Schwarz, Karl W., Der österreichische Protestantismus – im Spiegel seiner Rechtsgeschichte (= Ius ecclesiasticum 117). Mohr Siebeck, Tübingen 2017. XIV, 333 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.

 

Als Martin Luther 1517 seine kirchenpolitischen Überlegungen veröffentlichte, hatten die Empfänger dieser Botschaft die Wahl zwischen der Annahme und der Ablehnung und konnten sich je nach ihrer individuellen Interessenlage entscheiden. An sich begünstigte der Kampf gegen den Ablasshandel die Armen und schadete den Reichen und Arme und Reiche gab es in der christlichen Welt überall, so dass die Entscheidung eigentlich überall in ähnlicher Weise hätte ausfallen können. Da die Entscheidung aber letztlich nicht von dem gemeinen Mann getroffen wurde, sondern von den Landesherren mit ihren militärischen Einsätzen, kam es in dem Heiligen römischen Reich nicht zu einem gleichen Ergebnis, sondern zu partikular unterschiedlichen Ausrichtungen, indem sich der Norden überwiegend für die Reformation und der Süden überwiegend für deren Ablehnung entschied, wobei in den habsburgischen Ländern der gemeine Mann zwar vielfach der Reformation anhing, der Landesherr aber weiterhin Anhänger des Papstes blieb, so dass die Protestanten in Österreich nie über eine kleine Minderheit hinauskamen.

 

Der vorliegende Sammelband widmet sich damit zusammenhängenden Fragen in der Form einer Auswahl von Arbeiten eines einzelnen in Villach 1952 geborenen, in Wien, Genf und Zürich in evangelischer Theologie, Rechtsgeschichte, Kirchenrecht, osteuropäischer Geschichte  und Zeitgeschichte ausgebildeten, 1983 in der Theologie promovierten und 1986 habilitierten Gelehrten, der seit 2000 ehrenamtlich das Institut für Kirchengeschichte des Donauraums und Karpatenraums in Preßburg leitete und seit 1998 Referatsleiter als Ministerialrat Leiter des Kultusamts Österreichs war. Die von Bischof Michael Bünker eingeleitete Auswahl umfasst insgesamt 17 Studien. Sie spannen einen weiten Bogen von dem 16. Jahrhundert bis zu der Gegenwart.

 

Der Verfasser beginnt dabei mit der rechtsgeschichtlichen Einordnung des österreichischen Geheimprotestantismus. Danach betrachtet er das ius resistendi, das exercitium religionis privatum, den Nutzen der Toleranz, das ius circa sacra und das ius in sacra, die Predigerkonferenz in Gmunden 1849, die Vorsynode 1849, den evangelischen Laienbischof Joseph Andreas Zimmermann, das Ringen um die Religionsfreiheit zwischen 1848 und 1938, den ersten evangelischen Bischof in Österreich, die evangelische Kirche A. u. H. B. in Österreich, die österreichische Kultuspolitik, die theologische Erklärung von Barmen, das österreichische Eherecht aus protestantischer Perspektive, die Freikirchen in Österreich zwischen 1781 und 2013 sowie an dem Ende Albert Stein (1925-1999). Ein Nachweis der Erstveröffentlichung, eine Auswahlbibliographie des Verfassers für die Jahre von 2012 bis2017 sowie ein Personenregister und ein Sachregister runden die aufschlussreiche Auswahl benutzerfreundlich ab.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler