Krafft, Otfried, Landgraf Ludwig I. von Hessen (1402-1458). Politik und historiographische Rezeption (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen 88). Historische Kommission für Hessen, Marburg 2018. XIII, 880 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.

 

Landgraf Ludwig I. wurde in Spangenberg 1402 als Sohn des Landgrafen Hermann II. und einer Tochter des Burggrafen von Nürnberg geboren und folgte seinem Vater 1413 mit elf Jahren nach. In der Folge gelang ihm der Gewinn umfangreicher umstrittener Güter mit teilweise kriegerischen Mitteln. Infolge des Erwerbs der Lehnshoheit über die Grafschaft Ziegenhain (1437) konnte er nach dem Aussterben der Grafen 1450 die bis dahin getrennten Teile seiner Landgrafschaft vor seinem Tode in dem Jahre 1458 zu einer größeren Einheit verbinden.

 

Das vorliegende gewichtige Werk über Politik und historiographische Rezeption des Landgrafen ist die 2015 als Habilitationsschrift bei dem Fachbereich Geschichte und Kulturwissenschaften der Universität Marburg eingereichte Habilitationsschrift des nach dem Studium von historischen Hilfswissenschaften, mittlerer und neuerer Geschichte und Rechtsgeschichte 2003 in Marburg mit einer von Jürgen Petersohn betreuten Dissertation über Papsturkunde und Heiligsprechung in dem Rahmen der päpstlichen Kanonisationen von dem Mittelalter bis zu der Reformation promovierten sowie durch weitere Arbeiten über auswärtigen Besitz des Landes Lippe, die Entwicklung und Typologie des Monogramms in Urkunden der Päpste und anderer Aussteller seit 1049 sowie die Wallensteiner Chronik Johannes Nuhns von Hersfeld hervorgetretenen, als akademischer Rat und Lehrstuhlvertreter tätigen Verfassers. Sie gliedert sich nach einer kurzen Einleitung und einer Quellenübersicht in zwölf Sachkapitel. Diese betreffen den Norden und die Welfen, den Osten und die Wettiner, Mainz und Hessen, den Südosten und Würzburg, Zollern und Henneberg, den Westen, Kurköln und die Herzogtümer an dem Niederrhein, die Könige und das Reich, innere Konflikte, Ziegenhain/Nidda, Perspektiven in dem Süden und Norden, das Papsttum, Frömmigkeit und Klosterschutz sowie schließlich historiographische Konstrukte und geschichtliche Wirklichkeit.

 

Durch die Verwertung früher als randständig angesehener Quellen gelingt dem Verfasser die Gewinnung einer neuen umfassenderen Sicht. Nach ihr war das Ergebnis des politischen Wirkens bei dem unerwarteten Tode des Landgrafen zwiespältig, weil er zwar Ziegenhain und Nidda behaupten konnte, aber doch auch die Risiken gewachsen waren. Durch die Chronisten Nuhn und Gerstenberg wurde die Bewertung so sehr zu Gunsten des Landgrafen eingeengt, dass eine abweichende Beurteilung durch die Gegenwart angezeigt erscheint.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler