RanieriCaroni20000324 Nr. 1239 ZRG 118 (2001)
Caroni, Pio,
Saggi sulla storia della codificazione (= Università di Firenze, Centro di
studi per la storia del pensiero giuridico moderno, Band 51). Giuffrè, Milano
1998. 270 S.
Bei dem
Werk, das hier vorzustellen ist, handelt es sich um einen Band, in welchem der Caroni
einige neue und einige bereits publizierte Beiträge zur Geschichte der
Zivilrechtskodifikation in einem neuen Zusammenhang vereinigt und der
Öffentlichkeit vorstellt. Pio Caroni hat in den vergangenen Jahrzehnten
umfassend auf dem Gebiet der Kodifikationsgeschichte gearbeitet. Schon aus
diesem Grund stellt das Buch eine spannende Gelegenheit dar, zu der gesamten
Thematik von Gesetzgebung und Kodifikation zurückzukehren. Einiges sei zunächst
zu Gliederung und Inhalt des Bandes gesagt.
Nach einer
Einleitung (S. VII-XIX), in welcher Caroni einige grundsätzliche
Überlegungen zu Funktion und Aufgabe einer Rechtsgeschichte der
Zivilrechtskodifikation resümiert, folgt ein erster Teil „Le lezioni catalane“,
wo erstmalig auf Italienisch die Vorlesungen publiziert werden, welche Caroni
im Jahre 1993 an der Universität von Barcelona zur Kodifikationsgeschichte
gehalten hat. Es handelt sich um eine präzise formulierte, inhaltsreiche und
umfassend dokumentierte Geschichte der Zivilrechtskodifikationen seit dem Ende
des 18. Jahrhunderts bis zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch am Anfang unseres
Jahrhunderts. In einzelnen Kapiteln wird zunächst die Frage aufgeworfen, was
unter „Gesetzbuch“ und „Zivilrechtskodifikation“ überhaupt zu verstehen ist,
vor allem, welche ambivalente Bedeutung die Idee einer Rechtsvereinheitlichung
hat, welche vor allem in der historischen Rekonstruktion dieses Problems immer
wieder in den Vordergrund gestellt wird (S. 6ff.). Anschließend wird in einem
zweiten Kapitel die Geschichte der Kodifikationsidee, vor allem ihre
Reformulierung im Zeitalter des Naturrechts und die Bedeutung, welche diese
Idee in der Ideenwelt der Aufklärung einnimmt (S. 15ff.), geschildert. In einem
dritten Kapitel wird dann die sozialhistorische und sozialpolitische Funktion,
welche die Kodifikationen in sich tragen, vor allem die revolutionierende
Bedeutung, welche die schriftliche Fixierung von formalen Rechtsregeln für die
damalige ständische Gesellschaft des Ancien Régime impliziert, erläutert. Ein
viertes Kapitel ist dem ambivalenten Verhältnis zwischen den neuen
Gesetzbüchern und der gemeinrechtlichen Tradition gewidmet. Hier nimmt Caroni
auch Stellung zu den - nach seiner Meinung - gravierenden Mißverständnissen,
welche bis heute in der historiographischen Rekonstruktion des Problems
weiterleben. Im fünften Kapitel werden dann kurz die preußische Kodifikation
von 1794, das österreichische Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch von 1811 sowie
die französische Kodifikation von 1804 vorgestellt. Ein sechstes Kapitel ist
dem schweizerischen Zivilgesetzbuch von 1907 gewidmet. In einem siebten und
letzten Kapitel dieses ersten Teils gibt es dann einen Überblick über den
Funktionsverlust, welchen die Zivilrechtskodifikationen heute erleiden und über
die Tendenz einer Dekodifizierung des Rechts, welche das heutige Privatrecht
charakterisiert.
Auf knapp
100 Seiten bietet Caroni eine geistvolle, sprachlich vollendete Analyse
der Probleme der Kodifikationsgeschichte, welche nicht nur für
Rechtshistoriker, sondern für alle historisch interessierten Juristen eine
Pflichtlektüre sein sollte. Bei diesen Seiten handelt es sich - wie bereits
erwähnt - um die Ausarbeitung der Vorlesungen von 1993. Es ist deshalb
verständlich, daß der Text nicht mit einem Fußnotenapparat versehen ist.
Hervorzuheben ist jedoch, daß jeder einzelne Abschnitt eine umfassende
Bibliographie enthält. Diese bibliographischen Angaben ergänzen - wie Caroni
hervorhebt - die einschlägigen Kapitel des Coing’schen Handbuchs, die
inzwischen fast 20 Jahre zurückliegen. Bei den genannten bibliographischen
Angaben handelt es sich übrigens tatsächlich um einen „europäischen“ Überblick,
der keinesfalls auf die deutschsprachige Literatur beschränkt ist, sondern etwa
auch die einschlägigen italienischen und spanischen Titel umfaßt. Ans Ende des
Bandes (S. 201-276) verlagert, aber sachlich mit diesem ersten Teil verbunden,
gehört auch ein sog. „Florilegium“. Es handelt sich um eine anthologische
Zusammenstellung von 34 Quellentexten, welche in einer gewissen Weise
exemplarisch den Gang der Darstellung der Kodifikationsgeschichte materiell
illustrieren. Sie stellt eine wertvolle Quellendokumentation in Originalsprache
dar. Darin enthalten sind Auszüge aus Gesetzgebungs- und parlamentarischen
Akten, z. T. Auszüge aus literarischen Werken, etwa - um nur ein Beispiel zu
zitieren - auf S. 203-204, eine Seite von François Hotmans Antitribonian, über
die Kodifikationsidee im französischen 16. Jahrhundert. Dasselbe gilt für
Materialien aus den Diskussionen des 18. Jahrhunderts sowie aus der
Entstehungsgeschichte des französischen, preußischen und österreichischen
Zivilgesetzbuchs. Wegen des Raumes, welchen Caroni der schweizerischen
Kodifikationsgeschichte in seiner Darstellung einräumt, gehören viele der hier
nachgewiesenen Quellentexte zur schweizerischen Rechtsgeschichte. Das Buch wird
dadurch wertvoll ergänzt. Gerade wegen dieser dokumentarischen Komponente
empfiehlt es sich u.U. auch für die Verwendung im Universitätsunterricht, aus sprachlichen
Gründen allerdings nur an schweizerischen und italienischen Rechtsfakultäten.
Ein zweiter
Teil mit dem Titel „Il codice disincantato“ (S. 99-133) reproduziert in einer
italienischen Übersetzung den bereits erschienenen Aufsatz des Verfassers „Das
entzauberte Gesetzbuch“, Schweizerische Zeitschrift für Geschichte 41 (1991),
249-273. Auch diese Seiten sind der sozialgeschichtlichen und sozialpolitischen
Bedeutung der modernen Kodifikationen gewidmet, wobei hier Caroni
insbesondere auf die schweizerische Kodifikationsgeschichte eingeht. Der dritte und letzte Teil unter dem Titel „Quale storia
per il diritto ingabbiato dal codice?“ (S. 165-199) reproduziert den
Beitrag von Caroni bei einem Internationalen Kolloquium, welches im
Jahre 1996 im Tessin stattfand, zu Funktion, Bedeutung und derzeitiger
Aufgabenstellung der Rechtsgeschichte. Der Beitrag ist in der Zwischenzeit auch
in einem Sammelband erschienen, herausgegeben von Caroni selbst und Gerhard
Dilcher unter dem Titel „Norm und Tradition. Welche Geschichtlichkeit für
die Rechtsgeschichte?/Fra norma e tradizione. Quale storicità per la storia giuridica?“, Köln-Weimar-Wien 1998, S.
75-106.
Die
Beiträge, die in dem Band versammelt sind, bieten nicht nur einen Einblick in
die Geschichte der europäischen Zivilrechtskodifikation des 19. Jahrhunderts,
sondern geben Caroni auch Gelegenheit, immer wieder eindringlich auf den
spezifischen Standort und auf die eigentümliche Aufgabenstellung des
Rechtshistorikers in der Begegnung mit dem Thema der Zivilrechtskodifikation
hinzuweisen. Es handelt sich dabei um einen roten Faden, welcher das Buch von
den ersten Seiten der „Introduzione“ bis zum dritten Kapitel durchzieht. Caroni
lehnt mit Entschiedenheit eine Rechtsgeschichte ab, welche das Thema der
Zivilrechtskodifikation auf die rein rechtstechnischen Inhalte beschränkt und
in einem historischen Zusammenhang mit der vorherigen gemeinrechtlichen
Tradition sieht. Er sieht die rechtshistorische Forschung auf dem Gebiet durch
die Hypothek belastet, welche das Verhältnis der Rechtsgeschichte zum geltenden
Recht darstellt. „Quando i cultori del diritto
positivo ragionano sulla storia della loro disciplina ...“ - schreibt Caroni
(S. VIII) - „amano ribadire la necessità di coltivarla e persino suggeriscono
temi degni di essere svolti; ma sperano anche - più o meno esplicitamente - che
tutto ciò avvenga con moderazione“. Der Rechtshistoriker sollte sich
also nach Ansicht der Vertreter der geltenden Rechtsdogmatik darauf
beschränken, die Zivilrechtskodifikation insbesondere als historische
Voraussetzung des heute geltenden Rechts zu beleuchten. Dies lehnt Caroni
ab. Die Rechtshistoriker sollten hier auch und vor allem den sozialhistorischen
und ideologischen Hintergrund der Kodifikationen ans Licht bringen. Man sollte
(S. IX) gerade durch die Rechtsgeschichte sich wieder das aneignen, was
Gesetzgeber und Richter seit 200 Jahren systematisch ignoriert, ausgeschlossen
oder unterdrückt haben. Hier ist eine demystifikatorische und aufklärerische
Sicht des Geschehens gefragt. Der Rechtsgeschichte kommt also eine geradezu
aufklärerische Aufgabe vor allem der Aufdeckung des Spannungsverhältnisses
zwischen „storia della codificazione“ und „storia del diritto codificato“ zu
(S. IX). Die Zivilgesetzbücher am Ende des 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts seien vor allem (S. XI) „una risposta ad
interrogativi concreti“. Es gelte also, die sozialhistorischen,
rechtspolitischen, aber auch ideologischen Hintergründe zu beleuchten, welche
diesen Bruch mit der vorherigen gemeinrechtlichen Tradition darstellen. Mit der
Kodifikation werde das Aufkommen eines mächtigen Staates sichtbar, welcher auch
die Rechtsproduktion nunmehr monopolisiert (S. 41ff.). Damit, d. h. durch die
Veränderung der Rechtsquellenlehre, modifiziert sich auch die Rolle und die
Funktion grundlegend, welche dem Juristen als Rechtsschöpfer traditionell in
der ständischen Gesellschaft des Ancien Régime zugewiesen wurde. Ihre Rolle
wird redimensioniert und entwertet. Es zeichnet sich also eine neue Form der
Behandlung des Zivilrechts ab, welche den Juristen auf die Rolle der Exegese
und der handwerklichen Normanwendung reduziert. Dies sei im wesentlichen der
tiefere Grund, warum die Kultoren des Zivilrechts, hier vor allem die
Romanisten, seit dem 19. Jahrhundert dem Gedanken der Zivilrechtskodifikation
mit Ablehnung, Mißtrauen, auf jeden Fall aber Zurückhaltung, immer wieder
begegnet sind. Darin liegt auch die Grundthese Caronis zur heutigen
Aufgabenstellung der Rechtsgeschichte. Dies wird insbesondere im letzten
Kapitel sichtbar, wo Caroni mit Entschiedenheit eine Beschränkung der
rechtshistorischen Forschung auf eine Aufdeckung und Wiederbelebung der
Kontinuitäten zwischen dem heutigen kodifizierten Zivilrecht und der alten
gemeinrechtlichen Tradition ablehnt. Die Beiträge etlicher zeitgenössischer
Romanisten, etwa von Reinhard Zimmermann oder Helmut Coing,
werden hier mit Vehemenz angegriffen (S. 166ff.). Die Kodifikationen haben
gerade die Rolle des Juristen - und hier vor allem der Romanisten - grundlegend
geändert. Dies sei auch der tiefere Grund für eine bis heute fortdauernde
Skepsis mancher Romanisten dem kodifizierten Recht gegenüber. „Non è agevole“, schreibt Caroni
bezeichnenderweise, „alla distanza di tanti anni e nella quasi totale assenza
di indagini specifiche, ricostruire puntualmente i destini di una disciplina,
che la codificazione ora formalmente esautorava“. Eine
Kontinuität mit der gemeinrechtlichen Tradition gebe es also überhaupt nicht.
Umgekehrt stelle das kodifizierte Zivilrecht die Rolle des Juristen auf eine
völlig neue Grundlage. Die Versuche mancher Romanisten, eine vermeintliche
Kontinuität zu der gemeinrechtlichen und romanistischen Tradition zu schaffen,
laufe auf eine Mißdeutung und Entwertung des heutigen geltenden Rechts hinaus.
Diejenigen Romanisten (S. 189ff.), die ihr Interesse ausschließlich auf die
rechtstechnischen Inhalte der Gesetzbücher konzentrieren, glauben, in einzelnen
Gesetzesbestimmungen und in einzelnen Rechtsfiguren die Bestätigung alter
Kontinuitäten zur gemeinrechtlichen Tradition zu entdecken. Eine solche
Sichtweise führe zu einer konservativen, an der Vergangenheit orientierten
Rekonstruktion des historischen Vorgangs der Zivilrechtskodifikation. Die
Rechtsgeschichte aber, auch der rechtshistorische Unterricht, habe keine konfirmative
Aufgabe, diene nicht der Bestätigung der historischen Legitimität des geltenden
Rechts, sondern gerade umgekehrt der aufklärerischen Aufdeckung der Brüche und
der Diskontinuitäten.
Es ist hier
naturgemäß nicht der Ort, um sich im einzelnen mit den hier aufgeworfenen
Problemen und mit den Thesen Caronis auseinanderzusetzen. Nach Ansicht
des Rezensenten ist es zweifellos richtig, daß auch der sozialhistorische und
rechtspolitische Hintergrund der Kodifikation als wesentlicher Aspekt einer
historischen Durchdringung des Themas im Vordergrund stehen sollte. Manche
historischen Beiträge zu den Zivilgesetzbüchern des 19. Jahrhunderts
beschränken sich in der Tat gelegentlich auf eine reine Chronologie des
Gesetzgebungsverfahrens und auf eine schlichte Inhaltswiedergabe der einzelnen
Entwürfe und Gesetzesbestimmungen. Es gibt aber auch sehr wichtige
monographische Untersuchungen aus den letzten Jahren, in denen gerade die
sozialpolitischen und die rechtspolitischen Hintergründe der historischen
Kodifikationen vorzüglich beleuchtet werden. Ich habe übrigens auch Zweifel,
daß der Gegensatz, welchen Caroni zwischen rechtshistorischer Begegnung
mit dem Phänomen der Zivilrechtskodifikationen einerseits und den Ansprüchen
der Vertreter des geltenden Rechts andererseits konstruiert, in dieser Schärfe
wirklich existiert. Auch die kategorische Ablehnung einer Kontinuität zwischen
den Strukturen des heutigen geltenden Rechts einerseits und der historischen
Tradition des kontinentalen Civil Law andererseits ist, wenigstens in der von Caroni
formulierten Schärfe, wohl überzogen. Man kann zwar nicht leugnen, daß manche
Romanisten eine z.T. naive Sicht dieser Kontinuität pflegen, vor allem
hinsichtlich der Entdeckung von römischen Rechtsfiguren in einzelnen
Gesetzesbestimmungen der europäischen Gesetzbücher. Diese Kontinuität besteht
m.E. vielmehr in der Denkweise, in der wissenschaftlichen Problembeschreibung,
nicht zuletzt in den spezifischen - auch national geprägten - Formen
zivilistischer Argumentationsweise. Die von Caroni gepflegte und
propagierte Sicht der revolutionierenden Funktion der Zivilgesetzbücher stellt
nämlich nur einen Teil des Kodifikationsproblems dar. Das Privatrecht war und
ist auch ein autonomes Kommunikations- und Argumentationssystem, wo
Begrifflichkeit, Denkweise und juristisch spezifische Problembegründung eine
zentrale Rolle spielen. Hier liegen die wesentlichen Kontinuitäten zu der
Tradition des Ancien droit und des europäischen Gemeinen Römischen Rechts. Zwei
Jahrhunderte nach den ersten europäischen naturrechtlichen
Zivilrechtskodifikationen ist für das heutige europäische Zivilrecht mehr als
deutlich geworden, daß das geltende Privatrecht in Kontinentaleuropa sich
keinesfalls auf das geschriebene kodifizierte Normenmaterial beschränkt. Bei
einer realistischen Sicht wird nämlich sichtbar, daß die geltende
Gesetzesbestimmung heute in allen kontinentaleuropäischen Rechtssystemen nur
ein Argument besonderer Dignität bei der Rechtsfindung darstellt, das Flußbett
- mit anderen Worten -, innerhalb dessen die zivilistische Argumentation und
Problementdeckung verläuft. Vorverständnis, begriffliche Kategorien,
Werturteile und die immense Masse der Präzendenten einer fast 200jährigen
Rechtsprechungspraxis kommen hinzu. Die rechtsschöpferische und gestalterische
Funktion des Juristen, vor allem des Zivilisten, hat also auch nach dem
Kodifikationszeitalter nicht aufgehört, sondern lebt, freilich in neuer Form,
weiter fort. Gerade die Rolle der französischen Rechtsprechung und der
französischen Kommentatoren zum Code civil im 19. Jahrhundert oder die
schöpferische Neuauslegung und Neubegründung des österreichischen Zivilrechts
seit Josef Unger, liefern eine eindrucksvolle Bestätigung dieses
Funktionswandels des Zivilrechts in den vergangenen 200 Jahren. Davon ist in den
Ausführungen Caronis und derjenigen Rechtshistoriker, die seine Ansicht
teilen, wenig zu lesen. Es wäre an der Zeit, daß die Rechtshistoriker auch die
Anwendung, die Fortbildung und die inhaltlich tiefgreifende Veränderung der
alten europäischen Gesetzbücher in der Rechtsprechungspraxis der letzten 150
Jahre als historisches Problem und Reflektionsgegenstand in Betracht ziehen.
Rechtsgeschichte würde dann auch Wissenschafts- und Methodengeschichte werden
und einen Weg darstellen, Funktionsweise und Argumentationsstrukturen des
heutigen Zivilrechts zu verstehen. Sämtliche Beiträge des Bandes sind in
italienischer Sprache geschrieben, so daß das Buch bedauerlicherweise im
deutschen Raum wohl nur wenige Leser finden wird. Dies ist umso bedauerlicher,
weil manche der von Caroni vertretenen Thesen wirklich spannend sind.
Daß das Buch auf Italienisch in Italien erscheint, hat andererseits einen
Symbolwert. Gerade bei den italienischen Rechtshistorikern, wird Caroni
uneingeschränkten Beifall finden. Einen Beifall allerdings, der nach Ansicht
des Rezensenten mehr als ambivalent ist. Gerade in Italien hat die neuere und
neueste Generation von Rechtshistorikern sowohl für die Geschichte des
italienischen Rechts als auch für das Römische Recht die rechtshistorischen Disziplinen
ideell aus den juristischen Fakultäten in die philosophisch-historischen
Fakultäten umziehen lassen. Die Verbindungen zwischen den heutigen Problemen
des Zivilrechts einerseits und dem rechtshistorischen und romanistischen
Unterricht andererseits sind an den italienischen Rechtsfakultäten vollkommen
abgebrochen. Eine solche Entwicklung wird im Endergebnis dazu führen - und die
ersten Anzeichen werden bereits sichtbar -, daß in kommenden Reformen eine
drastische, möglicherweise sogar totale Einschränkung der Rechtsgeschichte im
italienischen Rechtsunterricht - wie übrigens bereits in etlichen anderen
europäischen Ländern - vollzogen wird.
Saarbrücken
Filippo Ranieri