Neustadt und die Pfalzgrafschaft im Mittelalter, hg. v. Spieß, Pirmin/Peltzer, Jörg/Schneidmüller, Bernd (= Stiftung zur Förderung der pfälzischen Geschichtsforschung, B Abhandlungen zur Geschichte der Pfalz Band 22). Selbstverlag der Stiftung zur Förderung der pfälzischen Geschichtsforschung, Neustadt an der Weinstraße 2021. X, 243 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.

 

Neustadt (früher an der heute nicht mehr leicht verständlichen Haardt und jetzt an der einladenderen Weinstraße) liegt zwischen dem östlichen Rand des Pfälzerwalds und dem westlichen Rand der oberrheinischen Tiefebene und zählt zu den zehn größten Städten des nach dem Zweiten Weltkrieg an dem 30. 8. 1946 von den alliierten Besatzungsmächten vor allem aus dem linksrheinischen achten Regierungsbezirk Bayerns gebildeten Landes Rheinland-Pfalz. Ältere Siedlungsspuren lassen vorchristliche Kelten vermuten, denen vielleicht um 20 n. Chr. Römer, um 400 Alemannen und um 500 Franken folgen, wobei als älteste Siedlung des Stadtgebiets 774 Winzingen urkundlich genannt wird. Die zu Beginn des 13. Jahrhunderts von dem Pfalzgrafen Ludwig I. und seinem Sohn Otto II. unterhalb der Burg Winzingen errichtete „neue stat“ erhält an dem 6. April 1275 durch König Rudolf von Habsburg alle Rechte und Freiheiten der Stadt Speyer, zählt 1744 2496 überwiegend reformierte Bewohner, gelangt 1816 von der Pfalz über Österreich zu Bayern, wird 1920 kreisunmittelbar, gemeindet 1892 Winzingen und in Rheinland-Pfalz 1969 Geinsheim, Gimmeldingen, Haardt an der Weinstraße, Hambach an der Weißstraße, Königsbach an der Weinstraße, Lachen-Speyerdorf, Mußbach an der Weinstraße und Diedesfeld sowie 1974 Duttweiler ein, so dass es in der Gegenwart auf etwas mehr als 53000 Einwohner gewachsen ist.

 

Pirmin Spieß hat sich mit Neustadt bereits mit 28 Jahren in seiner in den Mitteilungen des historischen Vereins der Pfalz 1968 veröffentlichten Studie über die Stadtordnung Philipps des Aufrichtigen aus dem Jahre 1493 und danach in seiner 1970 vorgelegten Heidelberger Dissertation über die Verfassungsentwicklung der Stadt von den Anfängen bis zu der französischen Revolution befasst. Seitdem wirkt er mit großem Erfolg für die Geschichte und für die von dem Neustadter Rechtsanwalt Karl Richard Weintz errichtete Stiftung zur Förderung der pfälzischen Geschichtsforschung, in deren Rahmen bereits der zweiundzwanzigste Band der Abhandlungen zur Geschichte der Pfalz vorgelegt werden kann. Der gemeinsam mit Jörg Peltzer (Jg. 1975) und Bernd Schneidmüller (Jg. 1954) herausgegebene, mit dem ersten bekannten Siegelabdruck der Bürger Neustadts an einer Urkunde von 1256 in der Universitätsbibliothek Heidelberg geschmückte Sammelband der von Pirmin Spieß initiierten, in Neustadt an dem 14. und 15. November 2019 abgehaltenen Tagung umfasst nach dem Vorwort der Herausgeber insgesamt neun Studien und eine Zusammenfassung der alten und neuen Fragen zur Neuen Stadt an der Haardt.

 

Dabei bietet Bern Schneidmüller Linien und Fragen zur Einführung, fragt Kurt Andermann warum Neustadt Neustadt und nicht Winzingen heißt und stellt sich Pirmin Spieß in einer „photographischen Aufnahme“ vor 1275 das Thema Neustadt – Reichsstadt?!. Kurt Andermann greift auf Herrschaft und Territorium im Neustadter Raum, Anuschka Holste-Massoth auf Pfalzgraf Ludwig II., Volker Rödel auf das Haus Bayern-Pfalz, Thorsten Huthwelker auf das Neustadter Liebfrauenstift als pfalzgräfliche Grablege und Residenz sowie Sabine Klapp auf die Pfalzgräfinnen aus, während sich Martin Armgart Neustadt im 15. Jahrhundert widmet. Den gehaltvollen, vielfältige neue Erkenntnisse zu Neustadt und der Pfalzgrafschaft im Mittelalter eröffnenden, zu dem 775. Jubiläum der urkundlichen Ersterwähnung Neustadts von 1246 vorgelegten schmucken Band, der die wichtigsten Arbeiten der drei Herausgeber auf dem Umschlag bietet, schließen ein Verzeichnis der Autorinnen und Autoren und ein von Felix Bok erstelltes Namenregister von Aachen bis Zwickau benutzerfreundlich ab.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler