. 10068 ZRG 118 (2001)
Quellen
zur Geschichte der Stadt Köln. Band 1 Antike und Mittelalter – von den Anfängen
bis 1396/97, hg. im Auftrag des Fördervereins Geschichte in Köln e. V. v. Rosen,
Wolfgang/Wirtler, Lars in Zusammenarbeit mit Rheker-Wunsch,
Dorothee/Wunsch, Stefan. Bachem, Köln 1999. XIV, 337 S.
Nachdem
bereits im Jahre 1996 der zweite Band dieser Quellenedition erschienen war[1],
setzt der Förderverein Geschichte in Köln sein auf vier Bände berechnetes Projekt
der Edition von Quellen zur Geschichte der Stadt Köln mit dem ersten Band fort.
Er umfaßt in den Nummern 1 – 16 römische Quellen und geht dann zu den
mittelalterlichen Quellen über, deren letztes Stück der von Margret Wensky interpretierte Amtsbrief
der Garnmacherinnen von 1397 ist, ein Zeichen dafür, daß im mittelalterlichen
Köln auch Frauen eigene Zünfte bilden und selbständig gewerblich tätig sein
konnten. Da der zweite Band bereits bis 1794 reicht, und die geplanten Bände
III und IV das 19. und das 20. Jahrhundert umfassen werden, wird das
Schwergewicht dieser Edition in der Neuzeit liegen. Die Ausgabe erhebt keinen
Anspruch auf Vollständigkeit, sondern arbeitet – wie die Herausgeber betonen –
nach dem Inselprinzip. Die Art der Darbietung bietet den großen Vorteil, daß
der Benutzer (und darunter stellen sich die Herausgeber nicht nur die
Wissenschaft, sondern auch höhere Schulen und lokalgeschichtlich interessierte
Laien vor), mit dem bloßen Text nicht allein gelassen wird, sondern daß ihm jeweils
in der Einleitung das historische Umfeld aufbereitet, bei der Interpretation
Hilfe geleistet, durch eine wörtliche Übersetzung das Verständnis erleichtert
und schließlich durch die angefügte Literatur die Möglichkeit weiterer
Forschung erleichtert wird.
Der Band zeichnet sich – in weit größerem Umfang als der
zweite Band – durch die Beigabe von Karten und Abbildungen aus. Hinzuweisen ist
auf die instruktive Karte des römischen Köln (S. 70f.), welche die bisher
identifizierten Gebäude nachweist, auf die Karte der Verehrung des hl. Severin
(S. 107), auf die im Anhang abgedruckten Karten, von denen die über Köln im 12.
und 13. Jahrhundert u. a. die Stadterweiterungen greifbar macht (S. 328) und
die Übersicht über die kirchlichen Niederlassungen in Köln (S. 324f.), die den
starken geistlichen Anteil an dieser größten deutschen Handelsstadt des Mittelalters
verdeutlicht. Aber auch überörtliche Aspekte werden anschaulich: Die entsprechenden
Karten zeigen den Umfang der Kirchenprovinz Köln bis zum Ende des 12.
Jahrhunderts (S. 326) und nicht zuletzt die Besitzverhältnisse am Stalhof, der
Niederlassung der Kölner Hansekaufleute in London (S. 153). Abbildungen
römischer Grabmäler, Farbbilder von römischen Goldmünzen, eines Diatretglases
und fränkischer Grabbeigaben, Aufnahmen des Reliefs an der Ulrepforte in
Erinnerung an eine blutige Auseinandersetzung der Stadt mit ihrem Erzbischof im
Jahre 1268 und nicht zuletzt der mittelalterlichen Stadtsiegel (S. 323ff)
ergänzen den Text. Eine Hilfe für den Benutzer wäre es gewesen, wenn die Bild-
und Kartenunterschriften auf das jeweils zugehörige Textstück verwiesen hätten,
da erfahrungsgemäß Abbildungen großen Aufmerksamkeitswert haben und viele
Nutzer von ihnen ausgehen werden.
Von den 46 Textstücken seien einige rechtsgeschichtlich
wichtige herausgegriffen. Aus der römischen Zeit sind zu erwähnen die von Christian Baldus und Francesca Lamberti interpretierte
Verleihung des ius italicum im Jahre
50 n. Chr. (Nr. 2), wodurch die linksrheinische Ubiersiedlung zur Kolonie
erhoben wurde, und der von Peri Terbuyken
interpretierte Gesetzestext von 321 aus dem Codex Theodosianus (Nr.
15), der den Juden den (von ihnen nicht gewollten) Zugang zum Stadtrat
ermöglichte. Für das frühe Mittelalter sei hingewiesen auf die von Friedrich Pfeifer vorgestellte erzbischöfliche
Bestätigung der Zollprivilegien der Städte Lüttich und Huy von 1103, die auch
deswegen besonders wichtig ist, weil hier noch nicht die Stadt, sondern der
Erzbischof tätig wird – wenn auch unter Beiziehung städtischer Führungsgruppen,
während die erstarkende Stadt diese Fragen später selbständig regelte[2].
Das von Uwe
Neddermeyer bearbeite Privileg für die Kölner Hansekaufleute in
London (Nr. 28) ist ein frühes Beispiel nicht nur für die Erteilung von
Privilegien zur Förderung der Wirtschaft, sondern auch dafür, daß die Kölner
Kaufleute schon früh in Gemeinschaften („Hansen“) organisiert waren und auf
diese Weise ihre Interesssen daheim und im Ausland besser wahrnehmen konnten.
Den durch die Jahrhunderte gehenden Streit zwischen der Stadt Köln und ihrem
Stadtherrn, dem Erzbischof, beleuchten gleich mehrere Beiträge: das von Johannes Helmrath vorgestellte Privileg
der Stadterweiterung von 1180 (Nr. 29), der von Leopold G. Jahn kommentierte Große Schied von 1258 (Nr. 33),
die von Gunther Hirschfelder/Anja
Ostrowski gedeutete Bestätigung des Stapelrechts von 1259 (Nr. 34),
der schon erwähnte Kampf an der Stadtmauer von 1268, an den die Skulptur an der
Ulrepforte erinnert (Nr. 40, Wilfried
Ehbrecht) und die Zeugenaussage über die Schlacht von Worringen 1288,
in der die Stadt von der erzbischöflichen Stadtherrschaft frei wurde (Nr. 37, Wilhelm Janssen). In gewohnter
Meisterschaft interpretiert Toni Diederich das gotische Stadtsiegel von
1268/69 und seine rechtliche Bedeutung (Nr. 36). Hingewiesen sei auch auf die
rheinische Politik des 13. Jahrhunderts, in die Manfred Groten anhand des Rheinischen Städtebundes von 1254
einführt (Nr. 32), schließlich noch auf das von Wolfgang Rosen bearbeitete Gesetz gegen die „Tote Hand“ von
1385, das sich gegen Geistliche richtete, die zunehmend Grundbesitz und Renten
in der Stadt erwarben. Hier zeigt sich , daß das „heilige Köln“ in
Wirtschaftsfragen mit harten Bandagen kämpfte (Nr. 44). Anna-Dorothee v. d. Brincken kommentiert das Gründungsprivileg der
mittelalterlichen Kölner Universität, der ältesten Stadtuniversität Deutschlands.
Hervorzuheben ist, daß der Verlag – anders als im zweiten
Band – sich diesmal entschlossen hat, dem Band Fadenheftung zu spendieren, was
seine Haltbarkeit deutlich erhöht. Dringend zu wünschen wäre auch, derartige
Werke auf säurefreies, alterungsbeständiges Papier nach internationaler Norm zu
drucken; ob das geschehen ist, wird jedoch nicht deutlich. Insgesamt ist ein
Band entstanden, der nicht nur die Wissenschaft befruchten, sondern auch den Freunden
der Kölner Geschichte neue Kenntnisse verschaffen wird.
Köln am Rhein
[1] Vgl.
dazu die Besprechung von Herbert Eiden
in dieser Zeitschrift, Bd. 116, 1999, S. 574f.
[2] Vgl. dazu